Such nicht immer, was dir fehle,
Demut fülle deine Seele,
Dank erfülle dein Gemüt.
Alle Blumen, alle Blümchen,
und darunter selbst ein Rühmchen,
haben auch für dich geblüht.
Das Gedicht besteht mehrheitlich aus 4-hebigen Trochäen, dieser Rhythmus wird nur in der dritten und in der letzten Zeile durchbrochen. So entsteht ein fliessender Rhthmus, der beim Gemüt stoppt, dann weiter geht. Dadurch kommt dem Gemüt eine herausragende Bedeutung zu, auf ihm liegt die Aufmerksamkeit. Der Reim unterstützt das zusätzlich, indem auf einen Paarreim ein umschliessender Reim folgt, der die dritte und die letzte Zeile noch näher zusammenrückt, in Beziehung bringt. (aabccb).
Am Anfang steht eine Aufforderung: „Such nicht immer“. Fontane fordert den Empfänger dieses Gedichts auf, nicht immer nach dem zu suchen, was ihm fehlt. Hinter dieser Suche liegt ein Anspruch, welcher zu gross ist und nie zu Zufriedenheit führt, da immer etwas fehlt im Leben. Statt dieser Anspruchshaltung soll der Leser lieber demütig sein. Und hier kommt das Gemüt. Dank soll es erfüllen (dafür, was ist).
Das Gemüt beinhaltet alle vom Seelischen und vom Gefühl ausgehenden Kräfte und Empfindungen eines Menschen. Dass diese mit Dankbarkeit gefüllt sein sollen, ist die zentrale Aussage, die er daraufhin begründet. Er tut dies wieder in fliessendem Rhythmus, verweist auf alle Blumen und Blüten, die auch für den hier Angesprochenen geblüht haben. Hier endet das Gedicht, eng bezogen durch Takt und Reim aufs Gemüt.
Das Gedicht ist überschrieben mit „Zuspruch“. Es soll also jemandem, der klagt, Trost bringen, ihm gut zureden und ihm zeigen, dass alles nicht so schlimm ist, wie er es aktuell beklagt. Den Grund zur Klage sieht Fontane in der Suche nach Fehlern, die Lösung des Problems in einer Veränderung der Perspektive: Statt die Konzentration auf den Mangel zu legen, soll man besser schauen, was ist, sich daran freuen und dafür dankbar sein.
Wer mit ein wenig mehr Achtsamkeit durch die Welt geht, sieht die Blumen am Wegesrand. Und selbst wenn der Weg ab und an holprig und mit Hindernissen bestückt ist, so blühen sie trotzdem und erfreuen den, welcher sie sieht.
Weise Worte… sollte ich mir ausdrucken, bin gerade viel zu sehr im „Such-Modus“.
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Mein Mann nannte mich mal eine Suchende. Ich war irgendwie getroffen. Ich wollte eine sein, die gefunden hat. Aber vielleicht hat auch die Suche einen Sinn. Wirklich wohl ist mir nur, wenn ich denke, gefunden zu haben. Das fühlt sich ein wenig sicher an. Und doch wäre ich an viele Orte nicht gekommen, hätte ich nicht gesucht.
Ich wünsche dir, dass du findest, was dir entspricht. Für den Moment vielleicht. Doch der ist es doch, welcher zählt.
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