Elke Heidenreich: Hier geht’s lang! Mit Büchern von Frauen durchs Leben

Inhalt

«Denn Lektüre und Persönlichkeitsentfaltung bedingen einander, das Lesen durchdringt das Leben.»

Hier geht’s lang! soll keine Literaturgeschichte sein, es ist eine Lebens- und Lese-geschichte. Elke Heidenreich erzählt aus ihrem Leben und stellt die Bücher vor, die sie in den einzelnen Lebensphasen begleitet und geprägt haben. Elke Heidenreich beschränkt sich dabei auf Bücher von Frauen, da diese noch heute im Literaturbetrieb untervertreten sind, und weil es auch Bücher von Frauen waren, die ihr Einblicke in authentische weibliche Lebensentwürfe brachten.

Weitere Betrachtungen

«Mich haben Bücher gerettet, auch wenn sie mir manches gründlich vermasselt haben. (Männer sind übrigens nicht unbedingt begeistert von allzu viel lesenden Frauen. Sie fühlen sich mitunter beunruhigt. Auf den Scheiterhaufen der Inquisition brannten wohl auch deshalb vorwiegend Frauen und Bücher. Diktatoren und Inquisitoren haben instinktiv die potentielle Macht der Lesenden gespürt. Der wahre Leser ist subversiv.»)


Hier geht’s’s lang! ist eine Liebeserklärung ans Lesen, an Bücher. Es ist ein Buch über eine Frau, die als kleines Kind die Liebe zum Lesen entdeckte und sie ihr Leben lang pflegen und leben konnte. Elke Heidenreich erzählt, wie ihr Literatur zur Überlebenshilfe wurde, zu Trost und zur Flucht. Entstanden ist so ein sehr persönliches Buch, ein Buch, das mit viel Tiefe aber auch Witz geschrieben ist und ein Buch, das zum Lesen anregt. Elke Heidenreich gelingt es, im Leser den dringenden Wunsch entstehen zu lassen, all das, was sie mit so viel Hingabe und Liebe vorstellt, selber zu lesen.

«Auch als ich älter wurde, war Literatur das Geländer, an dem ich mich festhielt und das mir Orientierung hab, mich durchs Leben leitete. Als wollte sie mir sagen: Hier geht’s lang.»

Hier geht’s lang! ist eine Lebensbeschreibung den gelesenen Büchern entlang. Als Leser taucht man ein in 70 Jahre Leseerfahrung, erfährt mehr über die Situation der schreibenden Frauen zu verschiedenen Zeiten und darüber, was Elke Heidenreich von ihnen mit in ihr Leben nehmen konnte.

«Weil die Bedeutung weiblicher Literatur und ihr Einfluss auf uns Frauen meiner Meinung nach noch immer unterschätzt wird.»

Obwohl Elke Heidenreich sowohl Bücher von Männern als auch von Frauen liebt und liest, beschränkte sie sich in dem vorliegenden Buch auf Bücher von Frauen. Dies auch, um ein Gegengewicht zum männerdominierten Lesekanon zu bilden, welchen sie während des eigenen Studiums erlebt hat. Darum ist Hier geht’s lang! auch ein wichtiges Buch, denn es legt den Finger auf einen wunden Punkt: Noch heute sind Frauen in der Literatur zu wenig sichtbar, noch heute sind die Literaturlisten an Gymnasien und Universitäten von männlichen Autoren dominiert. Noch heute werden schreibende Frauen oft unterschätzt. Es ist trotzdem kein Buch gegen männliche Autoren, denn, so Elke Heidenreich, wir brauchen einen männlichen und einen weiblichen Blick auf die Welt. Leider ist der weibliche noch sehr vernachlässigt. Dieses Buch kann helfen, Abhilfe zu schaffen, indem es auf diesen Mangel aufmerksam macht.

Persönlicher Bezug
Aufgewachsen in eine Verwandtschaft ohne weitere Kinder, in einem sehr stillen Haushalt, in welchem wenig geredet wurde und wenig passierte, waren Bücher von klein auf meine Zuflucht. Auch ich war ein Kind, das die ganze Bibliothek des Ortes von links oben nach rechts unten durchgelesen hat, ich verschlang alles, was mir in die Hände kam, fand darum in Elke Heidenreichs Büchern viele alte Bekannte wieder. Ich kenne das Gefühl, dass Literatur Flucht und Trost ist, oft auch der einzige Verbündete in einem Leben, in welchem ich mich oft unverstanden fühlte.

Wie schön, mit Elke Heidenreichs Buch etwas in Händen zu haben, das mir zeigt, nicht allein zu sein – einerseits mit der grossen Liebe zu Büchern, mit der Leidenschaft, mich mit Literatur zu beschäftigen, andererseits aber auch mit einem Lebensentwurf, der zu grossen Teilen von Büchern geprägt und begleitet ist.

