Theodor Storm (1817 – 1888)
Im Volkston
1
Als ich dich kaum gesehn,
Musst es mein Herz gestehn,
Ich könnt’ dir nimmermehr
Vorübergehn.
Fällt nun der Sternenschein
Nachts in mein Kämmerlein,
Lieg’ ich und schlafe nicht
Und denke dein.
Ist doch die Seele mein
So ganz geworden dein,
Zittert in deiner Hand,
Tu’ ihr kein Leid!
2
Einen Brief soll ich schreiben
Meinem Schatz in der Fern’;
Sie hat mich gebeten,
Sie hätt’s gar zu gern.
Da lauf’ ich zum Krämer,
Kauf Tint’ und Papier
Und schneid’ mir ein’ Feder,
Und sitz’ nun dahier.
Als wir noch mitsammen
Uns lustig gemacht,
Da haben wir nimmer
An’s Schreiben gedacht.
Was hilft mir nun Feder
Und Tint’ und Papier!
Und weißt, die Gedanken
Sind allzeit bei dir.
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Projekt „Lyrische Helfer“ – Ein Gedicht, wenn man liebt oder sich sehnt