Leben
Georg Philipp Friedrich Freiherr von Hardenberg, wie Novalis mit richtigem Namen heisst, wird am 2. Mai 1772 auf Schloss Oberwiederstedt (ehemaliges Rittergut in Wiederstedt, Sachsen-Anhalt) in ein altes niederdeutsches Adelsgeschlecht hineingeboren. Auf den anfänglichen Unterricht durch Hauslehrer folgt der Besuch der Prima des Gymnasiums Eisleben, ein Jahr unter der Obhut seines Onkels Friedrich Wilhelm Freiherr von Hardenberg auf dem Gutsholm in Lucklum und 1790 der Beginn des Jurastudiums in Jena. Im Zuge seines Studiums besucht Novalis 1791 Schillers Geschichtsvorlesung, zu dem während dessen Krankheitszeit ein enger Kontakt entsteht. Weitere Bekanntschaften dieser Zeit sind Johann Wolfgang von Goethe, Johann Gottfried Herder und Jean Paul sowie eine enge Freundschaft mit Ludwig Tieck, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und den Brüdern Friedrich und August Wilhelm Schlegel.
1794 schliesst Novalis sein Jurastudium mit bestem Examen ab und arbeitet zuerst als Aktuarius bei dem Kreisamtmann Coelestin August Jest. Er lernt die junge Sophie von Kühn kennen und verlobt sich an ihrem 13. Geburtstag 1795 mit ihr. Die Verlobung wird allerdings wieder aufgelöst. Die Jahre 1795/96 stehen im Zeichen der Naturwissenschaften, Novalis nimmt sein Studium an der Bergakademie in Freiberg auf und befasst sich mit Mathematik, Chemie, Bergwerkskunde, Grubenarbeit – ein Bildungsweg, der Tradition in seiner Familie besitzt.
1798 erscheinen erste literarische Fragmente unter dem Titel Blüthenstaub im Athenaeum (Zeitschrift von Friedrich Schlegel). Dabei benutzt er auch zum ersten Mal sein Pseudonym Novalis (der Name geht auf einen uralten Beinamen in der Familie zurück). Es folgt eine zweite Verlobung, dieses Mal mit der Tochter des Berghauptmanns und Freiberger Professors Johann Friedrich Willhelm von Charpentier, mit Julie von Charpentier. Novalis arbeitet ab 1799 in der Salinendirektion und wird im Dezember desselben Jahres in die Direktion derselben berufen. Der nächste Schritt in Novalis’ Lebenslauf ist 1800 die Ernennung zum Supernumerar-Amtshauptmann im Thüringischen Kreis (vergleichbar mit dem heutigen Landrat). Novalis stirbt am 25. März 1801 an einem Blutsturz. Er litt schon seit 1800 an einer Lungenkrankheit, vermutlich hatte er sich bei Schiller angesteckt.
Werk und Wirkung
Novalis gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Frühromantik. Er beginnt schon früh zu schreiben und kann dabei auf ein umfassendes Wissen in den Bereichen Naturwissenschaften, Recht, Philosophie, Politik und Wirtschaft zurückgreifen. Sein Beruf sowie die jeweiligen Themen, denen er sich zuwendet, inspirieren ihn in seinem Schreiben, er reflektiert es in seinen Schriften und bildet Zusammenhänge im Sinne einer allumfassenden Enzyklopädie der Künste und Wissenschaften.
Kern seines literarischen Schaffens ist das Streben nach einer Romantisierung der Welt. Die Verbindung von Wissenschaft und Poesie, von Philosophie und Dichtung, die er als der Philosophie übergeordnet erachtet, leiten sein Schreiben.
In den Jahren 1795/96 setzt sich Novalis mit Fichtes Wissenschaftslehre auseinander, welche ihn nachhaltig prägt. Aus Fichtes Abgrenzung des „Ich“ vom „Nicht-Ich“ entwickelt Novalis seine eigene Liebesreligion, aus dem „Nicht-Ich“ macht er ein „Du“, welches er als gleichwertiges Subjekt dem „Ich“ gegenüberstellt. Es folgt 1799/1800 die Beschäftigung mit der Religion. In dieser Zeit entstehen sein Aufsatz Die Christenheit oder Europa sowie die Geistlichen Lieder.