Fazit
Ein sehr persönliches Buch, bei dem die Liebe und Leidenschaft für Literatur aus allen Seiten tropft. Ein zum Lesen animinierendes Buch und eine Lebensgeschichte, die auch Lesegeschichte ist. Ganz grosse Leseempfehlung.

Autorin
Elke Heidenreich, geboren 1943, lebt in Köln. Sie studierte Germanistik und Theaterwissenschaft und arbeitete bei Hörfunk und Fernsehen. Elke Heidenreich schrieb und redete über Literatur, schrieb des Weiteren Kolumnen, Erzählungen, Kurzgeschichten und Romane. Zuletzt erschien von ihr der Erzählungsband Männer in Kamelhaarmänteln und Hier geht’s lang! Mit Büchern von Frauen durchs Leben.

Ein Interview mit der Autorin: Elke Heidenreich – Nachgefragt

Angaben zum Buch
Herausgeber: ‎ Eisele Verlag; 2. Edition (24. September 2021)
Gebundene Ausgabe: ‎ 192 Seiten
ISBN-13: ‎ 978-3961611201

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6 Kommentare zu „Elke Heidenreich: Hier geht’s lang! Mit Büchern von Frauen durchs Leben

  1. Die Sprache verrät mir etwas.
    „beschränkte sie sich in dem vorliegenden Buch auf Bücher von Frauen“ : Synonyme des Beschränkens sind Beengen, Behindern, Knausern, Knapp halten. Als wäre da ein Verzicht: aufs Männliche, aufs Wesentliche?
    „Es ist trotzdem kein Buch gegen männliche Autoren“: trotzdem, also abweichend von dem, was naheliegend wäre: dass für Frauen gleichbedeutend ist mit gegen Männer.
    Zwei rhetorische 🙂 Fragen:
    Warum bedeutet das Fokussieren aufs Weibliche immer ein Weglassen des Männlichen, als wäre es nicht möglich, sich dem Weiblichen als solchem zu widmen?
    Warum bedeutet das Fokkusieren aufs Weibliche immer ein Ignorieren/Anfeinden des Männlichen, als wäre Aufmerksamkeit ein Nullsummenspiel, in dem alles, was Frauen bekommen, Männern weggenommen wird?
    Meine Vermutung:
    Solange die gezielte Beschäftigung mit dem Weiblichen nicht gleichbedeutend ist mit spezifischem Interesse, sondern immer des rechtfertigenden und entschuldigenden Bezugs auf das Männliche bedarf, sind die Geschlechter nicht auf Augenhöhe.
    LG Michael

    Gefällt 1 Person

    1. Manche Interpretationen haben vielleicht auch mehr mit dem Interpretierenden zu tun als mit dem Schreibenden oder der Materie, über die geschrieben wurde?

      Kommunikation – und es gehört wohl alles in den Bereich – ist sehr vielschichtig. Danke für die Einsichten, die du aus dem Text für dich gewonnen und mit uns geteilt hast.

      LG, Sandra

      Gefällt 2 Personen

      1. Es ist immer beides. Die Interpretation beleuchtet und macht sichtbar: das Interpretierte und den Interpretierenden.
        Das ist ja auch das Spannende an Deinen Gedichtinterpretationen: sie zeigen (auch) was für ein Mensch Du bist.
        Deine Texte generieren Einsichten: danke Dir dafür!
        LG Michael

        Gefällt 1 Person

  2. Ich habe als Knabe auch lieber Bücher gelesen als Fussball gespielt, sehr zur Freude meiner Mutter und mit der stillen Toleranz meines Vaters. Aber ich mag mich nicht erinnern, welche Bücher von einer Frau und welche von einem Mann geschrieben wurden. Nur Titel und Inhalt waren von Interesse. So geht es mir auch heute noch und nur, wenn es um Geschlechterrollen geht, erwacht ein leises Interesse am Thema,. bzw den entsprechenden Büchern. Ob Frauen anders schreiben als Männer? Ich weiss es nicht, aber von beiden gibt es tolle Bücher. Ich wage zu formulieren: Das ist die Hauptsache.
    Vielen Dank für die immer wiederkehrenden Anregungen.

    Gefällt 1 Person

    1. Ich habe mich ja auch nie gross geachtet, ob ein Buch nun von einer Frau oder einem Mann war. Dinge sprachen mich an und ich musste/wollte sie lesen. Erst die Rückbesinnung aus dem Thema heraus, machte mir gewisse Mechanismen bewusst. Das finde ich spannend, möchte aber trotzdem weiter lesen, was mich anspricht.

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