Der Tod als Chance fürs Leben

Wenn man mir einen Tag schenken würde, ich einfach tun könnte, was mir am Herzen liegt, ich danach sterben würde. Was täte ich? Ich stiess heute beim Schauen eines Films auf die Frage und überlegte. Und ja, vielleicht täte ich nicht mal wirklich etwas anderes, als ich es aktuell immer tue. Ich möchte die Zeit mit meinen liebsten Menschen verbringen, möchte lachen, essen, geniesen. Ich möchte lesen, diskutieren, fotografieren, den Sonnenuntergang anschauen. Möchte tanzen, Musik hören, auf meiner Gitarre spielen. Und ja, das sind keine spektakulären Dinge, es sind die kleinen Freuden des Alltags, für die ich dankbar bin, sie erleben zu dürfen. Weil sie mir genau so entsprechen. Aber es gab andere Zeiten in meinem Leben.

Ich steckte und stellte zurück, versuchte zu genügen, zu erfüllen, eigene und fremde Erwartungen. Ich war gefangen in einem Hamsterrad, Sklave eines eigenen Perfektionismus, dem ich nie entsprechen konnte. Die Messlatte war hoch. Zu hoch. Wenn ich was tat, musste es zu was gut sein. Kürzlich kaufte ich mir eine Gitarre und übe nun. Nur zur eigenen Freude. Was für eine Befreiung. Das würde ich an meinem letzten Tag auch tun wollen.

Aber es geht nicht nur mir so. Wie oft hörte ich schon in meinem Umfeld: „Wenn ich…. dann werde ich….Kaum einer hat es getan. Die einen sind gestorben, anderen entsprachen die so lange gehegten und erzählten Träume doch nicht wirklich.

Wenn man etwas wirklich will, von tief innen heraus, gibt es wohl nur eine richtige Zeit, sich den Traum zu erfüllen: Jetzt. Damit sage ich nicht, dass alles immer und überall möglich ist, die Frage ist bei vielem aber auch, wieso man davon träumt. Sind es wirklich tiefe Wünsche oder eher Phantasien, um etwas zu entkommen, das im Leben grad schwer ist?

Wieso träumen wir unsere Träume? Was steckt dahinter? Wirkliche Wünsche oder sind sie ein Zeichen für etwas in unserem Leben, das nicht passt? Wenn es wirkliche Wünsche sind, was hält uns ab, sie zu verwirklichen? Und: Hält uns wirklich was ab oder haben wir insgeheim doch Angst, weil sie Neues in unser Leben brächten, wie gewohnte Pfade verlassen müssten?

Wenn ich morgen sterben würde, wie lebte ich den heutigen Tag? Wir können viel vom Tod lernen, allem voran, wie wir leben wollen. Es heisst, die Angst vor dem Tod sei die grösste Angst überhaupt, sie stehe hinter allen anderen Ängsten, aber eigentlich ist der Tod auch ein Geschenk: Er zeigt, dass die Zeit hier auf Erden kostbar ist. Wenn wir ihn nicht verdrängen würden, so im Stil von „mir passiert das nicht“, würden wir bewusster mit der Zeit umgehen, die wir haben.

Noch ist es nicht zu spät. Wir alle können uns die Frage stellen, was wir an unserem letzten Tag tun würden. Und wir können es jetzt schon tun. Vielleicht nicht heute, aber sicher morgen oder am Wochenende. Oft gehört dazu auch, hinzuschauen, wovor wir Angst haben, denn ganz oft ist die Angst es, die uns im Wege steht, heute schon so zu leben, wie wir es tief drin gerne würden. Wir müssen nicht erst den Tod vor Augen haben, um unser Leben nach unseren Wünschen zu gestalten, wir müssen den Mut haben, es in die eigene Hand zu nehmen und herauszufinden, was wir wirklich wollen.

Was würdest du tun, wäre dies heute dein letzter Tag? Wann tust du es?

7 Kommentare zu „Der Tod als Chance fürs Leben

  1. Wir sollten uns viel öfter dem Jetzt widmen. Was vergangen ist, können wir ohnehin nicht ändern (ich finde mich in vielen Dingen in deinen Zeilen wieder), wir können nur die Lehren daraus ziehen und uns bemühen, uns selbst viel wichtiger zu nehmen .
    Auf das Leben!

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  2. Ja, ich würde meinen letzten Tag auch ganz unspektakulär, und möglichst zufrieden begehen, mit dem, was vorher war. Ich setze mich seit einiger Zeit sehr viel mit dem Thema auseinander und möchte im kommenden Jahr eine Ausbildung zum Sterbebegleiter machen. Auch auss all den Gründen, die du in deinem Artikel auffühst, Sandra.

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    1. Damit habe ich mich auch mal befasst – eine spannende, schöne, wichtige und sinnerfüllte Aufgabe. Ich wünsche dir für deine Ausbildung alles Gute und auch für die Umsetzung des dann Gelernten.

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  3. Es ist gut sich hin und wieder bewusst zu machen das unsere Lebenszeit begrenzt ist. Ich könnte garnicht alle Dinge die ich noch tun will in einen Tag unterbringen. Wenn ich nicht jetzt step by step anfange meiner wirklichen Bestimmung zu folgen artet mein letzter Tag noch in Stress aus 😉😎 Und es stimmt Angst ist eine große Hürde die oft im Weg steht.

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