Lass dich nicht vom Neid durchbohren

„Lasst alle nur missgönnen,
was sie nicht nehmen können,
und seid von Herzen froh:
Das ist das A und O.“
(Johann Wolfgang von Goethe)

Kürzlich habe ich mich gefragt, wieso auf dieser Welt so viel Neid herrscht. Wieso kann man sich nicht freuen, wenn es jemandem gut geht? Wieso kann man nicht Freude zeigen, wenn jemand etwas erreicht oder kann, das man selber nicht hat? Wieso sitzt man dann da und wird von diesem nagenden Gefühl des Neides durchbohrt, für das man dann einen Kanal sucht? Und wie oft ist dieser Kanal, dass man dem, den man beneidet, ans Bein pinkeln will – wie eine Rache, um ihn zu strafen dafür, dass er einem das antut.

Der einzige, der hier was antut, ist der Neider. Und: Er tut es vor allem einem an: Sich selber.
Neid ist ein Bruder des Zorns. Nur richtet sich der Stachel nach innen. Er bohrt sich tief in deine Eingeweide und schmerzt. Und wozu? Sicher kann man diesen Schmerz überdecken durch einen böswilligen Akt gegen den Beneideten. Nur: Weder hat oder kann man nachher, was dieser hat, noch hält die Deckkraft ewig an. Ganz schnell spürt man wieder den bohrenden Stich und oben drauf drückt wohl noch das Gewissen…

Wenn du dich also wieder einmal dabei ertappst, dass sich ein leises Neidgefühl in dir regt (was ja durchaus menschlich ist), sei dir bewusst, was draus wird, wenn du es wachsen lässt. Und: Sollte dir jemand mal aus Neid Böses wollen, sei milde, denn er ist durch seinen Stachel gestraft genug.

Das eigene Leben ausdenken

„Wer sich alles vorstellen kann, kann das Unmögliche schaffen.“ (Alan Turig)

Wenn du an dich denkst, was denkst du dann? Dass du gut bist? Schön? Wundervoll? Dass du schaffen wirst, was du dir vornimmst? Dass du deines Glückes Schmied bist? Du dir – frei nach Pipi Langstrumpf – die Welt machst, wie sie dir gefällt? Oder bist du doch eher der Selbstkritische Typ, der hier ein Kilo zuviel und dort eine Hirnzelle zu wenig bemängelt, überall Gefahren sieht und lieber mal tief stapelt, da der Fall bekanntlich bei Hochmut tief ist?

Nur: Was soll werden, wenn nicht mal du an dich glaubst? Wer soll es dann tun? Und wie abhängig wärst du von all den Stimmen. Was, wenn sie ausblieben? Und mal ehrlich: Kannst du ihnen glauben? Denkst du nicht viel mehr, dass sie nicht wissen, wovon sie reden, dich nur nicht gut genug kennen, dir schlicht zu viel zutrauen?

Eigentlich schade, denn damit stehst du dir selber im Weg. Statt Sklave deiner eigenen Abwertungen und der Bestätigung anderer zu sein, mal dir aus, was du haben willst. In allen Farben. Und fühle dich, als ob es so wäre. Wie fühlt es sich an? Wie sieht es aus? Wie riecht es? Hörst du was? Aktiviere in deiner Vorstellung alle Sinne. Und freue dich an dem, was du siehst. Wer weiss schon, was alles möglich ist, so lange er es nicht probiert?

Spuren in der Welt

Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen. (Albert Schweitzer)

Was ist dir wichtig im Leben? Was sind deine Werte? Worauf möchtest du dein Leben aufbauen, wie dein Leben leben? Und: Wenn du mal nicht mehr bist, was soll von dir bleiben?

Wir leben in einer Welt, in der wir oft nach Dingen wie Erfolg, Geld, Ehre, Ruhm und Macht streben. Und oft denken wir, dass wir glücklich wären, wenn wir nur erst etwas erreicht haben. Sind wir es wirklich? Vielleicht kurz, doch das Gefühl geht schnell wieder. Und irgendwie geht es immer noch schneller wieder, zurück bleibt der Drang, noch mehr erreichen zu wollen. Wem wollen wir eigentlich etwas beweisen? Denken wir wirklich, dass Leistung uns erst liebenswert macht?

