Ich hebe mein Glas auf Thomas Mann

Heute kommt es zu einer der schwersten Glaserhebungen überhaupt. Er hat Geburtstag. Der Schriftsteller, dessen Leben ich über Monate quasi mitgelebt habe. Ich habe seine Musik gehört, mit seinen Zipperlein gelitten, seine Schreibmüdigkeiten und -freuden ich nachempfunden. Ich habe alles von ihm (bis auf ein Werk) und unglaublich viel über ihn gelesen, gehört, gesehen. Man könnte es Liebe nennen. Er ist hinlänglich bekannt. Nur schon meine Regale sind gut mit ihm gefüllt, aber da wäre noch so viel mehr. Und so dachte ich, ich schreibe ein paar Dinge über meine Beziehung zu ihm, statt einfach seine Biografie aufzuschreiben:

1.    Ich liebe Bücher, behandle sie (ausser den Notizen und Markierungen) sehr sorgfältig. Es gab ein Buch, das ich völlig entnervt in die Ecke pfefferte – nur um ihm besorgt nachzurennen und zu schauen, ob es noch heil ist. Es war. 

2.    Ich ertrage es nicht, wenn ich etwas Negatives über ihn lese. Oft ist es so unfair, wie ich finde. Dann gehe ich sofort in den Verteidigungsmodus über.

3.    Als ein Professor mal meinte, man müsse in einem seiner Bücher nicht alles lesen, es sei etwas ausschweifend und könne überblättert werden, war ich empört. Ich habe die Passagen damals dann doch überblättert. 

4.    Ich lief mit einem seiner Werke als Hörbuch auf den Ohren durch halb Chicago. Deswegen erinnert mich der Roman, der eigentlich für eine deutsche Stadt steht, heute noch an Chicago.  

5.    Manchmal denke ich, noch mehr als seine grossartige Literatur fasziniert mich seine Person. 

6.    Ich verdanke ihm den wohl wundervollsten Schreibprozess einer Masterarbeit, den ich mir vorstellen könnte. Und das Gefühl, was Leidenschaft fürs Schreiben ist.

7.    Mein liebstes Werk von ihm wird kaum je genannt, wenn es um seine Bücher geht. 

Heute würde Thomas Mann 149 Jahre alt. Ich hebe mein Glas auf ihn!


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9 Kommentare zu „Ich hebe mein Glas auf Thomas Mann

    1. Es ist „Königliche Hoheit“ – gefolgt von „Lotte in Weimar“. Beides nicht seine „grossen Werke“, aber mir die liebsten. Ich finde, in ihnen kommt Thomas Manns Humor so schön zum Tragen. Die kleinen, feinen Beschreibungen, ich finde sie herrlich. Liebe Grüsse zu dir

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  1. danke für diese sehr persönliche Hommage! Ich bin zwar weit weniger Thomas-Mann-belesen, doch auch für mich ist er der wunderbarste Erzähler in deutscher Sprache. Joseph und seine Brüder ist für mich ein tiefer Brunnen, aus dem ich oft geschöpft habe. Und Der Zauberberg hat mich, als ich 18jährig mit Tbc niederlag, gerettet. Liebe Grüße zum Festtag!

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        1. Nachdem es so oft genannt wurde als Lieblingsbuch, habe ich es nun bestellt. Und versuche es wohl auch mit den Etappen. Auch weil die dahinterliegende Thematik mich sehr interessiert. Und ich habe richtig Lust auf wieder mehr Thomas Mann… nur die Zeit, die Zeit…

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