Tagesgedanken: Nähe und Distanz

«Schön, ist es auf der Welt zu sein, sagt der Igel zu dem Stachelschwein.»

Wie ist der Mensch? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, ziehen Philosophen gerne den Vergleich mit Tieren herbei. Schopenhauer bemühte das Stachelschwein. Wenn es kalt wird, suchen Stachelschweine die gegenseitige Nähe, sie rotten sich zusammen. Irgendwann fangen die Stacheln zu sehr an zu pieken und sie gehen wieder auf Distanz. Dieses Spiel von Nähe und Distanz gebe es nun, so Schopenhauer, auch beim Menschen.

Nun weiss man, dass ein Mensch ohne andere Menschen nicht existieren kann. Babys, die ohne Berührung aufwachsen, sterben. Es braucht also eine gewisse Nähe. Und doch kann es auch zuviel werden. Herauszufinden, wer wann wieviel braucht, ist wohl eine Gratwanderung. Während die einen lieber von Ferne auf ihre Mitmenschen schauen mit kurzen Begegnungen dann und wann, sitzen die anderen am liebsten rund um die Uhr zusammen, um nur dann und wann eine kurze Auszeit zu suchen. Die meisten sind wohl irgendwo in der Mitte der beiden Extrempositionen.

Interessant ist es, die eigenen Bedürfnisse zu analysieren. Brauche ich viel Nähe? Bin ich lieber auf Distanz? Was bedeutet Distanz? Einsamkeit? Einfach keine Berührungen? Was Nähe? Örtliche? Geistige? Und was passiert, wenn zu viel Nähe da ist? Was passiert, wenn ich «die Stacheln ausfahre»? Was geht in mir vor und wie äussert es sich nach aussen?  Es gibt in dieser Frage (wie in den meisten dieser Art) kein richtig oder falsch. Wichtig ist es aber, sich und die eigenen Bedürfnisse zu kennen, vor allem auch im Umgang mit anderen Menschen, da Beziehungen oder Freundschaften zwischen völlig unterschiedlichen Typen wohl sehr schwierig auszuhalten sind – für beide.

5 Kommentare zu „Tagesgedanken: Nähe und Distanz

  1. „Wer viel eigene, innere Wärme hat bleibt lieber aus der Gesellschaft weg, um keine Beschwerde zu geben, noch zu empfangen.”

    – Arthur Schopenhauer

    Es gilt halt, die Balance zu finden zwischen Alleinsein und Gesellschaft.
    Hier die Sicht eines Rainer Maria Rilke auf Beziehung und Alleinsein:

    „In einer guten Ehe ernennt einer den andern zum Beschützer seines Alleinseins.“

    – Rainer Maria Rilke

    “Ein Miteinander zweier Menschen ist eine Unmöglichkeit und, wo es doch vorhanden scheint, eine Beschränkung, eine gegenseitige Übereinkunft, welchen einen Teil oder beide Teile ihrer vollsten Freiheit und Entwicklung beraubt. Aber, das Bewusstsein vorausgesetzt, dass auch zwischen den nächsten Menschen unendliche Fernen bestehen bleiben, kann ihnen ein wundervolles Nebeneinanderwohnen erwachsen, wenn es ihnen gelingt, die Weite zwischen sich zu lieben, die ihnen die Möglichkeit gibt, einander immer in ganzer Gestalt und vor einem großen Himmel zu sehen.”

    – Rainer Maria Rilke

    Ob in Gesellschaft oder allein:
    Einen zauberhaften Tag
    wünscht Nirmalo

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        1. Hallo Christiane,
          du vermutest richtig:

          Die beiden Zitate des Herrn Rilke stammen aus einem Brief an den Emanuel von Bodman (Westerwede bei Bremen, am 17. Aug. 1901).

          Herbstliche Abendgrüße
          von Nirmalo

          Gefällt 1 Person

        2. Hallo Nirmalo, hallo Sandra, WP informiert mich, dass es eine Antwort auf meinen Kommentar gibt, aber ich sehe hier nichts.
          Wie dem auch immer sei, Nirmalo, herzlichen Dank für die Auskunft! 👍

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