Den Mut haben, sich dem eigenen Leiden zu stellen

„Erinnere dich daran, dass das, was dich wie an unsichtbaren Fäden hin- und herzieht, in deinem Innern verborgen ist.“ (Marc Aurel)

Ist es dir auch schon mal passiert, dass du auf etwas reagiert und dich im Nachhinein gefragt hast: „Was hat mich da geritten?“ Dann fallen dir spontan mehrere Möglichkeiten einer besseren Reaktion ein – alles Möglichkeiten, die du nicht gewählt hast, weil du aus dem hohlen Bauch heraus, ohne innezuhalten oder nachzudenken, spontan reagiert hast.

Was also hat dich geritten? Tief in unserem Unbewussten schlummern unterdrückte Gefühle, verdrängte Erfahrungen, ignorierte Emotionen. Wir haben etwas erlebt, das schmerzhaft oder unerfreulich war, haben beschlossen, das aus unserem Bewusstsein zu verbannen, weil wir nicht mehr weiter leiden wollten. Wir haben es verdrängt. Nur: Alles, was wir verdrängen, ist nicht einfach weg. Es tobt fortan in unserem Unterbewusstsein weiter. Und es kommt just dann wieder hervor, wenn etwas passiert, das in irgendeiner Weise Ähnlichkeiten hat mit dem, was wir verdrängen. So passiert es, dass wir in aktuellen Situationen nicht auf das reagieren, was wirklich ist, sondern darauf, was wir in die Situation hineinlesen aufgrund vergangener Erfahrungen.

Mögen Gefühle, Emotionen und Erfahrungen auch noch so schmerzvoll sein: Es bringt nichts, sie zu verdrängen, weil wir sie auf diese Weise nicht los werden. Im Gegenteil: Sie bringen von da, wo sie sind, nur noch viel mehr Leid und Schmerz, da sie uns immer wieder neu in Situationen bringen, in denen wir das nochmals erleben, was wir eigentlich verdrängen wollten. Erst wenn wir uns dem Ganzen stellen, wenn wir hinschauen, analysieren, akzeptieren und verarbeiten, können wir frei werden davon. Nicht immer ein einfacher Weg, schon gar nicht der des geringsten Widerstandes, aber einer, der auf mittel- und langfristige Sicht Heilung und Wachstum mit sich bringt. Nur wenn wir uns bewusst sind, was in uns vorgeht, nur wenn wir genau hinschauen, können wir auf Situationen reagieren, wie sie sind, anstatt immer wieder in alte Muster zu verfallen und von neuem zu leiden.

3 Kommentare zu „Den Mut haben, sich dem eigenen Leiden zu stellen

  1. Du sprichst genau das an was mich gerade beschäftigt. In vielen deiner letzten Beiträgen. Mir geht es wesentlich besser. Ich habe meditiert. Nach der Meditation, die ich 4 Jahre lang praktiziert habe, hatte ich eine Innenansicht. Da gab es Erfahrungen in meinem Leben, lange her, mit denen ich so nicht einverstanden bin. Ich konnte mich durch die Meditation wieder daran erinnern. Ich habe diese Erfahrungen mit einer Vertrauensperson besprochen. Seitdem geht es mir sehr viel besser. 20 Jahre lang wusste ich nicht was mit mir los ist. Nun ist der Grund gefunden und wurde schlicht besprochen. Problem gelöst. 4 Jahre hat es gedauert. LG.

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    1. Meditation ist eine schöne Methode, sich und den eigenen Besonerheiten auf die Spur zu kommen. Ich denke, das mag ein Grund sein, wieso sich viele auch davor drücken – nicht immer sind die Erkenntnisse einfach. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass Innenschau und Bewusstsein darüber, was da vor sich geht, helfen, im Leben selber besser, weil bewusster zu reagieren. Liebe Grüsse, Sandra

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