Wieso lieben wir andere Menschen? Weil sie all das haben, wonach wir täglich streben? Oder nicht doch eher durch ihr Sein, ihr Wesen? Liebenswert ist ein Mensch doch dann, wenn er in seinem Tun und Sein Liebe sprechen lässt. Ein Leben, das auf Liebe baut, ist eines, das Spuren hinterlässt in den Herzen derer, die das Glück hatten, um so einen Menschen herum zu sein. Was könnte schöner sein, als Spuren in den Herzen anderer Menschen zu hinterlassen? Was erstrebenswerter als der Mensch zu sein, der das Leben anderer durch sein Sein bereichert hat?

Verzeihen

„Wir sollten immer verzeihen, dem Reuigen um seinetwillen, dem Reulosen um unseretwillen.“ (Marie von Ebner-Eschenbach)

Jeder Mensch ist wohl schon einmal verletzt worden. Manche Verletzungen gehen weit zurück und noch immer wirken sie in uns. Wir denken zurück an das, was war, spüren, wie Gedanken zu drehen beginnen, Gefühle ausgelöst werden, wir sogar körperlich fühlen, wie schon der blosse Gedanke an die vergangene Verletzung nachwirkt.

Die Nachwirkungen sind aber nicht nur gefühlt und gedacht, sie zeigen sich auch in unserem Verhalten. Aus der gemachten Erfahrung heraus agieren wir in Zukunft anders, möglichst so, dass uns das nie mehr passieren kann, was uns so zusetzte. Auf die Weise lassen wir Menschen, die neu in unser Leben treten, ausbaden, was uns Menschen früher angetan haben – und wir verunmöglichen damit eine wirkliche Beziehung mit dem aktuellen Menschen.

Wir können das vergangene Unrecht nicht ungeschehen machen. Wir haben nur die Wahl, wie wir heute damit umgehen. Wir können das Ganze immer weiter mit uns herumtragen und damit unser heutiges Leben vergiften. Oder aber wir lassen es los und schauen nach vorne. Um das zu können, ist es wichtig verzeihen zu lernen. Wenn wir dem anderen Menschen verzeihen, was er uns antat, befreit uns das auch selber.

Verziehen heisst nicht vergessen. Es heisst auch nicht, dass wir den anderen Menschen wieder in unser Leben lassen. Vielleicht ist es für uns besser, den Abstand zu wahren, aber nun mit einem befreiten Gefühl im Herzen. .

Du bestimmst, was du siehst

I am what I am
And what I am needs no excuses
I deal my own deck
Sometimes the aces sometimes the deuces
It’s one life and there’s no return and no deposit
One life so it’s time to open up your closet
Life’s not worth a damn till you can shout out
I am what I am*

Wir alle wollen geliebt werden. Und oft wurde uns vermittelt, dass wir etwas zu leisten hätten, auf eine gewisse Art zu sein hätten, damit man uns liebt. Und so versuchen wir dann, so zu sein, wie wir sein sollen. Manchmal sind wir dann ziemlich weit von dem entfernt, wer wir selber sind oder wären, wir hoffen aber, dadurch liebenswerter zu werden – weil wir ja die Vorgaben erfüllen. Nur: Sehr oft gelingt das nicht, denn solche Scheinidentitäten wirken so, wie sie sind: Aufgesetzt, nicht authentisch.

Es braucht ab und an Mut, sich selber zu sein. Man kennt sich zu gut, kennt so viele Schwächen, nennt die gar Fehler, fürchtet, damit an- und abzustossen. Vielleicht hilft es, wenn wir mal genauer hinschauen: Sind es bei anderen Menschen nicht oft auch die Eigenheiten, die Schrulligkeiten, die sie liebenswert machen? Lieben wir wirklich perfekte Menschen oder aber Menschen, die authentisch sind, die auch mal Schwächen zeigen, die einfach in der ganzen Bedeutung des Wortes Mensch sind?

Wenn uns also wieder mal jemand nur liebenswert findet, wenn wir tun was er will und sind, wie er will, sollten wir uns selber genug wert sein, auf den Menschen zu verzichten. Wirkliche Liebe wird da nie zu erwarten sein.

