«Unter den Gütern, welche die Weisheit sich für dauerndes Lebensglück zu verschaffen versteht, ist der Besitz der Freundschaft bei weitem das grösste.» Epikur
Gestern hatte ich einen Tag, der ganz im Zeichen der Freundschaft stand. Am Nachmittag traf ich eine Freundin, die mir in kurzer Zeit ans Herz gewachsen ist, bei der ein gegenseitiges Vertrauen besteht, das (auch) einer verblüffenden Ähnlichkeit des Denkens, Fühlens, bisherigen Lebens geschuldet ist. Wir redeten über vieles, stiessen in die Tiefen unserer Gefühle, und fühlten uns gegenseitig immer verstanden in unserem Sein. Es fühlte sich an, wie schon Aristoteles Freundschaft definiert hat: Als sässe da eine Seele in zwei Körpern, als wäre sie mein „alter ego“, mein zweites Ich. Ich spürte eine grosse Dankbarkeit, eine solche Freundschaft erleben zu dürfen.
Am Abend sassen wir mit Freunden bei uns auf der Terrasse und die Gespräche flossen mal humorvoll, mal ernst, gingen mal tief, berührten Schwachstellen und Freudenmomente, und wieder war es da, dieses Gefühl des Vertrauens, des Vertrautseins, die Dankbarkeit über dieses wertvolle Geschenk, das Freundschaft im Leben ist. Ich konnte Epikur nur zustimmen, wenn er sagte, dass Freundschaft das grösste Gut für dauerndes Lebensglück sei.
Freunde sind die Menschen, die da sind, wenn man sie braucht, und man das genauso sein kann für sie. Nur schon das Wissen um ihr Dasein gibt dem Leben einen Reichtum, ein Glück, erfüllen mit Dankbarkeit. Um es nochmals mit Epikur zu sagen:
«Wir brauchen die Freunde nicht, um sie zu brauchen, sondern um des Glaubens zu leben, dass wir sie brauchen dürfen.»
Was dabei vielleicht zu schnell vergessen geht: Freunde sind nicht selbstverständlich. Freundschaft – wie Liebe – bedarf der Pflege. Wie schön ist es, die Dankbarkeit, die man dem Freund verdankt, einfach mal auszusprechen – ein Geschenk für beide. Die damit geoffenbarte Verbundenheit erfüllt den Moment mit so viel Glück, dass man die ganze Welt umarmen möchte. Man fängt dann wohl mit dem Teil der Welt an, der vor einem steht und diese um so viel schöner macht: Dem Freund.
Was bedeutet euch Freundschaft?
Ungefähr eine Handvoll solcher Freunde, wie Du sie oben beschrieben hast, kann ich auch aufzählen. Eine Bereicherung im Leben eines jeden – eine Kostbarkeit. In Zeiten der Unsicherheit, der politisch geschürten Angst durch den näher rückenden Krieg und die dadurch ausgelöste wirtschaftliche Not ist ein jeder froh, echte Freunde zu haben.
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Ja, sie sind ein Geschenk, die guten Freunde. Glücklich, wer einer sein darf und auf solche bauen kann.
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Epikur sagt: «Unter den Gütern, welche die Weisheit sich für dauerndes Lebensglück zu verschaffen versteht, ist der Besitz der Freundschaft bei weitem das grösste.»
Auch ein Epikur erzählt manchmal Unsinn. Er redet von Gütern, wenn er von Freundschaft spricht und von Besitz. 😉
Besitz ist etwas Starres, mit ihm kann man weitgehend nach Gutdünken verfahren.
Mit den Beziehungen ist das etwas anders: Sie unterliegen permanenten Wandlungen (ob wir diese wahrnehmen oder nicht), denn die meisten Menschen entwickeln sich. Sie bleiben nicht die Selben. Macht ein Part in einer Beziehung einen Reifesprung, ist nicht gesagt, daß der oder die andere auch einen macht. Ob in der Ehe, in der Familie oder in der Freundschaft: Die Beziehung verändert sich.
