Kürzlich habe ich mich aufgeregt. So richtig. Ich hätte schimpfen und toben mögen, den ganzen Frust rausschreien. Ich konnte mich zwar zurückhalten, doch das eine oder andere Schnauben und ein paar süffisante Bemerkungen entwichen mir doch. Schon durfte ich mir anhören:
„Ich dachte, Yoga mache gelassen?“
Meine Gedanken begannen zu drehen: Wo waren nun Gleichmut und Gelassenheit? Alles nur reine Theorie, die ich runterbete? Eigentlich hätte ich es besser wissen müssen, hätte viele Argumente gegen den Ärger und für innere Ruhe gehabt. Und doch: Als die Welt nicht so drehte, wie ich es gerne gehabt hätte, tobte es in mir. Ich schien förmlich aus purer Wut zu bestehen, alles andere war fast ausgeblendet, liess sich nur mit Anstrengung zurückholen, um langsam wieder zur Ruhe zu kommen. Und da fragte ich mich:
Bin ich ein schlechter Yogi? Ist es doch nur Mattenturnen statt Einkehr und Einsicht?
Voilà, Falle Nummer 2: Eigene Be- und Verurteilung. Statt zu reflektieren, was, wie und warum passiert war, um daraus zu lernen, liess ich alles im Kopf drehen, schimpfte nun nicht nur auf das, was passiert war, sondern auch über mich und verabsolutierte meinen Fehler hin zu: Ich mache alles falsch. Zum Glück konnte ich das anhalten:
Ich habe mich hingesetzt und ein paarmal tief ein- und ausgeatmet. Das hat nicht die Situation geändert, es hat auch mein Verhalten nicht rückgängig gemacht. Es hat mir ein bisschen Ruhe zurückgebracht. Ich war sicher noch kein friedlich lächelnder Dalai Lama, aber ich war auch kein tobendes Rumpelstilzchen mehr. Ich erkannte die Muster, die Prägungen, die meinem Verhalten zugrunde lagen, sah die Situation als schwierig und meine emotionale Reaktion als wenig heilbringend an. Ich hielt mir zugute, dass ich selbst schnell erkannt hatte, in welches Muster ich geraten war, dass ich es unterbrechen und ruhig werden konnte.
Nun: Ich bin nicht erleuchtet. Ich bin auch nicht der Superyogi. Ich bin auf meinem Weg. Und es ist ein guter Weg. Ich muss nicht perfekt sein. Ich bin, wie ich bin. Und das ist gut. Und morgen bin ich anders. Auch das wird gut sein. Und so geht die Reise fort.
Liebe Sandra, hör bitte bitte auf, deine Wut zu unterdrücken!!! Wut ist eine sehr wichtige und hilfreiche Emotion! Sie zeigt dir und anderen, wo etwas DRINGEND der Veränderung bedarf! Du hast die Wut aus genau DIESEM Grund! Sie ist ein Geschenk an dich und andere!!! Bitte weise dieses Geschenk künftig NICHT mehr zurück!!!!!!
Herzlichen Gruß
Maren
LikeGefällt 2 Personen
Liebe Maren
Ja, Wut ist ein wertvolles Gefühl, weil es immer auch ein Indikator ist: Da ist etwas im Argen. Wichtig finde ich, genau hinzuschauen, was das ist. Woraus speist sich die Wut und was will ich damit. Manchmal sind es Umstände, die ich ändern möchte. Dann ist es gut und sinnvoll, der Wut Ausdruck zu verleihen (der Situation angemessen). Manchmal sind es aber auch eigene Geschichten, Prägungen, Befindlichkeiten, die uns reagieren lassen. Auch das zu erkennen ist wertvoll.
Sei lieb gegrüsst
Sandra
LikeGefällt 3 Personen
Sehr richtig. Manchmal zeigt Wut dir aber auch deine Grenze. Sowohl gegenüber anderen Menschen, als auch dir selbst gegenüber. Beispiel: „Hör auf mir so einen Druck zu machen, dass es perfekt sein muss!“
LikeGefällt 1 Person