«Glück ist kein Geschenk der Götter, sondern die Frucht innerer Einstellung.» (Erich Fromm)
Was ist eigentlich ein schönes Leben? Was muss im Leben verwirklicht sein, damit man sagen kann: Mein Leben ist schön? Spontan denkt man wohl an Glück, Gesundheit, gute Umstände – zentral ist wohl das Glück. Nur: was bedeutet Glück überhaupt? Wirklich dieses ständig frohlockende Hochgefühl, das einen mit strahlend gefletschten Zähnen durch die Welt laufen lässt? Aristoteles hat sich in der Nikomachischen Ethik intensiv mit dem Glück auseinandergesetzt und kam auf folgende Bestimmungen, die Glück ausmachen:
- Glück ist wählbar, indem ich bestimmen kann, welche Form des Lebens und damit der Glückerfüllung ich für mich wünsche.
- Glück ist kein Zustand, sondern ein Tun – indem ich so handle, wie es für meinen Lebensentwurf stimmt, stellt sich Glück ein. Wer also einfach im Bett liegen bleibt und darauf wartet, dass das Glück sich einstellt, dem geht es unter Umständen wie Godot.
- Glück hat man nicht allein, erst durch das Verflochtensein mit anderen, mit Menschen und Welt, erfährt man Glück. Freundschaft ist dabei wohl eines der schönsten Beziehungsnetze, in das man gemeinsam Fäden webt. Nicht zu vergessen ist dabei aber auch die Selbstfreundschaft, denn es webt sich besser gemeinsam aus einem harmonischen Seelengrund.
- Glück speist sich aus seelischen, körperlichen und äusserlichen Gütern. Zu grosse Mängel in einem der dreien beeinträchtigt das Glück doch nachhaltig.
- Glück ist etwas, das man lernen kann – manchmal muss man es auch wollen und daran arbeiten, Glück empfinden zu können.
- Glück ist ein erfülltes Leben, wobei erfüllt nicht nur Positives umfasst, sondern auch das Negative als zum Leben gehörend akzeptiert. Solange man das Negative ausschalten will, wird man zu sehr mit Hadern beschäftigt sein, als dass für Glück noch Zeit und Raum übrigbleiben.
- Auch sei Glück etwas Göttliches, was wohl bedeutet, dass wir nie alles in der Hand haben, uns aber in Vertrauen an das Leben hingeben sollen, daran glaubend, dass Glück möglich ist. Und so wird es wohl auch ein schönes Leben.
Dass man etwas für das eigene Glück tun muss, findet sich auch bei Demokrit:
«Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.»
Die Aussage, dass man einfach kein Glück im Leben habe, wenn die Dinge schieflaufen, greift so gesehen zu kurz. Statt über das ausbleibende Glück zu klagen, muss man hinschauen, was man dafür tut, glücklich zu sein. Das bedingt, dass man sich so gut kennt, dass man weiss, was man für sich selbst als Glück erachtet, wie man das eigene Leben gerne hätte, um es ein glückliches, ein schönes nennen zu können. Glück ist kein allgemeines Gut, das für alle gleich aussieht, es ist die individuelle Verwirklichung des eigenen Lebens nach eigenen Vorstellungen. Hier greift das, was man als Selbstwirksamkeit bezeichnet. Es ist der Wille zum Gestalten des eigenen Lebens.
«Glücklich ist nicht, wer anderen so vorkommt, sondern wer sich selbst dafür hält.»
Seneca weist hier auf einen weiteren Punkt hin: Es bringt wenig, Glück vortäuschen zu wollen. Alle äusseren Merkmale, die nach Glück aussehen, bringen wenig, wenn man sie tief drin nicht als massgeblich für das eigene Glück erachtet. So kann das eigene Leben nach aussen noch so perfekt erscheinen, erst das tiefe Gefühl in einem selbst macht dieses Leben zu einem glücklichen.
