Meine Antennen sind permanent auf Empfang. Ich höre, was um mich rum ist, sogar ohne hinzuhören, ich sehe, was es zu sehen gibt. Das widerspricht dem yogischen Ziel des Zurückziehens der Sinne, um ganz bei sich zu sein. Folgt man der alten indischen Philosophie des Ayurveda, finde ich mich da aber ziemlich klar wieder im Typ Vata: Luftwesen. Kreativ, sprunghaft, begeisterungsfähig, mich schnell mal verlierend.
Nun wäre es natürlich ein Leichtes, zu sagen: Super ich habe eine Erklärung, so bin ich, nehmt mich, wie ich bin. Nur: Will ich mich so nehmen? Grundsätzlich sicher, da ich ganz viel an diesen Eigenschaften mag, nur: Manchmal wäre etwas mehr Stabilität gut, manchmal möchte ich an Dingen bleiben und mich nicht durch alles ablenken lassen. Ich habe für mich gemerkt, dass es mir hilft, Tagesstrukturen zu setzen. Wenn ich mal wieder losgeflogen bin und mich von den Winden tragen liess, holen sie mich zurück und lassen mich wieder auf das besinnen, was ich mir vorgenommen habe.
Diese Strukturen muten für andere Menschen teilweise streng an, sie finden sie gar stur oder verstehen nicht, wieso ich sie brauche und nicht einfach frei in den Tag hineinlebe. Und ja, ich habe mich von solchen Aussagen auch schon angegriffen gefühlt und mich gefragt, ob ich wirklich komisch bin damit. Wenn jemand sagt, ich hätte so sture Strukturen, klingt das ja ziemlich langweilig, festgefahren – und so sehe ich mich gar nicht. Und genau da liegt der zu lösende Verwirrung:
Weil ich eben zu wenig Stabilität und Festigkeit habe, brauche ich die Strukturen. Wer mich nur von aussen sieht und hört, wird vielleicht nur diese Strukturen sehen und mich als (zu) festgefahren wahrnehmen. Dass diese aber aus etwas erwachsen, sieht man erst beim näheren Hinschauen. Und ich fühle es im täglichen Sein. So schön nämlich das freie Fliegen von einer Blume zur nächsten ist, es bleibt am Schluss des Tages doch ein unbefriedigtes Gefühl, weil dadurch zu viel von dem, was ich wirklich wollte, liegen blieb.
Es braucht kein Ayurveda dazu, nur schon das genaue Hinschauen, wie ich bin und was ich brauche, um das Leben zu führen und die Aufgaben zu erfüllen, die mir am Herzen liegen, reichen. Wenn ich also zu träge bin, mich kaum aufraffen kann, brauche ich energetisierende Mittel und Methoden, wenn ich zu viel, zu schnell, zu wild will, eher beruhigende, wenn ich mich zu schnell in kreativen Ideen verliere und immer wieder neue finde, stabilisierende. Im Wissen darum, dass ich tue, was mir gut tut, muss ich mich dann auch nicht verletzt fühlen, wenn das jemand nicht versteht, sondern könnte – sollte ich das wollen – es erklären. Oder: Ich kann dankbar und stolz realisieren, dass ich es geschafft habe, das für mich passende Mittel für meinen persönlichen Ausgleich zu finden.
Was für ein Typ seid ihr?