Friedrich Dürrenmatt (1921 – 1990)

Ich glaube, dass alles Wichtige, alles Entscheidende sich auf die Jugend zurückführt. Dies ist keine Erkenntnis, die ich – etwa von der Psychoanalyse – übernommen, sondern eine Erfahrung, die ich selber gemacht habe, indem ich über meine Werke, meine Ideen, meine Arbeit nachdachte.[1]

durrenmattFriedrich Reinhold Dürrenmatt kam am 5. Januar 1921 als erstes Kind eines reformierten Pfarrers und dessen Frau in Stalden im Emmental (Schweiz) zur Welt. So viel Verständnis der bibeltreue Vater für seine Schäfchen hatte, so wenig brachte er für die Interessen seines Sohnes auf, zumal sich dieser auch nicht wie ein artiger Pfarrerssohn aufführte, sondern in der Schule eher durch aufmüpfiges Verhalten denn durch gute Noten brillierte. Trotz (oder gerade wegen?) der Konflikte, die nicht ausblieben, prägten die ländliche Idylle des Emmentals und die patriarchalischen Strukturen am Familientisch Friedrich Dürrenmatt und dessen Werk Zeit seines Lebens.

Mein Leben begann in einer gespenstischen Idylle, und diese Idylle empfand ich als labyrinthisch.[2]

1941 legte Dürrenmatt die Matur knapp genügend ab und war froh, die von ihm selber als wohl übelste Zeit seines Lebens bezeichnete Etappe auf seinem Weg hinter sich zu haben.

durrenmatt2Dürrenmatt hat schon früh zu zeichnen und zu malen begonnen, überlegte sogar eine Weile, eine Ausbildung als Kunstmaler zu machen, entschied sich dann aber für das Studium der Philosophie, Naturwissenschaften und Germanistik. Das Malen und Zeichnen gab er aber nie auf, sondern verlegte es auf die Nächte. Auch illustrierte er einige seiner Werke später selber.

Wer nun denkt, aus dem eher lernfaulen Schüler sei ein pflichtbewusster Student geworden, täuscht sich. Dürrenmatt selber bezeichnete sich als „verbummelten Studenten“[3]. Schon während des Studiums entstanden erste Texte. 1946 beendete er sein Studium, verzichtete auf eine eigentlich geplante Dissertation über Søren Kierkegaard und beschloss, Schriftsteller zu werden. Noch im selben Jahr heiratete er auch die Schauspielerin Lotti Geissler, mit welcher er nach Basel, später an den Bielersee zog. Dort entstand auch sein Roman Der Richter und sein Henker. In den ersten Jahren seiner Schriftstellerkarriere waren Friedrich Dürrenmatt und seine fünfköpfige Familie (es waren über die Jahre drei Kinder zur Welt gekommen) trotz verschiedener Romane, Erzählungen und Bühnenstücke nicht auf Rosen gebettet. Dies änderte erst, als Dürrenmatt Aufträge für Hörspiele erhielt.

1952 zog die Familie Dürrenmatt nach Neuenburg. In der Folge durfte der fleissige Schriftsteller verschiedene Erfolge mit seinen Bühnenstücken feiern, erhielt1954 den Literaturpreis der Stadt Bern, sowie 1957 einen Hörspielpreis, um nur einige zu nennen. Neben all seinen literarischen Werken brachte sich Dürrenmatt immer wieder auch politisch ein. In verschiedenen Essays, Vorträgen und Reden bezog er direkt und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, Stellung zur politischen Lage der Welt.

Ein grosser Schicksalsschlag für Friedrich Dürrenmatt war der Tod seiner Frau Lotti am 16. Januar 1983. Zum Glück erholte er sich davon und heiratete 1984 Charlotte Kerr, mit welcher er den Film Porträt eines Planeten sowie das Theaterstück Rollenspiele herausbrachte. Friedrich Dürrenmatt starb am 14. Dezember 1990 in Neuchâtel. Er war 69 Jahre alt, als sein Herz versagte.

Das Werk

Friedrich Dürrenmatt hinterlässt ein sehr vielfältiges Werk aus Erzählungen, Romanen (auch Kriminalromanen) und Theaterstücken. Viele seiner Bücher wurden als Hörspiele vertont. Ein Leitthema seiner Stücke ist – Friedrich Dürrenmatt sagte es selber im oben erwähnten Zitat – das erlebte Labyrinth seiner Kindheit und Jugend. Dies wird vor allem in seinem Theaterstück Der Besuch der alten Dame deutlich: Eine zur Milliardärin gewordene ehemalige Bewohnerin eines kleinen Dorfes kehrt zurück. Statt das verarmte Dorf mit Geld zu segnen, will sie sich für ihr erlittenes Unrecht rächen. Mit viel Witz und Scharfblick entwickelt Dürrenmatt die Geschichte um die „alte Dame“, zwei Zutaten, die in keinem seiner Werke fehlen.

Friedrich Dürrenmatt verstand es in seinem literarischen Werk immer wieder, die menschlichen Befindlichkeiten, die gesellschaftlichen Zwänge und Urteile offenzulegen, ohne zu sehr psychologisierend zu wirken. Fast beiläufig entwickelt er in einer einfachen und leicht lesbaren Sprache seine Geschichten, zieht den Leser hinein und entlässt ihn am Ende um viele Erfahrungen und Einblicke reicher.

Bekannte Werke Dürrenmatts

Romane

  • Der Richter und sein Henker (1951)
  • Der Verdacht )1953)
  • Grieche sucht Griechin (1955)
  • Die Panne (1956)

Theaterstücke

  • Der Besuch der alten Dame (1956)
  • Die Physiker (1962)
  • Der Meteor (1966)

Dies nur einige einer langen Liste.

Wer mehr über den Menschen Friedrich Dürrenmatt erfahren möchte, dem sei der Film Dürrenmatt – Eine Liebesgeschichte von Sabine Gisiger empfohlen.

______________________

[1] Friedrich Dürrenmatt: Gespräch mit Heinz Ludwig Arnold, Zürich 1976, S. 9
[2] ebd., S. 11
[3] Friedrich Dürrenmatt: Philosophie und Naturwissenschaft, Band 18, der Werkausgabe, Zürich 1980, S. 9

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