Hans Brinkmann (*1956)
Rummel*
Wir machen den ganzen Rummel mit.
Jeden Tag sind wir hier.
Riesenräder überrollen uns,
auf den Karussells drehen wir durch.
Wie die Schweine und Kleeblätter
haben wir meist kein Glück. Die Schiessbuden
laden uns ein, aufeinander zu feuern,
ehe wir in die Bierzelte laufen,
wo unsre Köpfe im Schaum verschwinden.
Lachend stehen die Rittmeister
an den Kassen der Hippodrome.
Pass doch auf, Junge, wo du hintrittst!
Wie du dich wunderst, lassen sie dich
dafür bezahlen. Nichts ist umsonst.
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Projekt „Lyrische Helfer“ – Ein Gedicht, wie man das Leben angehen kann
Das Leben als Rummelplatz, manchmal dreht man im Kreis, manchmal hofft man auf Glück, doch das bleibt aus. Man stösst auf Menschen, die einem nicht wohlgesonnen sind, tritt anderen auf die Füsse – und am Schluss kriegen wir die Rechnung, da nichts umsonst ist. Alles ein einziges Trübsal? Nein! Das Gute liegt im Detail. Wir haben nur meist kein Glück, sprich: ab und an haben wir welches. Der Rittmeister lacht, wir können mit ihm lachen, statt über alles zu klagen, nur weil es grad nicht rund läuft. Wir müssen auch nicht auf andere feuern, wir sind nur dazu eingeladen. Es bleibt unsre Wahl, ob wir es tun – nur wenn, dürfen wir uns nicht wundern, wenn andere zurückschiessen. Es bleibt unsere Wahl, wie wir das Leben sehen. Jede Sicht hat ihren Preis, unsere Entscheidung bleibt, was die Währung ist.
*zit. nach „Alle Tage ein Gedicht“, Aufbau Verlag