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Epikur: „…welche die Weisheit sich … zu verschaffen versteht“
Weisheit „verschafft“ sich nichts.
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Epikur: „…für dauerndes Lebensglück“
„Dauerndes Lebensglück“ ― was soll das denn sein? Wer solches kennt, bitte mal melden. 😎
Es war garantiert nicht die Weisheit, die ihn diesen Satz eingeflüstert hatte, sondern wohl eher… sein Wunschdenken.
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Sandra´s Frage: „Was bedeutet euch Freundschaft?“
Für mich sind die Brüder „Freundschaft“ und „Feindschaft“ künstliche Einengungen.
Der gereifte Mensch
ist ein freier Mensch.
Freie Menschen entziehen sich jeder Einengung, engen selber niemanden ein, sind offen für Begegnungen und sich der Flüchtigkeit von jeder Art von Beziehung bewußt ― auch wenn manche sogar ein Leben überdauern. Sie wissen, daß sie den Fortbestand nicht in der Hand haben und daß selbst Treue-Schwüre hier nichts nützen.
Wenn etwas zu Ende gehen soll, geht es zu Ende.
Was auf der Erde von Dauer sein kann, sind bloß der Wunsch und die Illusion von Dauer, denn in Wirklichkeit kann niemand zweimal in denselben Bach steigen.
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Gerade eben kam dies in meinem eMail-Kasten an:
Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
von einem Herzen zum andern;
Doch wo es keine Mauer gibt,
wo soll dann eine Türe sein?
― Rumi
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Wunderbares Zitat von Rumi, danke dafür!
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Sandra: „Wunderbares Zitat von Rumi“
Ja, die Mauern sind nicht natürlichen Ursprungs, wir denken sie uns aus und ziehen Grenzen zwischen Mensch und Mensch. Wir grenzen uns ab. Es beginnt ganz harmlos, zum Beispiel mit einer Freundschaft.
In Wirklichkeit gibt es keine Grenzen und keine Mauern ― auch keine zwischen Freunden und Feinden. Wir bilden sie uns bloß ein.
Die Liebe kennt keine Mauern.
Dir eine gute Nacht.
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Epikur sagt: «Wir brauchen die Freunde nicht, um sie zu brauchen, sondern um des Glaubens zu leben, dass wir sie brauchen dürfen.»
„brauchen, brauchen, brauchen…“
Es sind eher ungesunde Beziehungen, in denen das „brauchen“ einen solchen Platz einnimmt und die Idee vorherrscht, jemand (z.B. ein Freund) sei ein Mittel, das man brauchen könnte.
Unter dem Aspekt der Reife gesehen, handelt es sich hier um die untersten Stufen der Geistigen Reife.
Für Babys und Kleinkinder ist es normal, daß sie unentwegt brauchen. Das paßt zu ihrer Reifestufe. Sie brauchen Essen, Unterhaltung, Liebe, Aufmerksamkeit, Wohlwollen, Anerkennung und wollen auf ihre Weise gesehen werden.
Die Erwachsenen-Reife zeichnet sich u. a. dadurch aus, daß sich das Verhältnis von BRAUCHEN und GEBEN Richtung Geben verlagert.
Es läuft etwas schief, wenn wir als Erwachsene im „brauchen“ verharren.
Wer einen liebevollen Umgang mit seinen Mitmenschen
lebt, reduziert sie nicht zum Mittel für seine Zwecke.
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Epikur: «Wir brauchen die Freunde … dass wir sie brauchen dürfen.»
Nein, wir „dürfen“ kein Wesen derart reduzieren!
ERWARTEN wir in einer bestimmten Situation von jemandem ein bestimmtes Verhalten, sprechen wir ihm seine FREIHEIT ab. Ob Freund, Nachbar oder Fremder… Wir sollten in der Lage sein, auf unseren Wunsch (ohne Groll) auch ein „nein“ zu akzeptieren.
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Einen köstlichen
Sonntags-Kaffee
wünscht Nirmalo
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