Und vielleicht braucht es neben all dem Tun und Wollen auch ein Quäntchen Glück, um glücklich zu sein. Das ist wohl das, was Aristoteles mit dem göttlichen Element bezeichnet, mit dem nicht steuerbaren, sich darbietenden (wobei man es auch annehmen muss). Wenn das eigene Leben gelingt, wenn es ein schönes Leben ist, löst das Dankbarkeit aus. Und gerade diese Dankbarkeit für das, was ist, löst wiederum Glück aus.
«Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.» (Francis Bacon)
Der letzte Satz, der von dem Francis Bacon, hat es in sich.
Wer dankbar ist.., macht sich nichts aus der Glück-
Suche, er kommt erst gar nicht auf eine solche Idee.
Nicht die Glücklichen sind dankbar, es
sind die Dankbaren, die glücklich sind.
― Francis Bacon
Der Glück-Sucher ist noch nicht zufrieden,
irgend etwas fehlt ihm. Da ist Bedürftigkeit.
Dankbarkeit… ist ein Ausdruck der Liebe.
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Glück ist absolut überbewertet! Die Menschheit hat in ihrem Streben danach die Heizung der Welt hochgedreht und ist in einen solchen Tran geraten, dass sie sich noch nicht mal die katastrophalen Folgen ihrer blödsinnigen Glückseligkeit eingesteht.
Man sollte den Dummköpfen, die nach Glück streben, einfach Heroin verabreichen, das könnte uns wahre Menschen vielleicht noch vor der Verderbnis bewahren!
Danke für den Gedanken
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Ich stimme dir im Grundsatz zu, ich hätte es vielleicht anders formuliert 😉 – aber ja, das Glücksstreben hat nicht die besten Auswüchse der Menschheit hervorgebracht, im Gegenteil…
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Erich Fromm: «Glück ist kein Geschenk der Götter, sondern die Frucht innerer Einstellung.»
Voltaire formuliert seinen Glücks-Begriff ähnlich.
Auch bei ihm ist GLÜCK keine Sache der SUCHE,
sondern Einstellungssache:
„Da es sehr förderlich für die Gesundheit
ist, habe ich beschlossen, glücklich zu sein!“
– Voltaire
🌸
Sandra: „Was muss im Leben verwirklicht sein, damit man sagen kann: Mein Leben ist schön?“
Wer sagt denn, daß das Leben
(nur) „schön“ sein muß oder sollte?
Das Adjektiv deutet an, daß es eine zweite Seite
gibt – andernfalls gäbe es den Begriff gar nicht.
Nur weil es Häßlichkeit gibt,
nehmen wir Schönheit wahr.
🌸
Sandra: „dieses ständig frohlockende Hochgefühl, das einen mit strahlend gefletschten Zähnen durch die Welt laufen lässt“
Kennst du so jemanden, der ständig…? 😲
🌸
Sandra: „Aristoteles hat sich in der Nikomachischen Ethik intensiv mit dem Glück auseinandergesetzt“
Das muß nichts bedeuten, außer, daß
er gerade nichts anderes zu tun hatte.
🌸
Punkt 1: „Glück ist wählbar, indem ich bestimmen kann, welche Form des Lebens und damit der Glückerfüllung ich für mich wünsche.“
Die „Erfüllung“ eines Wunsches können wir nicht „bestimmen“.
Das Wünschen haben wir in der Hand und auch die Begünstigung (!)
für das Eintreffen. Erfüllt es sich tatsächlich, haben wir GLÜCK gehabt.
Denn die Existenz spielt das Spiel „Mensch, ärgere dich nicht !“
mit. Soll eine Situation nicht eintreten, tritt sie auch nicht ein.
Wäre es anders, jeder würde nur
das erleben, was er erleben WILL.
Im Spiel des Lebens gibt es aber noch den Würfel,
das Unwägbare, das nicht Planbare, das Glück,
oder das Schicksal, das auch Kismet genannt wird.
🌸
Punkt 2: „indem ich so handle, wie es für meinen Lebensentwurf stimmt, stellt sich Glück ein“
Wenn du Glück hast,😊 sonst nicht.