Die Christenheit muss wieder lebendig und wirksam werden und sich wieder eine sichtbare Kirche ohne Rücksicht auf Landesgrenzen bilden, die alle nach dem Überirdischen durstige Seelen in ihren Schoss aufnimmt und gern Vermittlerin der alten und neuen Welt wird.
Der Aufsatz erschien erst postum, weil die Reaktion darauf zwiespältig war. Vor allem Goethe riet von einer Veröffentlichung ab. Vor allem die enthusiastische Behandlung des Katholizismus stiess bei den Romantikern auf Skepsis. Wenn der Text auch immer wieder als politische Aussage und reaktionäre Rechtfertigung der Heiligen Allianz im frühen 19. Jh. gelesen wird, steht er tatsächlich in engen Zusammenhang mit Novalis selber entwickelten mystisch-romantischen Philosophie, die auf Glauben und Liebe basiert, auf dem von Fichtes „Ich“ und „Nicht-Ich“ abgeleiteten „Ich“ und „Du“. Nach der Ablehnung seiner Schrift verlagert Novalis sein Schreiben weg von der Weltveränderung durch philosophische Schriften hin zur Romanschreiberei.
Novalis’ zwei unvollendete Romane sind als Bildungsromane in die Weltliteratur eingegangen. Sie vermitteln den Grundgedanken des Lebens als stetigen Lernprozess, welcher den Menschen hin zu seinem angedachten Zustand bringen, in welchem er mit der Natur harmoniert. Novalis lässt sich für seine Romane von Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre sowie anderen Bildungsromanen inspirieren, setzt sich dann aber von diesen ab, indem sein Held sich zwar auch entwickelt, allerdings auf einen schon lange ursprünglich in ihm angelegten Punkt hin, so dass das Lernen schlussendlich ein Innewerden, ein Auffinden von etwas in sich Verschüttetem wird, kein Streben im Aussen.
Nach Innen geht der geheimnisvolle Weg. In uns, oder nirgends ist die Ewigkeit mit ihren Welten, die Vergangenheit und Zukunft.
Als für seinen Roman erforderliche Mittel nennt Novalis
eine gewisse Altertümlichkeit des Stils, eine richtige Stellung und Ordnung der Massen, eine leise Hindeutung auf Allegorie, eine gewisse Seltsamkeit, Andacht und Verwunderung, die durch die Schreibart durchschimmert.
Novalis erlebt nur die Veröffentlichung der Blüthenstaub-Fragmente, der Fragmentsammlung Glauben und Liebe oder der König und die Königin und der Hymnen der Nacht. Seine unvollendeten Romane Heinrich von Ofterdingen und Die Lehrlinge von Salis sowie die Rede Die Christenheit oder Europa erschienen erst postum, herausgegeben durch Ludwig Tieck und Friedrich Schlegel.
Werke
Lyrik
- Klagen eines Jünglings (1791 in Wielands Neuem Teutschen Merkur)
- Geistliche Lieder (erschienen 1801)
- Hymnen an die Nacht (entstanden 1799/1800, erschienen 1800)
- Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren (Gedicht aus dem Romanfragment Heinrich von Ofterdingen)
Epik
- Die Lehrlinge zu Sais (Romanfragment, 1802 postum erschienen)
- Heinrich von Ofterdingen (Romanfragment, 1802 postum erschienen)
Philosophie
- Blüthenstaub (1798 in der Zeitschrift Athenaeum von Friedrich Schlegel)
- Glauben und Liebe oder der König und die Königin (1798)
- Sammlung von Fragmenten und Studien, entstanden 1799–1800
Sonstiges
- Europa (entstanden 1799, erschienen 1826 als Die Christenheit oder Europa)
- Das Allgemeine Brouillon umfasst die enzyklopädistischen Materialien, die 1798/99 zusammengetragen wurden.