Lesemonat Februar – Ein Rückblick

Schon wieder ist ein Monat vorbei. Es war zwar der kürzeste Monat des Jahres, doch ich habe viel gelesen, einiges vielleicht nicht mit der Aufmerksamkeit, die es verdient hätte, was vor allem dem Umstand geschuldet war, dass ich mich langsam in meinen Lesewünschen wieder weiterbewegt und endlich – nach einer langen Leseflaute diesbezüglich, die mich ob ihrer Länge verunsichert und auch geschmerzt hat – wieder zur Literatur zurückgefunden habe. Schon Thommie Beyer hat einen guten Anfang gemacht, aber Eric-Emmanuel Schmitts Monsieur Ibrahim hat die Liebe zur Literatur mit einer Wucht zurückgebracht.

Wenn ich im Nachhinein zurückblicke, ist es schon erstaunlich, wie viel mir Literatur bedeutet. Als sich der Zugang für mich verschlossen hatte, fehlte ein wichtiges und grosses Stück in meinem Leben. Die Liebe zu Büchern war noch da, die Liebe zum Lesen entfaltete sich in anderen Bereichen, die mir durchaus auch wichtig sind, und doch…

Ich bin diesen Monat nach Südfrankreich gereist, um in einem Sommerhaus fünf eigentlich Fremde und doch Verbundene zu beobachten, habe mir Zuspruch geholt, mich nicht zu verbiegen, habe die Blumen des Korans gesucht und mit Rosa den kleinen Oskar begleitet. Ich habe mit den Denkern der Frankfurter Schule philosophiert und mit vier Philosophinnen nach der Freiheit gesucht. Ich habe den Wert des Nichtstuns erforscht und Hannah Arendts Menschenbild ergründet. Danach musste ich mal schnell schauen, ob ich die Welt noch retten kann, um dann in die dramatische Liebe von Ingeborg Bachmann und Max Frisch einzutauchen – die war nicht zu retten.

Der März wird ein durch und durch literarischer Monat werden hier – ich freue mich drauf. Kennt ihr Leseflauten? Wie geht ihr damit um?

Die meine komplette Liste:

