Ich war vor vielen Jahren einen Monat lang in Chicago, da in Unikreisen. Die Redewendung, die mir am meisten auffiel, war: Make new friends. Auf jedem Aushang stand es, jeder, der dich traf und dich zu irgendwas einladen wollte, sagte es. „Make new friends“ schien sowas wie das oberste Gebot, das, was man machen soll, will und wozu man ganz viele Gelegenheiten geboten kriegt.
Ich bin schon lange zurück in der beschaulichen Schweiz, der Schweizer hat es eher nicht so mit neuen Freunden, er ist skeptisch, zurückhalten, wenig outgoing und schon gar nicht aufgeschlossen Fremden gegenüber (was ich oft bedaure). Aber: Zum Glück gibt es Facebook. Da kann man viele neue Freunde finden und die nicht nur vor der Haustür, sondern auf der ganzen Welt. Da ich vielseitig interessiert und sehr kommunikativ bin, bleibt es nicht aus, dass ich doch einige Freunde auf Facebook habe. Täglich kommen auch neue Anfragen hinzu, die ich mehrheitlich annehme, ausser….
Immer wieder kriege ich Anfragen von Menschen, die meine Sprache nicht sprechen. Da ich fast ausschliesslich auf Deutsch schreibe, frage ich mich, was die bei mir gefunden haben, ausser die Aussicht auf eine Nummer mehr in der Freundesliste. Wenn sie sogar nur mit Zeichen schreiben, die ich nicht mal lesen kann, vermehren sich die Fragezeichen in meinem Kopf.
Was mich aber auch immer wieder erstaunt, ist, mit welcher Ignoranz sogenannte Freunde für ihre Seiten werben. Wenn mich jemand für eine Seite begeistern will, die Fleischesser an den Pranger stellt, hat er sich wohl noch nie damit beschäftigt, wer ich wirklich bin und was ich mag (ein Blick in meine Fotos würde ausreichen). Auch interessiert mich Ortspolitik in Ostdeutschland nicht und der Immobilienmarkt irgendwo in der deutschen Pampa ist auch nicht meins.
Bin ich zu fordernd, wenn ich denke, Facebook sei eine Kommunikationsplattform? Von einer solchen erwarte ich, dass man miteinander spricht. Und ich tue das nach bestem Wissen und Gewissen (und klar den zeitlichen Möglichkeiten). Klar kennt man nicht alles von allen, aber so ein bisschen? Ist Facebook nur ein Spiegel der Gesellschaft, in der sich auch kaum mehr wer interessiert, wer du wirklich bist, sondern nur, wozu er dich brauchen kann? Der moderne Strich in der Bettkante quasi?
… besser als ne Kerbe im Revolverlauf! Aber das ist ja mittlerweile in den SoMe auch gang und gäbe, zumindest mit dem verbalen Revolver!
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Ja, ist nicht mehr, was es mal war.. oder was ich dachte, dass es sei?
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Nicht einmal mich interessieren Immobilien in der Provinz oder Ortspolitik im wilden Osten, aber Euch hätte ich nicht ohne FB kennen gelernt, deshalb war es eine gute Entscheidung, obwohl ich ständig Politiker gut finden soll, sich jede Woche Afrikaner mit mir befreunden möchten. Es ist ein buntes Karusell, welches ab und zu grelle Lichter produziert, manchmal schön und manchmal benötigt man eine Sonnenbrille 😉
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„… wozu er dich brauchen kann? “
Gut gesprochen!
was ist eigentlich „Der moderne Strich in der Bettkante“ Nie gehört.
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Der Strich an der Bettkante ist das Festhalten der Trophäensammler. Sie notieren mit jedem Strich, dass sie wieder eine haben. Der Zähler bei FB scheint ab und an gleich zu funktionieren.
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Ich bin ein bisschen naiv…naja, ist auch nicht schlimm.
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