Wie schön ist doch das Gefühl, zu wissen: Ich werde geliebt. Weil ich bin. Und weil ich bin, wie ich bin. Als ich. Und wie schön ist das Gefühl, genau so lieben zu dürfen. Einen Menschen. Weil er ist. Und ist, wie er ist. Als du.

___________

*Ich bin was ich bin
und was ich bin, braucht keine Entschuldigung.
Ich spiele mein eigenes Spiel,
ab und an sind es Assen, ab und an Würfel.
Es gibt dieses eine Leben und keine Umkehr kein Lager,
ein Leben, also öffne dein Kämmerchen,
denn das Leben ist nichts wert, bis du nicht rausschreien kannst:
Ich bin, was ich bin!
(Lied von Gloria Gaynor)

Ich bin, was ich bin

I am what I am
And what I am needs no excuses
I deal my own deck
Sometimes the aces sometimes the deuces
It’s one life and there’s no return and no deposit
One life so it’s time to open up your closet
Life’s not worth a damn till you can shout out
I am what I am*

Wir alle wollen geliebt werden. Und oft wurde uns vermittelt, dass wir etwas zu leisten hätten, auf eine gewisse Art zu sein hätten, damit man uns liebt. Und so versuchen wir dann, so zu sein, wie wir sein sollen. Manchmal sind wir dann ziemlich weit von dem entfernt, wer wir selber sind oder wären, wir hoffen aber, dadurch liebenswerter zu werden – weil wir ja die Vorgaben erfüllen. Nur: Sehr oft gelingt das nicht, denn solche Scheinidentitäten wirken so, wie sie sind: Aufgesetzt, nicht authentisch.

Es braucht ab und an Mut, sich selber zu sein. Man kennt sich zu gut, kennt so viele Schwächen, nennt die gar Fehler, fürchtet, damit an- und abzustossen. Vielleicht hilft es, wenn wir mal genauer hinschauen: Sind es bei anderen Menschen nicht oft auch die Eigenheiten, die Schrulligkeiten, die sie liebenswert machen? Lieben wir wirklich perfekte Menschen oder aber Menschen, die authentisch sind, die auch mal Schwächen zeigen, die einfach in der ganzen Bedeutung des Wortes Mensch sind?

Wenn uns also wieder mal jemand nur liebenswert findet, wenn wir tun was er will und sind, wie er will, sollten wir uns selber genug wert sein, auf den Menschen zu verzichten. Wirkliche Liebe wird da nie zu erwarten sein.

Wie schön ist doch das Gefühl, zu wissen: Ich werde geliebt. Weil ich bin. Und weil ich bin, wie ich bin. Als ich. Und wie schön ist das Gefühl, genau so lieben zu dürfen. Einen Menschen. Weil er ist. Und ist, wie er ist. Als du.

___________

*Ich bin was ich bin
und was ich bin, braucht keine Entschuldigung.
Ich spiele mein eigenes Spiel,
ab und an sind es Assen, ab und an Würfel.
Es gibt dieses eine Leben und keine Umkehr kein Lager,
ein Leben, also öffne dein Kämmerchen,
denn das Leben ist nichts wert, bis du nicht rausschreien kannst:
Ich bin, was ich bin!
(Lied von Gloria Gaynor)

Am Ende wird alles gut

Es gibt den Schlamm und es gibt die Lotusblüte, die aus dem Schlamm wächst. Wir brauchen den Schlamm, um eine Lotusblüte zu machen.“ (Thich Nhat Hanh)

Kennst du das auch, dass dir etwas passiert im Leben und du davon überzeugt bist, dass dies nun ein grosses Unglück ist, etwas, von dem du denkst, dass du es lieber nicht erlebt hättest? Und irgendwann später blickst du zurück und denkst, das aufgrund genau dieses Vorfalls, etwas Positives gewachsen ist. Der Dichter Rainer Maria Rilke schrieb einst einem jungen Schrifsteller, dass er froh sei um seine düsteren Stunden, da er sonst nie in der Lage gewesen wäre, zu schreiben. Was wäre uns entgangen.

