David Wagner – Nachgefragt

DWagnerDavid Wagner wurde 1971 geboren und wuchs im Rheinland auf. Er studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft sowie Kunstgeschichte in Bonn, Paris und Berlin. Nach Aufenthalten in Rom, Barcelona und Mexico-Stadt lebt er heute als freier Schriftsteller in Berlin. David Wagner wurde für sein Schreiben bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter der Walter-Serner-Preis, der Dedalus-Preis für Neue Literatur und der Georg-K.-Glaser-Preis. Von ihm erschienen sind unter anderem Meine nachtblaue Hose (2000), Was alles fehlt – zwölf Geschichten (2002), Vier Äpfel (2009), Welche Farbe hat Berlin (2011), Leben (2013). Für sein letztes Werk, Leben, erhielt David Wagner den Preis der Leipziger Buchmesse.

Ich habe bei David Wagner nachgefragt, wie ich mir seinen Schreibprozess vorstellen muss und was ihn zu seinem Buch Leben bewegt hat:

„Leben“ ist eine autobiographische Geschichte, die eine schwierige Zeit Ihres Lebens beschreibt. Was hat Sie dazu bewegt, diese Geschichte zu erzählen?

Ich wollte sie selbst verstehen. Ich wollte dieses wundersame Ereignis Transplantation verstehen. Mir selbst erklären – und das ist mir zu einem Roman geworden, das Erzählen hat sich verselbständigt.

 

Die grösste Angst des Menschen, sagt man, ist die vor dem Tod. Sie haben Todessehnsüchte und fehlenden Lebenssinn beschrieben – Was war schlimmer als die Todesangst?

 Ach, ich glaube oft ist die Angst vor dem Leben viel größer als die vor dem Tod. Tot zu sein ist ja ganz einfach, zu leben ist kompliziert. Man könnte ja so viel tun und machen und anstellen – oder auch gar nichts machen.

 

Wie sind Ihre Erfahrungen nach diesem Buch? Sind die Reaktionen auf sie anders als vorher? Ist die Krankheit zentraler geworden?

Das Buch ist ja noch sehr frisch. Ich bekomme viele interessante Reaktionen, Betroffene schreiben mir, eine Frau, die auf eine Herztransplantation wartet schrieb mir. Vorher? Was war vorher? Ich, die Privatperson spreche ja nicht über meine Krankheit oder mich als Patient. Das Sprechen über Krankheit habe ich ja an die literarische Figur Herr W. ausgelagert. So komme ich zurecht.

 

Goethe sagte, alles Schreiben sei autobiographisch. Woher, wenn nicht aus der eigenen Lebensgeschichte, nehmen sie sonst ihre Inspiration, ihre Ideen?

Goethe hat einfach recht. Bleibt nur zu sagen, ich schreibe auch über all das, was ich sehe, ich bin Phänomenologe. Aber alles, was ich sehe, ist ja auch in meiner Lebensgeschichte, oder? Also…

Wie sieht ihr Schreibprozess aus? Wo und wann schreiben Sie? Planen und recherchieren sie vorgängig oder schreiben sie drauf los?

Beides. Ich plane und schreibe drauf los. Und schmeiße alles weg, verwerfe die Pläne, schreibe neu, verwerfe wieder alles. Immer geht es darum, einen Ton zu finden. Einen Klang, eine Sprache. Ohne den Ton wird es keine gute Erzählung. Recherche immer – aber man muß dann fast alles Recherchiertes auch wieder wegwerfen können, streichen. Faktenverfettete Texte lesen sich ja nicht so schön, oder?

 

Hat ein Schriftsteller je Feierabend oder Urlaub oder sind sie immer auf Empfang? Wie schalten Sie ab?

Nein. Leider nein. Manchmal schalte ich trotzdem ab. Habe dann aber ein schlechtes Gewissen.

 

Was muss ein Buch haben, dass es Sie anspricht? Gibt es Bücher/Schriftsteller, die Sie speziell mögen?

Es muß gut sein! Ha! Wenn ich bloß wüßte, was ein Buch gut bzw. sehr gut macht! Dann hätte ich bisher nur gute Bücher geschrieben…

Na, ich glaube, es muß ehrlich sein.  Die Prosa, die Sprache muß echt und unverstellt sein. Ich muß der Stimme glauben können.

Wenn Sie sich mit 3 Worten beschreiben müssten, welche wären das?

Wenn ich das könnte, wäre ich wohl Haiku-Dichter und weniger Roman-Autor, oder? Und hätte ich mich mit drei Wörtern beschrieben, wäre ich dann nicht arbeitslos? Hätte ich mich dann nicht ausgeschrieben? Werde mich also hüten, mich mit drei Wörtern zu er-schreiben.

 

Ich möchte mich herzlich bei David Wagner bedanken für diese Einblicke in sein Schreiben, für seine offenen & humorvollen Antworten. Ich habe mich sehr über dieses Interview gefreut!

 

2 Kommentare zu „David Wagner – Nachgefragt

    1. Danke dir! Ich mag die Kategorie auch sehr gerne, finde es schön, so ein paar Dinge von den Autoren der Bücher zu erfahren, die ich lese und rezensiere.

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