Der Strassenhund

Ein scheuer Blick von Weitem nur,
schon dreht er ab und geht.
Was mag ihm widerfahren sein?
Wo führt sein Leben hin?

Bei Sonne, Hagel, Schnee und Sturm,
ist stets die Strasse sein Zuhaus’.
er kennt die Härten dieser Welt,
kennt Hunger, Durst und Einsamkeit.

Statt Liebe kriegt er Steine ab,
er nimmt sie schweigend hin.
Im Blick ein wenig Sehnsucht noch,
im Herz ein leises Zieh’n.

©Sandra Matteotti

 

3. Mai

„Es ist dein Leben – geh achtsam damit um.“ (Osho)

Wenn Menschen mit Bitten oder Wünschen an uns herantreten, fällt es nicht immer leicht, nein zu sagen. Wir erfüllen ihnen gerne einen Gefallen, helfen gerne, wenn wir können. Nun gibt es aber auch Menschen, die sich nur dann melden, wenn sie etwas brauchen, sonst hört man kaum etwas von ihnen. Sie saugen Energie, ohne etwas zurückzugeben. Sicher soll Hilfe nicht aus dem einzigen Grund einer Gegenerwartung geschehen, aber es ist doch gut, ab und an hinzuschauen, mit wem man sich umgibt und wofür man seine Zeit braucht.

Zeit ist nicht unendlich, wir haben nur dieses eine Leben und sollten es so leben, dass es möglichst viel Freude bringt. Wenn du also wieder einmal das Gefühl hast, zu wenig Zeit für deine wichtigen Dinge oder zu wenig Freude im Leben zu haben, schau, wo deine Zeit hinfliesst. Meist haben wir genügend Zeit, nur nutzen wir sie für die falschen Dinge.

2. Mai

„Wenn du gehst, geh; wenn du sitzt, sitze; wenn du bist, sei!“ (Osho)

Wir können uns angestrengt aufs Meditationskissen setzen, tagelang Atemachtsamkeit üben. Auch können wir eifrig Yogastellungen auf der Yogamatte praktizieren. Nur: Wenn wir die Achtsamkeit nicht ins Leben hineintragen, sie nicht im Alltag integrieren bei dem, was gerade anfällt, wird sie uns nichts von all dem offenbaren, was sie für unser Leben bewirken könnte.

Achtsamkeit fängt im Alltag an. Sie fängt bei ganz alltäglichen Dingen wie kochen, waschen, putzen an, geht weiter über unsere Wahrnehmung von Situationen im Leben und unseren Umgang mit Menschen. Achtsamkeit bedeutet, in jedem Moment ganz bei dem zu sein, was wir gerade tun. Wenn wir kochen, kochen wir. Wir schneiden bewusst das Gemüse klein, nehmen es wahr, riechen es, spüren den Widerstand beim Durchschneiden. Wir mischen die Zutaten, rühren, riechen, schmecken, sehen, fühlen auch den Dampf aus dem Topf auf unserer Haut beim Umrühren. Und wenn das Essen fertig ist, essen wir es mit derselben Achtsamkeit.

Diese Art von Achtsamkeit im Alltag können wir zu jeder Zeit an jedem Ort praktizieren. Worauf warten wir noch?

1. Mai

„Leben existiert nur in diesem Augenblick, und in diesem Augenblick ist es unendlich und ewig.“ (Alan Watts)

Hast du auch schon mal gedacht, dass die Zeit rast? Dass Dinge zu schnell vorbei waren, die du eigentlich lieber länger genossen hättest? Oder kam es dir auch schon mal so vor, dass die Zeit steht? Dass Dinge, die du ersehnst, nicht näher kommen, immer in weiter Ferne scheinen? Und hast du dich dann auch dabei ertappt, wie du dem nachhingst, das vorbei ist, oder dem entgegen hofftest, das noch kommt?

So schön Erinnerungen und Vorfreude auch sind, eines verpasst man dabei: Den aktuellen Augenblick. Man ist nicht präsent in dem einzigen Moment, den man leben könnte: Im Jetzt. Dabei hätte genau dieser Moment so viel zu bieten an Gerüchen, Geräuschen, Anblicken, Gefühlen, Erlebnissen. Und im Erleben all dessen fühlte man ein Stück Unendlichkeit, denn der aktuelle Augenblick ist nie vorbei, er ist immer da. Jetzt. Hier.

