Als ich ein Kind war, sagte mir mein Vater einmal:
«Du taugst nicht zum Glücklichsein.»
Und ja, die Schwere lastete mehrheitlich auf mir. Wenn ich in meine Kindheit zurückdenke, fallen mir wenige unbeschwerte Momente ein. Aus späteren Jahren zum Glück einige mehr, sonst würde das hier nun eine Trauergeschichte, was schlecht zum Titel passen würde.
Kürzlich sass ich in wunderbarer Begleitung und ausgelassener Stimmung in meinem Lieblingslokal und plötzlich durchzuckte es mich:
«Ich bin glücklich.»
Das Glück ist eine schwierige Sache, da so schwer fassbar. Man kann es nicht einfangen und schon gar nicht bewahren. Man ist ihm ausgeliefert, denn es kommt und geht nach eigenem Gesetz. Es hilft nur eines: Bereit sein, damit es offene Türen einrennt, wenn es kommt. Ich war es wohl und es trat ein. Meine wunderbare Begleitung meinte, ich müsse auch mal über das Glück schreiben, nicht nur über das Schwere. Natürlich war mein erster Impuls der des Widerspruchs. Ich schreibe nicht nur vom Schweren, da ist auch viel Leichtes, Schönes, Gutes drin.
Aber ja. Ich bin Melancholiker. Mindestens. Das Schwere ist präsent. Mittlerweile – wohl auch durch die Milde des Alters – gemässigt. Es hilft wohl, dass das Leben es plötzlich gut mit mir meint. Weil da so viel Schönes ist. Weil ich das Glück habe, meine Leidenschaft leben zu können. Dafür bin ich dankbar. Tag für Tag. Dankbarkeit half mir durch die dunkelsten Zeiten meines Lebens, sie ist auch in den hellen ein Geschenk.
Und dann war da also dieser Glücksmoment. An einem normalen Abend, einfach da. Und vielleicht ist es genau das, was das Leben lebenswert macht: Die kleinen Momente sehen, die gut sind. Sich ihnen ausliefern. Sie geniessen. Im Wissen, es gibt auch andere. Aber im Moment ist alles gut. Alles ist gut.
Und das ist Glück.
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Danke sehr! ❤️ Dieser Text könnte auch von mir sein. Also sind wir zumindest schon mal zwei mit ähnlichen Gedanken und Lebenseinstellung. Momentanen Lebenseinstellung – muss ich betonen, denn es gab auch andere, dunklere Zeiten in meinem Leben.
Herzliche Grüße
Rosa
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Liebe Rosa
Ja, in den dunklen Zeiten (die ich auch gut kenne) fällt es schwer, so zu denken. Aber es wäre wohl gerade dann (als Verstandesleistung) hilfreich, sich darauf zu besinnen. Vielleicht könnte man sich so am eigenen Schopf ein wenig aus dem Dunkel ans Licht heben. Nicht gleich, aber vielleicht immer schneller.
Herzliche Grüsse
Sandra
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Das scheint zwar unmöglich zu sein, aber allein schon das Wissen im Hinterkopf – es ist nicht immer so schlimm, die Glücksmomente gibt es auch und sie kommen wieder – macht es ein wenig leichter. 😊
Eine schöne neue Woche wünsche ich dir.
Rosa
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Auch dir eine schöne Woche!
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