
Sibylle Berg wurde 1962 in Weimar geboren. Nach einer Ausbildung als Puppenspielerin stellte sie 1984 erfolgreich einen Ausreiseantrag und zog in die damalige BRD. Nach diversen Jobs begann sie zu schreiben, war aber mit ihren ersten Versuchen unzufrieden. Erst Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot reichte sie bei Verlagen ein und stiess bei Reclam auf offene Ohren. Sibylle Berg schreibt Romane, Theaterstücke, Essays und Kolumnen (u.a. für NZZ und Spiegel Online). 2008 wurde sie mit dem Wolfgang Koeppen-Preis ausgezeichnet. Sibylle Berg wohnt heute in Zürich. Unter anderem von ihr erschienen sind Das unerfreuliche zuerst – Herrengeschichten (2001), Ende gut (2004), Die Fahrt (Roman, 2007), Der Mann schläft (2009), Vielen Dank für das Leben (2012).
Ich freue mich sehr, dass sich Sibylle Berg spontan bereit erklärt hat, mir ein paar Fragen zu beantworten. Sie tat dies auf ihre ganz eigene Art, durchdacht, authentisch, mit einer Prise Ironie, ab und an überraschend:
„Vielen Dank für das Leben“ ist ein sehr düsteres Buch und es handelt von der „schlechtesten aller Welten“. Was macht diese Welt so schlecht?
Es ist eigentlich positiv gedacht. Toto zeigt auf, wie man trotz all dem Furchtbaren, das einem Menschen im Leben passiert – und es passiert jedem –,sei es Verlust, Krankheit, Angst, etc., trotzdem glücklich sein kann.
Die Welt ist immer gleich schlecht, weil sie von Menschen bewohnt wird, die einerseits grossartig sein können, aber auch sehr gierig, bösartig, usw. Da sie ja vermutlich Zeitungen lesen, muss ich Ihnen das nicht erzählen.
Toto wird als Menschenwesen beschrieben, welches in keine Schublade passt, weder in Bezug auf sein/ihr Geschlecht noch in Bezug auf sein/ihr Verhalten. Was verbindet sie mit Toto?
Mich? Nichts, ausser einigen Haltungen und die Sicht auf die Welt.
Beim Lesen dieses Buches war ich oft entsetzt über all die Düsterheit und wusste doch, es steckt viel Wahres drin. Ist es nicht ab und an deprimierend, so genau hinzuschauen und auch noch drüber zu schreiben?
Nein, es macht mich nicht unglücklicher, als wenn ich nicht darüber schreiben würde.
Ist Sibylle Berg im Leben auch so düster oder ist die Welt des Schreibens der Gegenpol zu einem heiteren Gemüt?
Wenn sie unter düster hinsehen verstehen, dann ja. Als langweilige Person bin ich meist sehr zufrieden.
Goethe sagte, alles Schreiben sei autobiographisch. Wie viel Sibylle Berg steckt in diesem Buch? Woher nehmen sie ihre Ideen, wenn nicht aus ihrem Leben?
Ich nehme sie aus dem Leben, aber nicht unbedingt aus meiner Phantasie oder meinem eigenen Erlebten. Ich reise sehr viel, sehe sehr viel, beobachte, lese – und ich bin alt. Da bekommt man schon ein wenig vom Zustand der Welt mit.
Wie sieht ihr Schreibprozess aus? Wo und wann schreiben Sie? Planen und recherchieren sie vorgängig oder schreiben sie drauf los?
Ich habe eine Überschrift, ein Feld dass ich untersuchen will. Dann lese ich sehr viel Theoretisches dazu, Sachbücher, reise mitunter; und dann schreibe ich jeden Tag ab 8 bis 18 Uhr.
Hat ein Schriftsteller je Feierabend oder Urlaub oder sind sie immer auf Empfang? Wie schalten Sie ab?
Sehr selten, weil es ein schlecht bezahlter Beruf ist. Ich habe vielleicht 2 Wochen im Jahr, in denen ich nicht arbeiten muss.
Was muss ein Buch haben, dass es Sie anspricht? Gibt es Bücher/Schriftsteller, die Sie speziell mögen?
Ich komme nicht mehr zum lesen.
Klaus Pohl ist im Moment einer meiner Lieblinge.
Wenn Sie sich mit 3 Worten beschreiben müssten, welche wären das?
albern, freundlich, niedlich
Ich bedanke mich herzlich für dieses Interview.
2 Kommentare zu „Sibylle Berg – Nachgefragt“