30. April

„Der Weg zum Glück besteht darin, sich um nichts zu sorgen, was sich unserem Einfluss entzieht.“ (Epiktet)

Ab und an lese ich all die schönen Sprüche und denke, dass das alles gut klingt, aber schlicht unmenschlich ist. Sind wir nicht einfach so, dass wir uns Sorgen machen müssen? Ist es nicht in unseren Genen angelegt irgendwie? Es fühlt sich zumindest so an. Das Kopfkino läuft auf Hochtouren mit dem Ausmalen der möglichen negativen Konsequenzen, wir wägen Risiken ab und sorgen uns über die Folgen, die entstehen könnten. Kann man das abstellen?

Ich denke nicht. Was ich aber denke ist, dass man daran arbeiten kann, sich selber immer wieder den Kopf zurecht zurücken, dass man immer mal wieder hinschauen kann, was man da eigentlich tut, und sich dann fragen, was es wirklich bringt. Und vielleicht kann man dann und wann das Kopfkino abschalten. Das könnte ein kleiner Moment des Glücks sein.

Lebensgedanken

Ich bin so die,
die in die Nacht
hinein
Gedichte schreibt,
mit Worten ihren
Unfug treibt.

Ich bin so die,
die ihren Witz
vom Schnabel weg
und wie geschlüpft
der Welt auf
drückt.

Ich bin so die,
die immer sich
erst hinterfragt
und dann besagt,
ich hab ver
sagt.

Ich bin so die,
die hierauf findt,
dass das Gesind,
so ich nur bin.
Dass ich nun mal
in meinem Sinn
im Argen
bin.

Ich bin so die,
die Kämpfe ficht,
und dann ganz schlicht,
doch schliesslich find’t,
dass nun mal gut,
das Leben schön,

und ich tief drin –
ganz einfach bin!

©Sandra Matteotti

29. April

„Wenn ich loslasse, was ich bin, werde ich, was ich sein könnte. Wenn ich loslasse, was ich habe, bekomme ich was ich brauche.“ Laotse

Das ist wohl eine der schwierigsten Aufgaben im Leben: Loslassen. Das wohl schönste Bild für das Loslassen führt uns die Natur vor Augen: Im Frühling zeigen sich an den gerade noch kahlen Ästen mehr und mehr zartgrüne Blätter. Sie werden mehr, bringen Farbe zurück in die vormals karge Winterwelt, Leben erwacht. Es blüht und treibt, Früchte entstehen, werden geerntet. Und dann. Ganz langsam. Ändern die Farben. Was vormals noch kräftig und frisch weicht satten, warmen Farben. Als wäre es ein letztes Aufbäumen der Natur, die sich nochmals in der schönsten Pracht zeigen wollte. Danach lassen die Bäume los. Die Blätter fallen zu Boden, die Bäume stehen kahl.

Was wäre, wenn sie die Blätter behalten wollten, sie festhalten würden? Es kämen keine zarten Blättchen mehr, Blüten könnten nicht wachsen, Früchte nicht reifen. Das Loslassen ist so gesehen das Glück des Naturkreislaufs. Wir sollten uns nicht aus diesem herausnehmen.

28. April

„Der Mensch leidet, weil er Dinge zu besitzen und zu behalten begehrt, die ihrer Natur nach vergänglich sind.“ (Buddha)

