Literarisches: Kochen kann gefährlich sein

«Müssten die nicht einen Hauch kleiner sein und nicht so grob?»

Thomas schaut mir argwöhnisch über die Schulter, während ich die Kartoffeln schneide für die von ihm gewünschten Bratkartoffeln. Er ist zwar selbst kein Koch vor dem Herrn, das Kochen überlässt er lieber mir, doch wie man es machen müsste, das weiss er genau.

«Mach es doch selbst, wenn du es besser kannst.»

Mehr fällt mir dazu nicht ein, doch das war offensichtlich das Falsche, denn sogleich kommt zurück:

«Nun sei doch nicht gleich beleidigt. Man wird ja wohl noch fragen dürfen.»

Ich zerteile die vorgeschnittenen Kartoffeln in kleinste Würfelchen, damit der Herr tunlichst nicht seine Zähne bemühen muss beim Essen. Er ist zufrieden mit dem Werk. Dass ich über Stunden nach dem Rezept für «die besten Bratkartoffeln der Welt» gesucht habe, verschweige ich und grummle innerlich. Banause. Ignorant. Besserwisser. Lehrer halt.

«Siehst du, so ist es doch viel besser.»

«Ja, Herr Lehrer», platzt es aus mir heraus, und spöttisch hinterher: «Ohne dich wäre ich völlig aufgeschmissen.»

«Wir wollen es mal nicht übertreiben, aber: Es geht in die Richtung.»

Mein Blick fällt kurz auf das Messer, mit dem ich vorher meine Zerhackarbeit gemacht habe, doch ich besinne mich: Das wäre dann doch etwas grob. Schweigend essen wir.

«Ich hatte die anders in Erinnerung. Knuspriger. Frittiert.»

«Dann wären es Pommes Risolées.»

«Ach ja, die habe ich gemeint. Die wollte ich eigentlich.»

«Dann hättest du das sagen müssen.»

«Das war doch eigentlich klar.»

Ich überlege kurz, ob ich das Messer nicht doch nochmals einsetzen sollte? Ich entscheide mich dagegen, denn: Wer würde mir dann noch die Welt erklären?

***

Christine hat mal wieder eine Schreibeinladung verschickt, ich bin ihr gefolgt. Die Geschichte ist das Resultat. Die Regeln dazu lauteten: Drei Begriffe in maximal 300 Wörtern, die Wortspende kommt dieses Mal von Gerhard und seinem Blog Kopf und Gestalt: Lehrer, grob, hauchen


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10 Kommentare zu „Literarisches: Kochen kann gefährlich sein

    1. Ach je, ich wusste, dass ich auch jetzt wieder einen Fehler mache. Das war mal der Grund, wieso ich aufhörte mit den Etüden… dieses Mal hoffte ich, nun sei alles gut, ich hatte im Hinterkopf, dass früher mal Abwandlungen des Wortes möglich waren. Dann entschuldige ich mich natürlich und verspreche hoch und heilig, es nicht mehr zu machen. Und vielleicht muss ich das mit den Etüden doch lassen, denn ich scheine es nicht zu packen, in den Rahmen zu passen.

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  1. Deine Protagonistin schaut mir zu viel in Richtung Messer 😉. Hör mal, wenn der IMMER so ist, dann tut sie mir wirklich leid, der merkt ja nix 😒 Und da mir spontan ein Beispiel dafür eingefallen ist, glaube ich, dass es solche Typen öfter gibt. Gruselig.
    Aber wie schön, dass du wieder mal mitschreiben magst, jetzt noch und nicht erst im November! Ich freue mich sehr und hoffe, du hattest so viel Vergnügen dabei, dass es noch ein paar Etüden mehr werden. Vielen Dank!
    Morgenkaffeegrüße 🌧️🍃🍂☕🍪

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