Die Dinge sind nicht per se schlecht oder gut, wir bewerten sie aufgrund unserer Massstäbe so. Wir tun dies nicht nur aus subjektiver Wahrnehmung, sondern auch aus einer sehr beschränkten, da wir nie das grosse Ganze sehen, sondern nur einen kleinen Ausschnitt desselben. Das bedeutet nicht, dass wir in Zukunft jeden Schicksalsschlag freudig begrüssen werden, aber vielleicht hilft der Gedanke im Hinterkopf, dass aus allem etwas Gutes wachsen kann – wenn wir es zulassen. Frei nach dem Motto:

Am Ende wird alles gut. Und ist es nicht gut, ist es nicht das Ende.

9. Juni

„Das Undankbarste, weil Unklügste, was es gibt, ist Dank erwarten oder verlangen.“ Theodor Fontane

Hilfe, die nur darauf abzielt, als Held dazustehen und die grosse Dankbarkeit zu erwarten, ist eigentlich keine ehrliche Hilfe, sondern eine Selbstdarstellung. Zwar mag es durchaus sein, dass dem anderen dadurch trotzdem geholfen ist, aber das gute Gefühl bleibt oft bei beiden aus: Man selber weiss, dass das eigene Tun nicht von Herzen kommt, darum bringt es keine Freude. Der andere spürt dasselbe und fühlt sich in der Schuld.

Was ist die Motivation hinter meinem Tun? Wieso helfe ich anderen Menschen? Wieso bin ich für andere da? Tue ich es, weil es mir ein Anliegen ist, dass es ihnen gut geht, oder tue ich es nur, um selber besser dazustehen? Folge ich meinem Herzen oder dem Spruch „Tue Gutes und sprich darüber“?

7. Juni

„Was ist vergesslicher als Dankbarkeit?“ Friedrich von Schiller

Wem wolltest du schon lange mal danke sagen, hast es aber immer vergessen? Wer war da für dich, als du jemanden brauchtest, und du hast ihm nie gesagt, wie viel dir das bedeutet hat? Wer hat dir einen Abend versüsst, einen wunderbaren Tag beschert, dir ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert?

Heute wäre ein guter Tag, danke zu sagen.

Fragen, nicht Antworten

„Wichtig ist, nie aufzuhören zu fragen.“ (Albert Einstein)

„Wieso ist die Banane krumm?“
„Wo geht die Liebe hin, wenn sie geht?“
„Was passiert mit dem Licht im Kühlschrank, wenn die Tür schliesst?“

Wann haben wir aufgehört, Fragen zu stellen? Wann haben wir aufgehört, Antworten zu suchen zu den Fragen und stattdessen im Internet zu suchen? Wann haben wir aufgehört, Phantasie zu haben und stattedessen Autoritäten zu folgen?

Für uns ist es nicht mehr wichtig, wichtig ist nur noch, wie wir wieder zurück kommen. Unsere Kinder hätten noch eine Chance, das Fragen nicht zu verlernen und das Phantasieren zu behalten. Wollen wir sie ihnen nicht geben? Und mit ihnen wieder dahin zurück kommen?

Wer glaubt, alle Antworten zu kennen, ist kaum mehr als ein Besserwisser, sicher aber kein Weiser. Wenn schon Sokrates wusste, dass er nichts weiss, er drum Fragen stellte und keine Antworten lieferte, wer würde es besser können? Zumal: Das Orakel von Delphi sah Sokrates als klügsten Menschen….vermutlich gerade drum, weil er Fragen stellte.

Wenn du also wieder einmal denkst, alles zu wissen: Stell dir die einfache Frage: Weiss ich das wirklich? Ist es nicht bloss eine Meinung? Und wenn dir wieder mal jemand weismachen will, dass er alles weiss und das noch besser: Frag dich auch: Weiss der das wirklich, oder ist es nicht schlicht seine Meinung?

25. Mai

„Es ist leicht, einen Schlafenden zu wecken, aber die Achtlosen sind so gut wie tot.“ Abu’l Madschd Madschdud Sana’i

Ist es dir auch schon passiert, dass du dich am Abend hingesetzt hast und dich gefragt, was du eigentlich an dem Tag alles gemacht hast? Wie oft laufen wir quasi im Automatenmodus durch die Welt und nehmen diese nicht wirklich wahr? Wie oft nehmen wir uns selber nicht wahr, sondern funktionieren einfach?

