Kleine Deutung: Else Lasker- Schüler: Weltende

Es ist ein Weinen in der Welt,
als ob der liebe Gott gestorben wär,
und der bleierne Schatten, der niederfällt,
lastet grabesschwer.

Komm, wir wollen uns näher verbergen…
Das Leben liegt in aller Herzen
Wie in Särgen.

Du, wir wollen uns tief küssen…
Es pocht eine Sehnsucht an die Welt,
an der wir sterben müssen.

Es gibt Gedichte, die finden immer wieder eine Zeit, in die sie passen, sie weisen über den eigenen Zeitrahmen hinaus in die Ewigkeit, in der sich wiederholt und immer wiederholen wird, was im Menschen angelegt ist. Wir können noch so hehre Wünsche und grosse Theorien haben, der Mensch wird sie durchbrechen und seinen (An-)Trieben folgen, die nicht selten auch Verderben und Krieg mit sich bringen.

Else Lasker-Schüler weist auf das Grauen in der Welt hin, in der wir leben, sie zeigt aber auch, dass gerade in einer solchen Welt die Liebe und der geliebte Mensch einen Halt darstellen können. Das eigene Überleben hängt am Miteinander, nur durch dieses findet man Halt, findet man das Schöne, kann man die tiefsten Sehnsüchte leben, während da draussen die Welt wartet, an der wir einmal sterben werden.

Ein trauriges Gedicht, umso trauriger, weil es keine Phantasie, sondern bittere Wahrheit transportiert. Aber auch ein Aufruf an den Einzelnen, in seinem eigenen Umkreis auf das Gute und die Liebe zu bauen, um wenigstens diesen Kreis zu einem besseren Ort zu machen.

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