Eine junge Studentin wohnt in einem Haus in Cagliari, unter ihr lebt Anna mit ihrer Tochter, oben Mr. Johnson. Die Schicksale der drei Stockwerke vermischen sich, die Menschen des Hauses wachsen langsam zu einer Familie zusammen. Die junge Studentin hängt an dieser Familie, da sie alles ist, was sie hat. Ihr Vater hat sich das Leben genommen, ihre Mutter flüchtete sich in eine Geisteskrankheit.
…sie seien einfach wehrlos gegenüber dem Leben gewesen. Wir Menschen seien nun einmal nicht, wie die anderen uns gerne hätten. Daran könne man verzweifeln, ja, sogar sterben. Oder aber man akzeptiert, dass man anders gestrickt ist als andere…
Die junge Frau blickt auf eine Vergangenheit voller Verlusten in der eigenen Familie zurück, woraus Verachtung und Isolation im Umfeld resultierte. Zurück bleibt die Angst, dass ihr dieses wieder passiert, sie die Menschen, die ihr nun nah sind, wieder verlieren könnte. Sie sucht ihren eigenen Weg, ihren Platz im Leben, weiss aber nicht genau, wo ihn finden. Das lässt ab und an Wehmut aufkommen, Verzweiflung fast.
Ob ich nun Romanschriftstellerin werde oder nicht, ich glaube, dass ich nicht für diese Welt geschaffen bin und es besser gewesen wäre, ich wäre gar nicht erst auf die Welt gekommen.
Trotz allem glaubt sie an die grosse Liebe, lebt ein Leben voller Mitgefühl, voller Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit. Sie schöpft immer wieder neuen Mut, geht ihr eigenes Leben an, fängt an zu schreiben und schreibt dem Leben den Fortgang zu, wie sie ihn sich für sich und die, welche ihr lieb sind, wünscht.
Die Welt auf dem Kopf ist eine Geschichte voller Farben und Gerüchen, voller Liebe und Enttäuschungen, voller Hoffnungen und Ängsten. Es ist die Geschichte von unterschiedlichen Menschen, die alle dasselbe wollen: ein glückliches Leben. Allerdings gehen sie alle von unterschiedlichen Voraussetzungen aus und kommen durch ihr Naturell an unterschiedliche Orte. So gesehen das ganz normale Leben.
Die Frage nach dem Normalen steht im Zentrum von Milena Agus’ Geschichte. Wer oder was ist normal und wo fängt das Abnormale an? Was ist Natur, wo wird sie verkehrt?
„Und was ist bitte schön normal?“, fragte ich.
„Das, was die Mehrheit der Menschen tut! Normal ist man, wenn man ungefähr so ist wie die anderen.“
„Nein, weil wenn man verrückt ist und sich in einer Irrenanstalt befindet, ähnelt man ja auch den anderen, obwohl man nicht normal ist.“
Jede der Figuren von Milena Agus hat ihre normalen und ihre merkwürdigen Seiten. Alle sind sie liebenswürdig auf ihre Weise. Es sind Menschen, die sich kümmern, Menschen, die sich gegenseitig Familie sind. Es sind Menschen aus der Nachbarschaft, die langsam zusammen wachsen und eine Welt bilden, wie sie eine Autorin hätte entwerfen können. Milena Agus zeichnet eine Welt, die Mut macht, eine Welt der leisen Töne, eine Welt, die fein und zart erscheint und trotzdem die Tiefen des Lebens auslotet.
Fazit:
Eine wunderschöne Geschichte mit märchenhaften Zügen über das Leben, über den Tod, und alles, was dazwischen ist. Ein Buch, das Mut macht, tief, nachdenklich und doch froh ist. Absolut empfehlenswert.
Zur Autorin
Milena Agus
Milena Agus kam 1959 in Genua als Kind sardischer Eltern auf die Welt. Sie lebt heute in Cagliari, Sardinien, und unterrichtet an einer Schule Italienisch und Geschichte. Von Milena Agus erschienen sind bereits Die Frau im Mond (2009), Solange der Haifisch schläft (2009), Die Flügel meines Vaters (2010), Die Gräfin der Lüfte (2011)
Angaben zum Buch:
Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
Verlag: dtv (April 2013)
Übersetzung: Monika Köpfer
Preis: EUR 17.90 / CHF 25.90
Ein Kommentar zu „Milena Agus: Die Welt auf dem Kopf“