Thommie Bayer: Sieben Tage SommerMax lädt fünf Menschen in sein Sommerhaus ein, wo er sie treffen will. Diese fünf Menschen haben vor vielen Jahren seinen Weg gekreuzt, einer hat ihm das Leben gerettet, die anderen vier hatten dabei geholfen, dass diese Geschichte für alle gut ausging. Anja ist damit betraut, die fünf zu bewirten und Max zu berichten, wie alles läuft. Max wird nicht auftauchen – doch: Was hat er vor?    Das Buch war leicht zu lesen, es plätscherte dahin. Am Schluss bleibt ein wenig das Gefühl, dass die Erwartungen an das Ende nicht erfüllt wurden. Aber trotzdem unterhaltsame Lektüre.4
Ichiro Kishimi, Fumitake Koga: Du musst nicht von allen gemocht werden. Vom Mut, sich nicht zu verbiegenDie Lehre Adlers in einen Dialog zwischen einem jungen Mann und einem Philosophen verpackt. Eine interessante Herangehensweise, um die Inhalte dieser Lehre, wenn sie auch ein etwas flacher Vergleich zu Sokrates ist. Adlers These, dass das Leben immer zielgerichtet gelebt wird und die Ursachen nicht in der Vergangenheit liegen, werden ebenso thematisiert wie die Bedeutung von Minderwertigkeitsgefühlen, horizontale und vertikale Beziehungen und der Wert von Mut, Selbstvertrauen und Engagement für andere, wenn es darum geht, glücklich sein zu wollen. 4
Eric-Emmanuel Schmitt: Monsieur Ibrahim und die Blumen des KoranEin Buch wie ein warmer Mantel ums Herz, eine Streicheleinheit für Gemüt und Seele. So viel Liebeswürdigkeit, so viel Tiefe, so viel Menschlichkeit. Und so viel Humor bei allem Ernst, der in den Themen liegt.5
Eric-Emmanuel Schmitt: Oskar und die Dame in RosaEine tief menschliche Geschichte über das Leben, das Lieben und das Sterben. Eine kleine, feine, Erzählung.5
Wolfgang Martynkewicz: Das Café der trunkenen Philosophen. Wie Hannah Arendt, Adorno & Co. das Denken revolutionierten.Ein hervorragendes Zeitzeugnis, ein Zeugnis der Lebens- und Denkensstränge herausragender Denker in den dunklen Zeiten der Kriege und im Exil, und ihrer Verschränkungen und gegenseitigen Befruchtungen wie Ablehnungen. Dafür, dass Arendt so prominent im Untertitel steht, ist wenig Arendt im Buch vorhanden. 4
Wolfram Eilenberger: Feuer der Freiheit. Die Rettung der Philosophie in finsteren Zeiten 1933-1943Mit Blick auf Hannah Arendt, Simone de Beauvoir, Ayn Rand und Simone Weil zeichnet Wolfram Eilenberger ein Bild der Zeit zwischen 1933 – 1943 und zeigt auf die philosophischen Wege, welche die vier Philosophinnen einschlagen, ihre Hindernisse, ihren Kampf, ihr Leben und Denken. 4
Byung-Chul Han: Vita Contemplativa. Oder von der UntätigkeitEine Antwort auf Hannah Arendts «Vita activa», in welcher das Tun dem Sein eher im Wege steht als dieses begründet, in welchem der Untätigkeit der Wert zukommt, zur Besinnung zu führen und damit zu einem Dasein als wirklichem Sein in der Welt. 4
Lea Mara Esser: Vom Schweigen des Guten. Hannah Arendts Theorie der MenschlichkeitDas Gute müsse neu gedacht werden. Dies will Lea Mara Esser zeigen anhand von HA, die sie in den Dialog mit Walter Benjamin treten lässt und wozu sie eine Unmenge an Verweisen, Zitaten, Meinungen, Analysen heranzieht. Zwar finden sich durchaus alle wichtigen Begriffe Arendts, doch wird im Buch mehr die offenbare Belesenheit und Zitierwütigkeit sichtbar als eine stringente Argumentationskette. So entsteht zumindest, was Esser als Philosophieren deklariert: Es herrschen nur Fragen vor, die Antworten bleiben aus. 3
Thomas Seibert: ExistenzphilosophieBegriff und Entwicklung (von Kierkegaard, Stirner, Nietzsche über Jaspers und Heidegger zu Sartre und in die Postmoderne) der Existenzphilosophie in einer unglaublich mühselig zu lesenden Fassung. Das war reiner Kampf durch die Seiten, keine Freude. 3
Eberhard Rathgeb: Die Entdeckung des Selbst. Wie Schopenhauer, Nietzsche und Kierkegaard die Philosophie revolutioniertenDrei Philosophen gingen dahin und haben sich lebend und schreibend dem Selbst-Sein gewidmet. Sie haben sich selbst als Experimentierfeld genommen und daraus ihre Theorien entwickelt, wie einer wird, wer er ist und worauf es ankommt im Leben als Selbst. Sie schrieben damit gegen all die Philosophen an, die das Individuum in den Dienst der Gesellschaft und der Wirtschaft stellten, sie schrieben gegen eine Zeit an, in welcher Rationalität und Vernunft das Gefühl und das Er-Leben verdrängen wollten.4
Thomas Metzinger: Bewusstseinskultur. Spiritualität, intellektuelle Redlichkeit und die planetare KriseWie muss sich unsere Gesellschaft, wie müssen wir uns ändern, damit wir mit dieser sich anbahnenden globalen Krise umgehen können? Metzinger plädiert für eine Bewusstseinskultur, in welcher die Menschen gemeinsam nach einer Form des Lebens suchen, mit welcher der Krise begegnet und die eigene Selbstachtung und Würde bewahrt werden können. 4
Bettina Storks: Die Poesie der LIebe. Ingeborg Bachmann & Max FrischEine Romanbiografie über eine grosse Leidenschaft, eine Liebe, die im Sturzflug endete. Es ist die Geschichte zweier Poeten, die so unterschiedlich in ihrem Sein und Schreiben waren, dass sie nicht zusammen sein konnten, ohne sich gegenseitig immer wieder zu verletzen und nach und nach zu zerstören. 5

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