«Man kann die Welt nicht alleine ändern. Jene, die diesen Weg beschreiten, tun das, indem sie sich organisieren und zusammenarbeiten. Die intellektuelle Selbstverteidigung, die ich meine, findet stets in einem sozialpolitischen Kontext statt, der für positive Veränderungen absolut notwendig ist.» Noam Chomsky
Schaut man auf totalitäre Systeme, fällt unter anderem etwas auf: Es wird versucht, Verbindungen zu vermeiden, den Menschen zu isolieren. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Einzelne Menschen sind besser steuer- und manipulierbar als Gruppen. Durch die Verbindung mit anderen gewinnt der Einzelne mehr Kraft und damit auch mehr Macht, die dem Herrschaftsregime entgegenschlagen könnte. Dies gilt es zu vermeiden.
Es ist umso erstaunlicher, wenn man sieht, wie sehr der heutige Mensch nach Individualität und Vereinzelung strebt. Andreas Reckwitz hat das in seinem Buch «Die Gesellschaft der Singularitäten» schön beschrieben. Menschen sind mit sich und den eigenen Belangen beschäftigt, sie kümmern sich wenig um die der anderen. Dass so Synergien nicht genutzt werden, liegt auf der Hand. Dass wir uns so unserer eigenen Wirkkraft berauben, ist die traurige Folge.
Wir sehen uns in einer Welt, welche einige Gefahren für uns und unser Leben bereithält. Neben Ausbeutung und Unterdrückung von Menschen sind auch die Klimaveränderungen und ein möglicher Atomkrieg zu nennen. Das sind Gefahren und Probleme, die uns alle betreffen, weil wir alle daran beteiligt und viele davon betroffen sind. Um Lösungen zu finden und Gefahren abzuwenden, wäre es dringend nötig, die eigenen Verantwortlichkeiten zu sehen und gemeinsam nach gangbaren Wegen zur Lösung zu suchen.
Es ist an die Zeit, dass der Westen seine überhebliche Dominanz aufgibt und sich der Fehler bewusst wird, die zu den aktuellen globalen Krisen beigetragen haben. Aktuell versuchen wir noch immer, die Konsequenzen, die sich aus diesen ergaben, sprichwörtlich an der Grenze abzuwenden, indem teilweise fragwürdige Abkommen mit anderen Staaten getroffen werden, die sich des Problems annehmen. Dies alles geschieht auf Kosten der Ärmsten dieser Welt, auf Kosten derer, die die Leidtragenden vergangener und gegenwärtiger wirtschaftsgetriebener Machenschaften sind.
«Die menschliche Natur macht es möglich, zum Heiligen oder zum Sünder zu werden. Jeder von uns hat diese Kapazitäten in sich… Bezüglich der Machbarkeit von gerechteren und sozialen Institutionen kann man sich im Vorhinein nie ganz sicher sein. Man muss einfach immer wieder versuchen, neue Maßstäbe zu setzen und das zu tun, was im Bereich des Möglichen liegt.»
Es ist Zeit, hinzusehen, zusammenzustehen, Veränderungen zu denken und diese umzusetzen. Mensch sein heisst auch, Verantwortung übernehmen. Es heisst, sich für das Richtige zu entscheiden, sprich, für eine gerechtere Welt für alle.
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Buchtipps dazu:
Noam Chomsky (im Gespräch mit Emran Feroz): Kampf oder Untergang! Warum wir gegen die Herren der Menschheit aufstehen müssen, Westend Verlag, Frankfurt am Main 2018.
Der große Denker unserer Zeit über die Gefahren der Klimakrise und eines Atomkrieges, über die manipulative Macht von Massen- und sozialen Medien, über die selbstgemachte Zerstörung unserer Welt. Er behandelt die Notwendigkeiten einer neuen Form von Bildung, die zu mündigen, kritischen Menschen führen ebenso wie die Hoffnung, die im Menschsein und dessen Fähigkeiten begründet ist. Wir tragen gute und schlechte Seiten in uns, wir haben die Wahl, welche wir stärken und wie wir sie einsetzen.
Das Buch umfasst viele der zentralen Themen Chomskys in konzentrierter Form. Wer sich weiter vertiefen möchte, dem seien die umfassenderen Bücher ans Herz gelegt, z. B.:
Noam Chomsky, Mary Waterstone: Konsequenzen des Kapitalismus. Der lange Weg von der Unzufriedenheit zum Widerstand, Westend Verlag, Frankfurt am Main 2022.
Chomsky und Waterstone decken die Probleme und Grausamkeiten des gegenwärtigen kapitalistischen Systems und der Politik, die sich diesem Kapitalismus unterworfen hat, auf und diskutieren Möglichkeiten für eine gerechtere Welt. Dabei setzen sie auf die Eigenmächtigkeit der Menschen, welche die Möglichkeit hätten, eine Veränderung zu bewirken – wenn sie diese in die Hand nähmen.
Und:
Noam Chomsky, Edward S. Herman: Die Konsensfabrik. Die politische Ökonomie der Massenmedien, Westend Verlag, Frankfurt am Main 2023.
Medien vertreten oft die Meinung, die der politischen Herrschaftsmeinung folgt. Damit lenken sie – oft unbewusst für diese – die Leser in eben diese Richtung, machen sie zu folgsamen Gehorchenden vorherrschender Doktrinen. Treibende Kraft hinter allem sind oft profitorientierte, ökonomische Interessen, selten wirklich soziale Werte oder gar gerechte Umstände für die, welche derer bedürften. Chomsky und Herman liefern eine differenzierte und sachliche Analyse der Mechanismen der gängigen Medienlandschaft, sie zeigen die Kriterien, nach welchen Themen gewählt werden, und die Mittel, wie sie präsentiert werden, um so die Meinungsbildung zu steuern.