Aristoteles stellte in einer Kategorienschrift 10 Kategorien fest, welche als Elementarbegriffe des Denkens zu gelten hätten. Die erste Kategorie war das Sein, die achte erst das Haben. Betrachtet man die Philosophie seit Aristoteles, so wurde dem Haben im vergleich zum Sein wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Kant zum Beispiel kritisierte die Kategorisierung, setzte ihr eine eigene entgegen und liess das Haben ganz weg. Dieser Haltung schliessen sich auch die kommenden Philosophen mehrheitlich an.
Harald Weinrich will dem stiefmütterlichen Dasein des Habens ein Ende bereiten mit seinem neuen Werk. Er beleuchtet das Haben bei Philosophen wie Aristoteles und Kant, lässt Schopenhauer und Heidegger zu Wort kommen. Er geht des Weiteren auf eine Sprachreise, beleuchtet Das Wort „haben“ etymologisch sowie aufgrund seiner Beziehungen und seines Gebrauchs.
Seine Reise geht weiter von der Bibel hin zu Thomas Mann, streift die Märchenwelt und führt in die Malerei. Weinrich stellt den Begriff anhand von Robinson, Mephistopheles und Romeo und Julia dar, führt den Leser auf Inseln, in die Schweiz und nach Preussen, greift auf Hitler zurück und den Sängerkrieg vom Rhein und führt schlussendlich zu den Menschenrechten, welche er als Haben-Rechte deklariert.
Harald Weinrich streift in seinem Buch über das Haben kreuz und quer durch alle möglichen Bereiche, die sich um das Haben drehen. Er streift sie kurz, schneidet sie an, hinterfragt am Rande, geht weiter. Dies tut er teilweise wissenschaftlich, teilweise aufgrund biographischer Erlebnisse, ab und an mit Witz, oft ganz ernst. Er liefert damit ein vielseitiges Buch, das viele Einblicke liefert, dabei ab und an die Tiefe vermissen lässt. Oft stellt man sich die Frage, was genau der Sinn dahinter ist. Weiss man nun, was Haben ist? Hat man nun den Durchblick?
Das Werk lässt ein wenig den roten Faden vermissen, der nur in dem einen Wort besteht – dem Haben. Es fehlt der Aufbau, die Abfolge. Die einzelnen Kapitel wirken wie lose aneinander gereihte Boote, welche auf der Oberfläche eines Sees schwimmen. Die Tiefe des Sees erreicht keines davon. Diese Oberflächlichkeit, die man dem Buch vorwerfen kann, hilft auf der anderen Seite, kein Thema über Gebühr zu strapazieren und sorgt für eine abwechslungsreiche Lesereise.
Fazit:
Ein vielseitiges Buch von einem auf vielen Gebieten bewanderten Autor.
(Harald Weinrich: Über das Haben. 33. Ansichten, C.H.Beck Verlag, München 2012.
Gebundene Ausgabe: 207 Seiten
Verlag: C. H. Beck Verlag (23. August 2012)
Preis: EUR: 19.95 ; CHF 31.90