
Wie würde eine kurze Biographie von Ihnen aussehen?
Geschlüpft in Schaffhausen, den gestalterischen Vorkurs besucht an der F+F in Zürich, studiert an der HSLU in Luzern, lebt und arbeitet in Hamburg.
Kooni ist nicht dein Taufname – wie und wieso kamst du auf den Namen und ist das nur deine Künstleridentität oder bist du auch privat Kooni?
Ich habe unter Kooni, einer Ableitung des Spitznamens meines Großvaters, in meiner Jugend Streetart gemacht. Mittlerweile nennen mich aber alle so.

Waren Sie das Kind, das immer und überall mit Zeichenstiften bewaffnet auftrat?
Zeichnen hat schon eine große Rolle gespielt, ja, aber ich habe mich viel draußen rumgetrieben, die Stifte waren eher Waffen gegen langweilige Schulstunden oder Regentage.
Sind Sie heute immer mit einem Skizzenbuch unterwegs, um auch vom Leben zu zeichnen, oder dienen Ihnen diese nur zu Studienzwecken/Skizzen für Illustrationen?
Tatsächlich habe ich das Skizzenbuch immer dabei, ich halte spontane Einfälle fest oder überbrücke langweilige Wartezeiten. Das Skizzenbuch ist mein Fundus, mein Sammelbecken, daraus entsteht alles.
Wie sah Ihr Weg in die Illustration aus?
Mein Vater hat mir ein kleines leeres Buch geschenkt, als ich 4 Jahre alt war, ich habs aufgeschlagen und angefangen zu zeichnen. Ich muss auch gestehen, ich habe nie wieder besser gezeichnet als in dieses erste Skizzenbuch, absoluter Karrierehöhepunkt.
Ist eine Ausbildung zum Illustratoren unabdinglich, hilfreich, unnötig?
Der größte Pluspunkt meines Studiums war und ist das riesige Netzwerk an Menschen, von dem ich wahrscheinlich das ganze Leben lang profitieren werde. Außerdem ist es für kreative Menschen sicher auch nicht schlecht, nach einer langen Schullaufbahn, die auf Standartberufe ausgelegt ist, unter Gleichgesinnten zu sein und für Fähigkeiten, die bis anhin als unwichtig abgestempelt wurden, ernstgenommen zu werden.
Techniken, Verfahren und sonstiges Wissen kann man sich aber gut selber erarbeiten.
Ich hörte mal die Aussage, Talent gebe es nicht, Können von Willen, Ehrgeiz, Ausdauer, Schweiss und Tränen. Wie sehen Sie das? Alles Talent oder kann man Zeichnen/Illustrieren lernen?
Ich glaube nicht so sehr an Talent und bin auch kein Fan von dieser Schweiß-Tränen-Leiden-Nummer. Klar, ein Mensch hat bestimmt gewisse Veranlagungen, aber gerade Zeichnen ist Übungssache. Ich zeichne seit ich denken kann, klar bin ich da gut drin, das wäre jeder andere Mensch auch. Und zu Schweiß und Tränen: Ich zeichne besser, wenn ich Spaß habe, als wenn ich mich wochenlang selbstgeißele für ein Projekt.
Was macht einen guten Illustratoren aus?
Ich finde, dass Illustrator*Innen einen neuen Blickwinkel aufzeigen sollten, bei einem Bilderbuch zum Beispiel nicht einfach das zeichnen, was der Text sagt, sondern eine neue Ebene einbauen, einen zusätzlichen Witz erzählen, eine Nebengeschichte zum Text aufmachen, den Betrachtern etwas zutrauen. Zudem flashen mich ganz persönlich Illustrator*Innen, die bei ihren Figuren eine große Diversität in der Mimik haben.
Haben Sie Lieblingsmedien (welche?) oder passen Sie diese immer den jeweiligen Ideen an?
Ich experimentiere immer wieder gerne mit neuen Techniken, aber hauptsächlich arbeite ich analog mit Tusche oder Bleistift und mache die Nachbearbeitung in Photoshop, die Layouts im InDesign.
Ihre Illustrationen sind mehrheitlich sehr linear, Farben setzen sie sparsam ein. Was bedeutet Ihnen Farbe?
Die komplette Überforderung, ich habe keine Ahnung davon.
Sie arbeiten hauptsächlich im Bereich Editorial, Cover und Plakate – wieso kam es dazu? Reizt Sie das mehr als zum Beispiel Buchillustrationen?
Ich bin eine spontane Zeichnerin, ich sitze nicht gerne monatelang an einem Projekt und mache 1000 Skizzen vor der Reinzeichnung, darum passe ich gut in die schnelllebige Medienlandschaft. Die Aufträge aus der Kulturszene kommen, weil ich mich da auch gerne bewege, ich mag Konzerte, gute Restaurants und Bars, die Clubkultur… Ein ewiges Rätsel, das mich immer reizt, ist: Wie visualisiere ich Musik? Wie zeichne ich die Klänge unterschiedlicher Instrumente, wie zeichne ich Bass, Rausch, Sphäre?
Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Vor 11:00 passiert nichts Brauchbares, außer ich finde in meinem Posteingang einen wichtigen Spontanauftrag. Aber normalerweise beantworte ich im Bett E-Mails und reagiere auf kleine Korrekturwünsche. Danach ein Blick in den Kalender und auf die To-Do-Liste. Ich beginne mit dem dringendsten Projekt, dazu hör ich Podcasts. Ich arbeite gerne in die Nacht hinein, um 1:00 – 2:30 ist meine Konzentration am höchsten. 1-2 Tage die Woche arbeite ich als Ausgleich in einem Café.

Ich hörte mal, der grösste Feind des Künstlers sei nicht mangelndes Talent, sondern die Störung durch andere Menschen. Brauchen Sie zum Arbeiten Stille und Einsamkeit, oder stören Sie andere Menschen nicht?
Wenn ich im Ungleichgewicht oder von einem Projekt nicht überzeugt bin, nervt mich selbst das kleinste Geräusch. Dann versuche ich, mich mit Noise Cancelling Kopfhörern oder in einer ungestörten Nachtschicht zu konzentrieren. Im Grunde bin ich aber ein extrovertierter Mensch, ich brauche meine Leute um mich herum. Die Illustration ist schon eher ein einsamer Beruf, darum setze ich mich auch gerne mal in den Flur meiner großen WG oder in ein überfülltes Café. Ich glaube, da braucht man einfach für jeden Tagesbedarf eine Strategie.
Woher holen Sie Ihre Inspirationen/Ideen?
Alltagssituationen, Internet, Museen, ein Thema während der Arbeit im Café tagelang zerdenken oder ohne nachzudenken stundenlang im Flow zeichnen.
Können Sie Ihren Weg von der ersten Idee bis hin zum fertigen Bild beschreiben?
Manchmal hat man in der ersten Sekunde die richtige Idee, manchmal braucht man dafür tagelang, das ist unterschiedlich. Wenn ne Idee dann aber da ist, habe ich das Endprodukt schon ziemlich klar vor Augen. Ich zeichne nicht vor, ich arbeite direkt mit Tusche, lasse Fehler stehen und korrigiere danach am Computer, so spare ich Zeit.
Wenn sie an Ihre vergangenen Arbeiten denken: Gibt es ein Projekt, das Ihnen besonders am Herzen liegt? Wenn ja: Welches, und wieso?
Das Plakat und der visuelle Auftritt für das Schaffhauser Jazzfestival. Als die Organisator*innen für 2018 anfragten, hab ich mich riesig gefreut, denn das stand schon ewig lange auf meiner Traumauftragsliste. Ich habe im Projekt alte Konzepte weiterentwickelt, eine neue Sprache gefunden, auch aus heutiger Sicht stimmt da noch immer alles.
Wenn Sie ein Traumprojekt beschreiben könnten: Was würden Sie gerne illustrieren?
Ich würde gerne noch mehr Aufträge in den Themenbereichen machen, die mich auch als Mensch privat beschäftigen, z.B. für Seenotrettung-NGO’s, feministische Organisationen, Klimaschutz, …
Wie erleben Sie das Klima unter Illustratoren? Ist jeder ein potentieller Konkurrent, den man meidet, oder ein Kollege im selben Arbeitsumfeld, mit dem man sich gerne austauscht?
Ich habe, das Studium miteingerechnet, noch nie Rivalität erlebt, es ist eher das Gegenteil: es werden sich Aufträge zugespielt, Illustrator*innen mit passenderem Stil empfohlen, gegenseitig um Rat gefragt bei Unsicherheiten…
Haben die elektronischen Medien den Beruf schwerer gemacht oder beflügelt?
Ich denke nicht, dass sich ein Medium so einfach in gut oder schlecht kategorisieren lässt. Die elektronischen Medien gehören zu unserer Zeit, mit allen Vor- und Nachteilen.
Was raten Sie jemandem, der Illustrator werden will?
Ein gut gepflegtes Portfolio im Internet und/oder ein Instagram Account. Charme und ein lockeres Mundwerk, um Leute, für die man gerne arbeiten würde, vollzusabbeln. Sich bei den Themen Urheberrecht und Nutzungsrecht schlau machen.
Die Bereitschaft, dass man mit unregelmäßigem Einkommen auskommen und sich um Rente, Steuern, Krankenkasse und den ganzen Kram selber kümmern muss. Sich nicht verrückt machen, wenn man mal einen Monat gar nicht zeichnen kann. Ich nenne das Input-Phasen, in der Zeit einfach neue Eindrücke sammeln, Museen besuchen, Dokus schauen, Neues kennenlernen.
Und am Anfang ist ein regelmäßiger Job, der öffentlich zu sehen ist, das Allerbeste, selbst wenn der Lohn lausig ist. Also das Veranstaltungsprogramm für ein Club oder Theater, was dann Monat für Monat in der ganzen Stadt hängt, eine wechselnde Speisekarte für ein Restaurant, eine Illustration in einer Wochenzeitung und sei es nur ein Inserat für eine Firma, irgendwie sowas. Beste Werbung!
Welchen Illustrator soll ich hier noch vorstellen?
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Wer mehr von Kooni sehen will, findet ihr Portfolio HIER
Auch auf Instagram hat sie ein Profil: HIER