Wir gehen durchs Leben und treffen Entscheidungen. Nicht alle führen uns an den Punkt, an den wir wollen. Das nennen wir dann Fehler. Wir denken, die Entscheidung, die wir fällten, wäre ein Fehler gewesen, da sie uns nicht dahin führte, wo wir hin wollten.
Stimmt das? Ich denke nicht, denn: Wir gehen bei dieser Bewertung davon aus, dass der Weg, den wir nicht wählten, genau dahin geführt hätte, wo wir hin wollten. Wir sind also, so denken wir, nur da angelangt, wo wir nicht hin wollten, weil wir wählten, was wir wählten, und eben nicht die Alternative. Nur dachten wir ja, dass genau der Weg an unser Wunschziel führe, drum wählten wir ihn. Können wir also sicher sein, dass der nicht gewählte Weg dahin geführt hätte?
Und: Wenn schon die Wege so unsicher sind, was ist mit den Zielen? Sind die Ziele wirklich das, was wir wirklich wollen oder malen wir es uns nur aus? Da gewesen sind wir ja nicht, sonst müssten wir es nicht anstreben. Wir denken, da gäbe es etwas, das besser wäre als das, was wir haben, und wir wollen es haben. Drum suchen wir den Weg.
Nur: Gab es nicht auch schon Dinge, die wir unbedingt haben wollten und dann merkten, dass sie eigentlich gar nicht so toll sind? Der Traummann hatte Fehler, der Hund war im kalten Regenwetter nicht wirklich toll und auch der teure Wein gab Kopfweh (zumindest wenn das letzte Glas das eine zu viel war).
Was also tun? Keine Ziele mehr haben? Sich nicht mehr entscheiden? Die „Ist-eh-alles-egal-und-ich-habe-keinen-Bock-auf-nix“-Stimmung einnehmen? Nichts von alledem! Das Leben bringt uns immer wieder an neue Kreuzungen und wir müssen uns entscheiden. Wir tun das nach dem Wissen, das wir halt eben haben. Nur weil wir nicht da landeten, wo wir hin wollten, heisst es nicht, dass die Entscheidung per se ein Fehler war, es heisst auch nicht, dass der Weg, für den wir uns entschieden haben, falsch war. Zwar führte er nicht dahin, wo wir hin wollten, aber wer weiss heute schon, wozu das gut ist?
Irgendwann werden wir an einem Punkt stehen und denken: Es ist alles prima, wie es ist. Und wir werden uns sagen: Ja, alles, was ich tat, auch das, was ich eigentlich anders geplant hatte, hat mich genau hier hin geführt. Ich will nicht verschweigen, dass es dazwischen auch ganz viele Momente gibt, in denen wir jammern, heulen, mit den Füssen stampfen und den Fäusten auf den Tisch hauen und finden, dass alles absolut doof und das Leben ebenso sei. Aber: Die andern Momente kommen. Ganz bestimmt. Und dann werden wir wissen: Alles ist gut. Alles musste genau so sein. Weil wir es uns so erklären. Denn:
Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts.
Das sagte schon Herr Kierkegaard. Was er damit meint, ist nicht, dass wir dann alles verstehen – so wirklich -, sondern dass wir es uns zurecht legen. Das macht uns das Leben erklärbar. Und damit ertragbar. Und irgendwie hat es auch was. Denn: Schlussendlich ist wohl alles immer gut – irgendwie. Man muss dabei nur das Gute sehen und den Rest einfach mitnehmen, weil er schlicht mit dazu gehört.
Drum: Entscheidungen sind nicht Fehler. Sie sind Lebensnotwendigkeiten, da sonst das Leben still stünde. Man kommt nicht immer dahin, wo man hin will, aber man kommt immer weiter. Und dann gilt es, das Beste aus allem zu machen.
Du sprichst immer von falschen und richtigen Entscheidungen. als wenn es das wäre.
Was aber ist, wenn Du Dich verweigert hast, an einem bestimmten Moment zu entscheiden?
Einst bot mir der Chef an, ein bestimmtes Aufgabengebiet zu übernehmen. Ich war bis dato sozusagen „ein Helfershelfer“. Ich sagte garnichts, weder ja noch nein, da ich der naiven Meinung/Angst war, ich müsste das Gebiet sofort, ohne Schulung, übernehmen. Das hätte mich natürlich klar überfordert. Aber so macht man es ja gewöhnlich nicht. Man bekommt Zeit, das Arbeitsgebiet kennenzulernen. Aber meine Angst lies mich da nicht klar denken – auch wusste ich zu wenig und hatte Angst vor einer erneuten dicken Depression, wenn ich einfach zusage.
Was brachte mir meine Nicht-Entscheidung ein? Nur grössere Minderwertigkeitskomplexe als zuvor! Soviel, daß ich dick bepackt davon war.
Gut 15 Jahre später ist das alles kein Thema mehr. Die ganze Arbeitswelt hat sich gewandelt und ich habe eigenständige Aufgaben. Die sind mir quasi zugewachsen, als ich einmal das Ja wagen konnte.
Was war aber der Sinn, im Ganzen IMMER in meinem Leben nur einzustecken bis zu einem gewissen Punkt?
Jetzt sage ja nichts Gescheites! 🙂
P.s.: Du könntest auch mal konkreter werden 🙂 Ich tue mich schwer mit dem Allgemeinen.
aber das überlasse ich natürlich Dir. Du wirst schon Gründe haben.
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Nun scheinst du ja doch an einen Punkt gekommen zu sein, an dem du da bist, wo du so arbeiten kannst, wie es dir gefällt? Also vielleicht doch alles „richtig“? Es gibt vielleicht für alles seine Zeit und ab und an ist die Zeit noch nicht reif – auch wenn man im Nachhinein denken könnte: „Wieso habe ich damals bloss nicht?“
Ich habe kein konkretes Thema, auf das dieser Beitrag passt. Ich stolptere über ein Bild mit einer Weggabelung, betitelt war es irgendwie mit richtigem und falschem Weg (oder so ähnlich, ich weiss es nicht mal mehr genau) – und da kamen mir diese Gedanken.
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Ah so ist das bei Dir, Interessant.
Du hast natürlich AUCH recht.
Wäre ich erfolgreicher im Leben gewesen, hätte man mich überschüttet mit Aufgaben. Ich hätte kaum ablehnen können. Dann wäre ich ein funktionierendes Etwas im Sekundentakt geworden, eine Chimäre, das keine echte Freizeit mehr gehabt hätte.
Meine Frau hätte dann für mich als Ersatz samstags Essen in Edelrestaurants mit Edelfreunden gebucht ect ect.
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Wenn man sich nicht entscheidet, ist es ja auch eine Entscheidung. Nämlich eine gegen die Alternative.
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Wir Hessen sagen immer: Für ebbes is‘ es immer gut.
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