Ein Eigenbrötler ist er gewesen, ein Schweiger, einer, der seinen Weg ging, unabhängig und ohne Förderung, ein Demokrat und ein Oppositioneller. Und ein Dichter von Rang und Namen – zumindest zu Lebzeiten. Doch von Anfang an:
Ludwig Uhland fiel in der Schule durch seine sprachliche Begabung auf, in der Mathematik konnte man davon nicht sprechen. Er entschied sich danach auch zuerst für ein Studium der Philologie, wechselte später zur Juristerei, welche er fleissig betrieb. Daneben begann er zu dichten, dies oft auf Wanderungen mit Dichterfreunden, welche zusammen die Schwäbische Dichterschule bildeten. Dass aus solchem naturverbundenen Tun keine progressiven oder gesellschaftskritischen Gedichte entstehen, liegt quasi auf der Hand. Heinrich Heine liess es sich denn auch nicht nehmen, polemisch gegen die Gruppe zu schreiben.
An einem heiteren Morgen
O blaue Luft nach trüben Tagen,
Wie kannst du stillen meine Klagen?
Wer nur am Regen krank gewesen,
Der mag durch Sonnenschein genesen.
O blaue Luft nach trüben Tagen,
Doch stillst du meine bittern Klagen!
Du glänzest Ahnung mir zum Herzen:
Wie himmlisch Freude labt nach Schmerzen.
Man kann sich förmlich vorstellen, wie die Wandersleute quasi «im Frühtau zu Berge» ziehen.
Uhland führte sein Jurastudium bis zur Promotion und arbeitete danach als privater Anwalt, liess sich in die Politik wählen, belegte verschiedene öffentliche Stellen, mehrheitlich allerdings ohne Entgelt, weswegen diese selten von Dauer waren. Sein privates Interesse schien aber bei der Philologie zu liegen, forschte er doch im Gebiet weiter, unternahm auch Forschungsreisen zur Sichtung von Schriften und Quellmaterial.
Frühlingsglaube
Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muß sich alles, alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden.
Dieses ist wohl das bekannteste Gedicht Uhlands, es entstand im Jahr 1812. In ihm zeigt sich wieder Uhlands bevorzugte Themenwahl, die Natur (neben dem Mittelalter, mit dem er sich ja auch in seiner Forschung beschäftigte). Ebenfalls typisch ist dieses Gedicht in seiner Art der Darstellung, welche weder schwärmerisch noch pathetisch wirkt, sondern klar die Gegebenheiten beschreibt und in der Form an Volkslieder anknüpft (ein weiteres Forschungsfeld Uhlands).
Abendwolken
Wolken seh ich abendwärts
Ganz in reinste Glut getaucht,
Wolken ganz in Licht zerhaucht,
Die so schwül gedunkelt hatten.
Ja! mir sagt mein ahnend Herz:
Einst noch werden, ob auch spät,
Wann die Sonne niedergeht,
Mir verklärt der Seele Schatten.
Während Ludwig Uhland seine literarischen Forschungen weitertrieb, später sogar Professor für deutsche Sprache und Literatur wurde, versiegte sein eigenes literarisches Schaffen schon früh. Die meisten seiner Gedichte entstanden zwischen 1805 und 1815. Was er aber geschrieben hatte, sicherte ihm den Ruf des Volksdichters, dessen Werke in jedem Haushalt zu finden waren. Zu Lebzeiten wurde sein Name in einem Atemzug mit Goethe und Schiller genannt. Dass er heute eher vergessen ist, tut seinem Werk Unrecht.
Ein Abend
Als wäre nichts geschehen, wird es stille,
Die Glocken hallen aus, die Lieder enden.
Und leichter ward mir in der Tränen Fülle,
Seit sie versenket war von frommen Händen.
Als noch im Hause lag die bleiche Hülle,
Da wußt ich nicht, wohin nach ihr mich wenden;
Sie schien mir, heimatlos, mit Klaggebärde
Zu schweben zwischen Himmel hin und Erde.
Die Abendsonne strahlt‘, ich saß im Kühlen
Und blickte tief ins lichte Grün der Matten;
Mir dünkte bald, zwei Kinder säh ich spielen,
So blühend, wie einst wir geblühet hatten.
Da sank die Sonne, graue Schleier fielen,
Die Bilder fliehn, die Erde liegt im Schatten;
Ich blick empor, und hoch in Äthers Auen
Ist Abendrot und all mein Glück zu schauen.