Es heisst Abschied nehmen. Abschiede sind immer auch ein kleiner Tod, vor allem dann, wenn einem etwas/jemand am Herzen liegt. Die Lyrik ist mir wichtig und ich finde – wie es auch der Spruch von Goethe auf meiner Seite sagt – dass ein Tag ein besserer ist, wenn man ein Gedicht liest. Gedichte sind ganze Welten in wenige Zeilen verpackt, Gedichte verbinden, indem sie Gefühle freilegen, mit denen man sich in Verbindung bringen kann. Gedichte sind wertvoll, heilsam, Zeit schenkend, nährend. Leider haben wir das in unserer Zeit viel zu weit aus den Augen verloren. Dem wollte (und will es noch) ich Abhilfe verschaffen. Und ich fiel dabei aus allen Wolken, als ich plötzlich eine Mail vom Wagenbach Verlag in meiner Inbox hatte.
Wenn ich nicht die Gedichte von Erich Fried aus dem Blog lösche, würden rechtliche Schritte eingeleitet (immerhin kam erst die Drohung, nicht gleich die Klage). Es war ein Schlag, ich versuchte, meine Sicht darzulegen, da ich ja nicht eigennützig handelte, sondern durch jede Empfehlung dem Verlag auch gedient sei – es half nichts. Entweder ich zahle für die Rechte oder ich lösche.
Ich trage diesen Blog selber finanziell, so viel Freude manches bereitet (mir und denen, die es lesen), so wenig wird es fremdfinanziert. Deswegen bin ich nicht bereit, für von mir geleistete Arbeit, die durchaus auch Werbung sein kann, noch zu bezahlen. Und so bleibt mir nur der eine Schritt:
Ich habe alle Gedichte gelöscht, die Texte belassen. Die Texte sind meine, die Gedichte muss man nun leider anderswo suchen. Es wird auf meiner Seite aber keine Gedichte von Erich Fried mehr geben. Und drum heisst es also nun Abschied nehmen. Ich mochte seine Gedichte sehr, ich fand ihn als Person spannend, ich mochte die Auseinandersetzung mit beiden. Fortan werde ich mich auf andere Lyriker konzentrieren.
Das ist zum Glück nicht nur Verlust, sondern auch Freude. Ich spielte in den letzten Tagen schon oft mit dem Gedanken, mich auf wenige zu konzentrieren. Das erlaubt mir, mehr in die Tiefe zu gehen. Daneben möchte ich aber den offenen Blick auf die Lyrik behalten, immer wieder zum Lesen derselben anregen und hoffen, es schwappt ein wenig der Leidenschaft über.
Erich Fried wurde zu Lebzeiten der «Stören-Fried» genannt, weil er ein unbequemer Charakter war. Nun bin ich offenbar zu einem ebensolchen im rechtlichen Getriebe der Verlagsanstalt geworden. Mea culpa.
Wenig(er) dafür mehr Tiefe.
Man fragt sich, vielmehr frage ich mich, einmal mehr nach Sinn und Verstand, was die Reaktion des Verlages angeht; gleichermaßen bestärkt es (mich), ihnen ganz Independent, fernzubleiben.
Liebe Sandra,
wie eingangs geschrieben, nochmals bestärkt, sofern du das überhaupt brauchst. The own way is the only one, we have to go.
Liebe Grüße
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Ganz lieben Dank. Ja, es ist schlicht Unverständnis und ich finde es schade – der Sache wegen.
Ich denke wie du: Eigene Wege gehen. Und ich konzentriere mich halt nun auf andere (die mir schon seit langem generell sehr am Herzen liegen, insofern ist es ein Gewinn). Fried fand ich grossartig, ich hätte gerne „mit ihm weiter gearbeitet“ – aber nicht zu diesem Preis.
Liebe Grüsse zu dir
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Ich kann mir eigentlich kaum vorstellen, dass dieses Handeln des Verlags im Sinne von Erich Fried gewesen wäre.
Schade!
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Sehe ich genauso. Er hätte wohl nicht wie ich klein beigegeben – der Stören-Fried, der er war. Ihm wünsche ich andernorts viele begeisterte Leser, die hat er mehr als verdient.
Aber ja: Es ist schade.
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So viel zum freien Geist. Kleingeister verpacken Großgeister hinter Mauern der Borniertheit und Gier. Armes Land der Dichter und Denker, abgelöst vom Rechtsverdreher und Mammon. Das tut mir Leid für dich – ein Faustschlag wider die Freiheit 😥.
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Weisst du, ich verstehe, wenn man Urheberrechte schützen will. Nur finde ich das hier wirklich schade – gerade für den Dichter. Ich weiss, dass einige durch meine Texte Bücher kauften, die vorher mit Lyrik nichts am Hut hatten. Nochmals schade.
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Natürlich sollen die Urheberrechte geschützt sein, wer will schon ohne Honorar arbeiten? Doch die Grenze bei den Hobbydichtenden zu setzten entspringt irgendwie den deutschen Zwangscharakter – das ist so, als wolle man ein Streichholz mit der Feuerwehr löschen – völlig überzogen. Aber gut, die Betonköpfe in den Verlagen haben diese kostenfreie Marketingnische eben noch nicht realisiert. Das kommt noch – irgendwann…
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