Denn hier auf dem Planeten Erde wir erleben beides: Solches, was wir als „Glück“ bewerten und solches, was wir als „Unglück“ bewerten.
Glück… ist nichts weiter als eine
Positivbewertung einer Situation.
Unglück… ist nichts weiter als eine
Negativbewertung einer Situation.
🌸
Zitat: „dem geht es unter Umständen wie Godot“
Für unseren Körper, den Verstand, die Gefühle
und das Gedächtnis gilt: Ob wir spazieren gehen
oder rennen.., das Ziel ist immer das selbe, der Tod.
Einen heiteren
Sommertag! ☀️
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Sandra: „Was muss im Leben verwirklicht sein, damit man sagen kann: Mein Leben ist schön?“
Wer sagt denn, daß das Leben
(nur) „schön“ sein muß oder sollte?
–> das hat ausser dir hier niemand gesagt, das „nur“ macht es erst ausschliesslich. Schön könnte es auch sein mit anderen Seiten – als Ganzes.
Sandra: „Aristoteles hat sich in der Nikomachischen Ethik intensiv mit dem Glück auseinandergesetzt“
Das muß nichts bedeuten, außer, daß
er gerade nichts anderes zu tun hatte.
–> Woher weisst du das? Vielleicht wollte er es genau so und tat es drum, obwohl er anderes zu tun hatte…
Punkt 1: „Glück ist wählbar, indem ich bestimmen kann, welche Form des Lebens und damit der Glückerfüllung ich für mich wünsche.“
Die „Erfüllung“ eines Wunsches können wir nicht „bestimmen“.
–> Drum schrieb ich: Der Wunsch ist wählbar…
Das Wünschen haben wir in der Hand und auch die Begünstigung (!)
für das Eintreffen. Erfüllt es sich tatsächlich, haben wir GLÜCK gehabt.
–> ob es Glück ist, wenn es eintrifft? Und ob wir die Begünstigung wirklich in der Hand haben? Da scheinst du mehr zu wissen als ich.
Denn die Existenz spielt das Spiel „Mensch, ärgere dich nicht !“
mit. Soll eine Situation nicht eintreten, tritt sie auch nicht ein.
–> das würde einer höheren Macht bedürfen, die bestimmt, was eintreten soll oder nicht. Daran glaube ich nicht. Wissen tue ich es aber natürlich nicht, du weisst da vielleicht mehr oder hast andere Quellen…
Zitat: „dem geht es unter Umständen wie Godot“
Für unseren Körper, den Verstand, die Gefühle
und das Gedächtnis gilt: Ob wir spazieren gehen
oder rennen.., das Ziel ist immer das selbe, der Tod.
–> Das sehe ich nicht so, das ist nur das Ende.
Einen heiteren
Sommertag! ☀️
–> Ebenfalls!
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Wenn wir von „Glück“ sprechen, müssen wir
sagen, welche Sorte von Glück wir meinen.
◾ Ist die Zufriedenheit gemeint? Oder
◾ ist das relativ kurze Glücksgefühl gemeint?
Die ZUFRIEDENHEIT ist weitgehend ungestört durch die Amplituden namens Glück & Unglück. Sie interessiert sich weder für das eine, noch für das andere sonderlich – ohne dabei asketisch zu wirken.
🌿
Punkt 4: „Glück speist sich aus seelischen, körperlichen und äusserlichen Gütern. Zu grosse Mängel in einem der dreien beeinträchtigt das Glück doch nachhaltig.“
Diese Sorte „Glück“ scheint äußerst anfällig für das Nicht-Glück zu sein. 😲
„Äußerliche Güter“ verstehe ich sofort: Haus, Garten, Auto, Konto…
Aber was sollen „körperliche Güter“ sein? Ist Gesundheit gemeint?
Von „seelischen Gütern“ zu sprechen, ist schon ein bißchen wunderlich.
Nachvollziehbar wären „psychologische Befindlichkeiten“
― aber auch die… ändern sich unentwegt.
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Punkt 6: „Glück ist ein erfülltes Leben“
Was bitte ist ein „erfülltes Leben“?