Schön, hässlich, angenehm, unangenehm, gewollt, ungewollt – wir gehen durch die Welt und bewerten alles, was wir antreffen. Das, was uns gefällt, wollen wir unbedingt haben und behalten, das, was wir nicht mögen, versuchen wir zu meiden. Leider ist das Leben kein Ponyhof und es nimmt wenig Rücksicht auf unsere Begehrlichkeiten. Dazu kommt, dass Leben immer auch Wandel bedeutet: Was entsteht, wird auch wieder vergehen, was in unser Leben tritt, dieses auch wieder verlassen.
Wie oft fürchten wir uns schon im Vorfeld, dass etwas enden könnte, so dass wir uns einen Teil des Genusses des Guten schon versagen? Wie viel Energie stecken wir in Vermeidungsstrategien bei den Dingen, die wir nicht mögen? Und damit trüben wir die Zeiten, in denen das nicht Gewollte gar nicht da ist.
Wir können die Natur nicht ändern. Natur ist immer auch Veränderung. So lange wir uns dagegen sträuben, werden wir immer auch leiden. Wieso also nicht versuchen, das zu geniessen, was ist, so lange es ist? Um dann zu schauen, was kommt? Was man nie vergessen darf: Veränderung hat auch was Tröstliches, denn: Sind die Zeiten mal nicht gut, dauern auch diese nicht ewig.

26. April

„Die Welt kann nur gut und rein sein, wenn unser Leben gut und rein ist. Sei rein und gelassen, die gereizte Seele kann das Innere nicht widerspiegeln.“ (Swami Vivekananda)

Bist du auch schon einmal an einem klaren Bergsee gesessen und hast bis zum Grund geschaut? Hast du die Steine gesehen, Fische, die schwammen, und einfach die Ruhe genossen, die in dem See lag und die sich auf dich übertrug? Und hast du auch irgendwann einen Stein genommen, ihn ins Wasser geworfen? Hast dann zugesehen, wie die Kreise sich zogen, wie das Wasser in Unruhe geraten war und der Durchblick zum Grund nicht mehr möglich war?

Mit unserer Seele verhält es sich wie mit diesem Bergsee: Ist sie in Ruhe, ist sie gelassen, ist ein Blick bis zum Grund möglich. Dann erkennen wir uns selber, sehen bis in unsere tiefsten Tiefen hinein. Oft lassen wir eine solche Ruhe gar nicht entstehen. Gedanken rasen durch unseren Kopf, wir hasten von einem zum andern, im Innen wie im Aussen und verschliessen so den Blick auf uns selber. Als ob wir uns fürchteten vor dem, was wir da sehen könnten. Tun wir es?

Wieso nicht einmal innehalten, zur Ruhe kommen und dann hinschauen, was sich zeigt? Wer bin ich tief drin? Was wünsche ich mir? Was treibt mich an? Wer will ich sein? Die Antworten warten nur darauf, gesehen zu werden.

25. April

„Denen gegenüber, die mir Böses wollen, laß mich angemessen reagieren, und meine Seele möge gelassen bleiben, was auch geschieht.“ (Babylonischer Talmud)

Es gibt immer wieder Menschen, die dir was Böses wollen. Oft hat das gar nicht so viel mit dir zu tun, sondern mehr mit ihnen selber. Aus einer eigenen Unzufriedenheit heraus agieren sie auf eine Weise, die statt Gutes zu bringen Schlechtes schafft.

Da es leider nicht in unserer Macht liegt, andere Menschen oder die Umstände, in denen wir leben, zu ändern, haben wir nur die Wahl, wie wir darauf reagieren. Wir können uns aufregen, wütend werden, schimpfen hadern, unglücklich sein. Oder aber wir belassen alles da, wo es hingehört, nämlich bei dem anderen Menschen, und konzentrieren uns auf das, was in unserer Macht liegt: Unser eigenes Leben und Verhalten.

24. April

„Begehre nicht, daß die Sachen in der Welt gehen, wie du es willst, sondern wünsche vielmehr, daß alles was geschieht, so geschehe, wie es geschieht, dann wirst du glücklich sein.“ (Epiktet)

Ertappst du dich auch ab und an dabei, zu denken: „Ach, wenn doch nur dies und das anders wäre?“ Und mit welchem Erfolg? Du haderst mit dem, was ist, wünscht dir etwas, das offensichtlich nicht ist. Und fühlst dich dabei alles, nur nicht zufrieden.

Wir können die Umstände nicht ändern, wir können nur bestimmen, wie wir mit ihnen umgehen. Wenn wir das wissen, leuchtet es auch ein, dass der Wunsch, die Umstände könnten anders sein, nicht nur vergeblich, sondern sogar verderblich ist: Er verdirbt unsere Laune.

