Ich bin nicht perfekt – oder: Wie eine Beziehung klappen müsste

Ich bin eher hart. Habe hohe Ansprüche. Innerlich sehr sensibel, lass ich das ungern raus. Dadurch wird die Härte wohl doppelt. Wenn sich dann noch die Ansprüche und Erwartungen dazugesellen – dann wird es schwer. Kann ich liefern, was ich fordere? Nicht dass ich ach so toll wäre, aber ich bin auch hart zu mir. Oft wohl schon. Der Preis ist da – und ab und an hoch. Zu hoch? Wohl schon. Tief drin meldet sich die Stimme, die sagt, es wäre nicht hart genug, denn: Es reicht noch nicht. Ist nicht perfekt.

Perfekt ist wohl keiner. Oft sehen wir das, was uns fehlt und erachten das als erstrebenswert. Weil es uns fehlt. Wir ignorieren, was wir haben und degradieren uns zu Mängelwesen. Wir hängen uns an den Mängeln auf. Klar mögen wir das innerlich auch mit anderen tun, nur: Wir würden es ihnen nie so unbarmherzig ins Gesicht schmettern, wie wir es mit uns selber tun.

Von „Das hat nicht gereicht“ über „Das war miserabel“ bis hin zu „Du hast schon wieder einfach nur versagt“ ist alles mit dabei. Und: Wir glauben es uns. Wir sehen hin, sehen die Abwertungen, sehen das zugrundeliegende Verhalten und können nur noch mit dem Kopf nicken.

Natürlich mag es sein, dass wir mal keine Meisterleistung vollbrachten, aber: Wir sind mehr als nur diese eine Tat. Und ja, vielleicht sind wir in einem Bereich nicht gut. Das kann es geben. Statt uns zu verurteilen wäre es doch besser, hinzusehen, was wir können.

Wir sind nie perfekt, wir werden es nie sein. Traurig ist, wenn man dem, was man nicht kann, mehr Gewicht beimisst als dem, was man kann. Es gibt keinen Grund dafür. Und oft ist dieses Verhalten Ursache für viele weitere Probleme – auch Beziehungsprobleme.

Der eine ist kreativ, der andere pragmatisch, der eine kann rechnen, der andere schreiben, einer kann sich anpassen, der andere aufbegehren. Sobald man nicht mehr allein ist, kann man sich ergänzen. Dann sollte nicht mehr gefragt sein, dass einer alles kann, dann sollte zählen, was jeder beitragen kann zum Ganzen. Wichtig ist wohl, genug Gemeinsamkeiten zu haben, dass es geht, dabei aber die Schwächen des anderen mittragen – und ausgleichen – zu können. Liebesschwüre allein tun es nicht, es geht um Entscheidungen, Entschlüsse.

So müsste es eigentlich gehen, oder?

12 Kommentare zu „Ich bin nicht perfekt – oder: Wie eine Beziehung klappen müsste

  1. „aber ich bin auch hart zu mir“
    Ich kenne solcherart Destruktivität. Zu was soll das gut sein, eigentlich? Sich ständig selbst den Axxxx versohlen? Ein Weg kann nur sein, milde mit sich zu sein. Wäre man von sich Vater oder Mutter, dann würde man sich einfach nur akzeptieren.
    „Sobald man nicht mehr allein ist, kann man sich ergänzen. “
    Wieso muß man sich immerzu ergänzen? Man ist doch primär mit jemandem zusammen, weil man tiefere Einblicke in die ANDERE Person hat, bekommen hat, durch die Liebe eben.
    „Liebesschwüre“: Ach, was für ein FURCHTBARES Wort, ein Unwort, ein Graus. Schwüre gibt es hier nicht, bestenfalls den Willen, so einiges Schlimme und Entsetzliche zu ertragen und mitzutragen.

    Nur mal so drauf geantwortet 🙂

    Gefällt 3 Personen

      1. Ja gell, manchmal versucht man in Sachen Meister zu werden in denen man gar nicht begabt ist und fühlt sich dann scheisse. Dabei gibt es doch soviele Dinge in denen wir unschlagbar sind… 😉

        Gefällt 1 Person

  2. Ein bisschen kann ich dich schon einschätzen, auch mit dem Perfektionismus. Wenn du selber das Gefühl hast du könntest es noch besser, bist du unzufrieden, egal was andere dazu sagen. Beziehung würde ich da überhaupt nicht ins Spiel bringen, außer beim Zeitfaktor. Es ist nicht möglich sich in späteren Jahren jugendlich unbelastet anzunähern, denn die Jahre schenken wir uns dann nicht. Es kann nur der Versuch sein, die Vergangenheit hinter sich zulassen, die jeder in einem späteren Leben mit sich trägt. Doch Leichtigkeit ist des Denkers schwerste Bürde.

    Gefällt 1 Person

    1. Da sagst du was Wahres. Wir tragen das Leben durchaus mit und ja, mit den Jahren steigen auch die Ansprüche – an sich, ans Leben, an einen Partner. Sich einzureden, nochmals 16 Jahre alt zu sein, könnte da mitunter einen tiefen Fall mit sich bringen…

      Danke Arno. Wie immer bin ich froh um unsere Freundschaft!

      Gefällt 1 Person

  3. Mir steht mein Perfektionismus im Wege…..bevor ich etwas nicht 100% mache dann lieber gar nicht….dabei reichen in der Regel 80%.

    Durch meine Ansprüche habe ich eine verzehrte Brille. Und das stört meine Beziehung zu mir und zu meinem Partner……

    Like

    1. Das kenne ich sehr gut, in allen Bereichen des Lebens. Eigentlich doof. Man wüsste es und doch bleibt er da – wie so ne Zecke, die sich festsetzt und dann langsam aussaugt. Ich geh mal eine Pinzette suchen 😉

      Like

Hinterlasse einen Kommentar