🌿
Zitat: „wobei erfüllt nicht nur Positives umfasst, sondern auch das Negative“
Wenn Glück alles bedeutet, dann bedeutet es nichts.
Wozu braucht es dann noch dieses Wort?
Ich selber habe mit dem Wort „Glück“
noch niemals etwas anfangen können.
Ich kenne es nur als rein theoretischen Begriff.
🌿
Zitat: „…als dass für Glück noch Zeit und Raum übrigbleiben“
Wozu braucht es denn jemand, dieses vermeintliche Glück?
Mir liegt da eher die ZUFRIEDENHEIT.
Zwischendurch schaut die FREUDE mal kurz
vorbei und gelegentlich auch noch der Frust.
Beide gehen wieder, wie sie gekommen sind
― ohne irgendwelche Unruhe zu hinterlassen.
Die HEITERKEIT ist mir seehr vertraut
― die GlückSuche dagegen völlig fremd.
🌿
Punkt 7: „…in Vertrauen an das Leben“
Vertrauen ist ein Kind der Liebe und… mit der
Zuversicht verwandt. Da bin ich wieder dabei!
🌿
Demokrit: «Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.»
Ja, da gibt es das Belohnungs-HORMON Serotonin.
Falls Demokrit dabei ans Fallschirm- oder Bungee-
springen gedacht haben sollte, auch noch Adrenalin.
Das Glücks-Gefühl ist – wie alle Gefühle – nicht von Dauer.
Die Zufriedenheit dagegen… hat einen seehr langen Atem.
🌿
Müßte ich es kurz auf den Punkt bringen, würde ich sagen:
Glück ist eine beliebte Illusion,
das Unglück… eine ungeliebte.
Eine wohltemperierte Umgebung
wünscht Nirmalo
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Sandra: „Aristoteles hat sich in der Nikomachischen Ethik intensiv mit dem Glück auseinandergesetzt“
Nirmalo: Das muß nichts bedeuten, außer, daß er gerade nichts anderes zu tun hatte.
Sandra: Woher weisst du das? Vielleicht wollte er es genau so und tat es drum, obwohl er anderes zu tun hatte…
Nirmalo: Ist doch bloß ein Scherz. 😊
Ob sich „Aristoteles intensiv mit dem Glück auseinandergesetzt“ hat, interessiert (mich) doch nicht. Er hatte seine Zeit. Mich interessiert DEINE Beschäftigung mit der Thematik, meine Einsicht dazu und die der anderen Kommentatoren hier.
Du wirfst viele interessante Themen auf.
Es lohnt sich, in jedes einen genaueren
Blick zu werfen. Und das macht Freude.
🌼
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Nirmalo: Denn die Existenz spielt das Spiel „Mensch, ärgere dich nicht !“ mit. Soll eine Situation nicht eintreten, tritt sie auch nicht ein.
Sandra: das würde einer höheren Macht bedürfen, die bestimmt, was eintreten soll oder nicht. Daran glaube ich nicht. Wissen tue ich es aber natürlich nicht, du weisst da vielleicht mehr oder hast andere Quellen…
Nirmalo: Wenn du nur ein Mal erlebt hast, daß deine Planungen nicht 1 zu 1 aufgingen, weißt du, was ich meine.
Eine kleine Gruppe von Leuten war an einem Mehr-Generationen-Haus
interessiert, bestand aber darauf, daß sich alle Bewohner gut verstehen.
„Die neue Wohnung (oder das Haus) können wir frei
wählen, die Nachbarschaft bekommen wir geschenkt.“
Mit diesem Einwand war ich in der Gruppe gesperrt.
Wenn mein Vater mich als Kind schlug, dann wohl,
weil sein Ältester nicht so war, wie er wollte, daß er ist.
Es ist extrem frustrierend, wenn die Dinge nicht wie gewollt laufen. Außer… man ist in der Lage die Ebene zu wechseln und die Situation ohne Groll und Hadern in entspannter Akzeptanz annehmen zu können.
🌿
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