Wenn also wieder einmal ungünstige Umstände herrschen, frage dich, wie du das beste aus ihnen machen kannst. Und sei dann froh, einen guten Weg gefunden zu haben. Vielleicht stellt sich nicht immer gleich das grosse Glück ein, eine grössere Zufriedenheit aber sicher.

23. April

„Wenn dein Haus in Flammen steht, wärme dich daran.“ (Spanisches Sprichwort)

Es gibt Situationen im Leben, denen lässt sich beim besten Willen nichts Positives abgewinnen. Klar kann man versuchen, zu denken, dass es für etwas gut sein könnte irgendwann, man dies nur noch nicht weiss (und ja, das mag sogar so sein), nur: Hier und jetzt ist es nicht schön und durch nichts schön zu reden.

Nach der ersten Trauer, Frustration, Wut über das, was ist, hilft nur eines: Das Beste daraus machen. Dann gilt es, genau hinzuschauen und zu analysieren: Was ist passiert? Welche Ausmasse nimmt das Schlamassel ein? Was kann ich doch noch tun, um den Schaden zu minimieren, noch etwas zu retten, möglichst heil weiter zu gehen. Und dann gilt es, mit neuem Mut das Leben in die Han zu nehmen.

22. April

„Ahme den Gang der Natur nach. Ihr Geheimnis ist die Geduld.“ (Ralph Waldo Emerson)

Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht, Früchte sind nicht aromatisch, wenn man sie nach zu wenig Sonnentagen erntet und aus unreifen Trauben wird kein süsser Wein. Alles in der Natur braucht seine Zeit. Zwar erheben wir uns immer gerne über die Natur, doch sind wir schlussendlich immer ein Teil davon und ihr damit auch unterworfen.

Wenn wir also wieder einmal von Ungeduld geplagt sind und dringend etwas erreichen wollen, sollten wir uns zuerst fragen, was wir ausgesät haben und ob die Zeit wirklich schon reif ist für die Ernte.

21. April

„Leicht muß man sein:
mit leichtem Herz und leichten Händen,
halten und nehmen, halten und lassen …“ (Hugo von Hofmannsthal)

Als wir Kinder waren, haben wir das Leben spielerisch erkundet. Im Spiel lernten wir uns besser kennen, lernten vieles fürs Leben und lachten dabei. Schiller hatte das im Sinn, als er sagte, dass man nur da ganz Mensch ist, wo man spielt, denn nur im Spiel lässt sich das Menschsein in seiner ganzen Form entfalten, lassen sich Dinge probieren. Im Spiel herrscht eine Leichtigkeit, die uns oft im späteren Leben abhanden gekommen ist. Drum heisst es wohl auch, dass man, wenn man erwachsen wird, in den Ernst des Lebens eintritt.

Mit Blick auf Schillers Satz bedeutet das aber auch, dass wir damit einen Teil unseres Menschseins ablegen. Wozu? Um verbissen irgendwelchen Vorgaben nachzurennen, Erwartungen zu erfüllen und Leistungen zu erbringen? Wie wäre es, einfach mal wieder das Spielerische ins Leben zu lassen, das Leben leichter zu nehmen? Es ist nicht alles so ernst, wie es aussieht und ein wenig mehr Leichtigkeit macht das Leben oft nicht nur erträglicher, sondern auch den Umgang mit schwierigen Situationen leichter. Dann würden vielleicht die verbissenen Mienen aufhellen und ein Lachen ginge durch die Welt.

Im Element

Es zieht der Schwan
in stillen Kreisen
auf dem See
den Lebensweg.

Gar edel bahnt er
seine Reise
stolz erhebt er
seinen Hals.

Der Schönheit Ausdruck
edel, weise
strahlt aus Federn,
Haltung, Pracht.

Doch dann am Land
bleibt bloss ein Watscheln,
unbeholfen
und nicht rund.

Drum: scheint dein Weg
mal harzig, schwierig,
schau genau,
wo du grad bist.

Ein jedes Wesen
braucht sein Umfeld,
denn daneben
läuft es schlecht.

©Sandra Matteotti