Alex Capus: Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer

Lebenswege weit ab der Lebensplanung

Laura d’Oriano, widerspenstige Tochter herumziehender Musikanten, träumt davon, eine grosse Sängerin zu werden. Felix Bloch möchte sich mit Physik der Kriegsmaschinerie entziehen und Emile Gilliéron träumt von einem Künstlerleben in einem Häuschen am Genfersee. Alle sehen sie ihr Leben vor sich, haben Wünsche und Träume, die bald von der Realität eingeholt werden. Es gibt einen Zeitpunkt im Leben der drei, an welchem sie sich getroffen haben könnten, ob dem so war, bleibt Spekulation.

Gut möglich, dass dem Mädchen bei der Einfahrt in die Stadt jener junge Mann auffiel, der im November 1924 oft zwischen den Gleisen auf der Laderampe eines grau verwitterten Güterschuppens sass, um die ein- und ausfahrenden Züge zu beobachten und sich Gedanken über sein weiteres Leben zu machen.

Nichts verbindet die drei Biographien als der Umstand, dass Lebenswege nicht immer den geträumten Gang nehmen. Laura will sich nicht in eine Marionettenrolle einspannen lassen, Felix neue Erkenntnisse finden und Emile Kunst schaffen. Die Leben unserer drei Protagonisten führen alle zu einem Ziel, das sie nicht angestrebt haben, und doch ist es ein selbstgewählter Weg, einer, den sie mit ganzem Herzen gehen.

Alex Capus versteht es in seinem neuen Buch, drei voneinander unabhängige Leben zu einer Einheit werden zu lassen. Mit Hintergrundwissen in die jeweiligen Lebenswege und –inhalte, veranschaulichenden Metaphern und plastisch gezeichneten Figuren gelingt es ihm, den Leser in drei Leben eintauchen und eine Botschaft erkennen zu lassen, die nicht plakativ hingeschrieben, sondern eindrücklich erzählt werden.

Der Fälscher, die Spionin und der Bombenleger bleibt zwar an Tiefe sowohl in Bezug auf die Figuren wie auch auf die Geschichte hinter seinem Werk Léon und Louise zurück, besticht aber trotzdem durch seine Sprach- und Linienführung und die stimmige Komposition von Zeit und Raum.

…je tiefer er in den Wald ging und je länger er allein war, desto stärker empfand er im Gegenteil, dass alles Gleichzeitige ebenso gegenwärtig war wie das Vergangene und das Zukünftige.

Fazit:
Ein sprachlich gelungenes, in seiner Geschichtsführung stimmiges und inhaltlich packendes Buch. Sehr empfehlenswert.

Zum Autor
Alex Capus
Alex Capus wird am 23. Juli 1961 in der Normandie als Sohn eines Franzosen und einer Schweizerin geboren. Die ersten fünf Lebensjahre lebt er mit seiner Familie in der Wohnung des Grossvaters in Paris, zieht nach der Trennung seiner Eltern mit seiner Mutter nach Olten in die Schweiz.  Neben seinem Studium der Geschichte, Philosophie und Ethnologie an der Universität Basel arbeitet er bei diversen Tageszeitungen als Journalist und ist während vier Jahren als Inlandredaktor einer  bei einer Schweizerischen Depeschenagentur in Bern beschäftigt. Zwischen 2009 und 2012 fungiert er als Präsident der Sozialdemokratischen Partei Oltens. Alex Capus lebt als freier Schriftsteller mit seiner Familie in Olten. Von ihm erschienen sind unter anderem Munzinger Pascha (1997), Der König von Olten (2009),  Léon und Louise (2011), Skidoo (2012), Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer (2013).

 

CapusFälscherAngaben zum Buch:
Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
Verlag: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG (29. Juli 2013)
ISBN-Nr.: 978-3446243279
Preis: EUR  19.90 / CHF 29.90

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6 Kommentare zu „Alex Capus: Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer

  1. Deine Rezension liest sich nach „leichter Lektüre“ und unter diesem Begriff habe ich Alex Capus auch irgendwie agespeichert – auch der Rezensent in der Literarischen Welt schrieb „kein großer Wurf“ über das Buch. Ich werde es wohl eher nicht lesen. 🙂

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