Manchmal muss erst etwas passieren, damit wir realisieren, wo wir im Leben eigentlich stehen und was wir durchs Leben tragen. Vielleicht könnten wir das eine oder andere vermeiden, würden wir schon vorher immer mal wieder bewusst innehalten und achtsam wahrnehmen, wie sich unser Leben anfühlt, wie wir uns in unserem Leben fühlen, wie sich unser Körper anfühlt, wie sich unsere Seele fühlt.

24. Mai

„Wie selten ist der reine Blick, das bereite Herz, der aufmerksame Sinn?“ Hugo von Hofmannsthal

Je älter wir werden, desto mehr haben wir erfahren, erlebt, auch durchlitten. Alles, was uns im Leben begegnet, hinterlässt Spuren – tiefe, schmerzhafte, auch schöne. Sie prägen unser Sein, damit auch unser Verhalten. Vor allem Verletzungen aus der Vergangenheit können dazu führen, dass wir uns verschliessen, so denken, Herz und Seele schützen zu können.

Leider schützen wir uns damit nicht nur, oft verletzen wir uns auch selber immer wieder durch dieses Verschliessen. Und oft verpassen wir auch wunderbare Chancen, weil wir uns nicht trauen, wirklich mit offenem Herzen und Blick durchs Leben zu gehen.

Das Leben erfordert mitunter Mut. Ein offenes Herz lässt alles rein. So nicht nur Schweres, sondern immer auch Schönes. Und das hilft, das Schwere zu tragen.

Der Tod als Chance fürs Leben

Wenn man mir einen Tag schenken würde, ich einfach tun könnte, was mir am Herzen liegt, ich danach sterben würde. Was täte ich? Ich stiess heute beim Schauen eines Films auf die Frage und überlegte. Und ja, vielleicht täte ich nicht mal wirklich etwas anderes, als ich es aktuell immer tue. Ich möchte die Zeit mit meinen liebsten Menschen verbringen, möchte lachen, essen, geniesen. Ich möchte lesen, diskutieren, fotografieren, den Sonnenuntergang anschauen. Möchte tanzen, Musik hören, auf meiner Gitarre spielen. Und ja, das sind keine spektakulären Dinge, es sind die kleinen Freuden des Alltags, für die ich dankbar bin, sie erleben zu dürfen. Weil sie mir genau so entsprechen. Aber es gab andere Zeiten in meinem Leben.

Ich steckte und stellte zurück, versuchte zu genügen, zu erfüllen, eigene und fremde Erwartungen. Ich war gefangen in einem Hamsterrad, Sklave eines eigenen Perfektionismus, dem ich nie entsprechen konnte. Die Messlatte war hoch. Zu hoch. Wenn ich was tat, musste es zu was gut sein. Kürzlich kaufte ich mir eine Gitarre und übe nun. Nur zur eigenen Freude. Was für eine Befreiung. Das würde ich an meinem letzten Tag auch tun wollen.

Aber es geht nicht nur mir so. Wie oft hörte ich schon in meinem Umfeld: „Wenn ich…. dann werde ich….Kaum einer hat es getan. Die einen sind gestorben, anderen entsprachen die so lange gehegten und erzählten Träume doch nicht wirklich.

Wenn man etwas wirklich will, von tief innen heraus, gibt es wohl nur eine richtige Zeit, sich den Traum zu erfüllen: Jetzt. Damit sage ich nicht, dass alles immer und überall möglich ist, die Frage ist bei vielem aber auch, wieso man davon träumt. Sind es wirklich tiefe Wünsche oder eher Phantasien, um etwas zu entkommen, das im Leben grad schwer ist?

Wieso träumen wir unsere Träume? Was steckt dahinter? Wirkliche Wünsche oder sind sie ein Zeichen für etwas in unserem Leben, das nicht passt? Wenn es wirkliche Wünsche sind, was hält uns ab, sie zu verwirklichen? Und: Hält uns wirklich was ab oder haben wir insgeheim doch Angst, weil sie Neues in unser Leben brächten, wie gewohnte Pfade verlassen müssten?

Wenn ich morgen sterben würde, wie lebte ich den heutigen Tag? Wir können viel vom Tod lernen, allem voran, wie wir leben wollen. Es heisst, die Angst vor dem Tod sei die grösste Angst überhaupt, sie stehe hinter allen anderen Ängsten, aber eigentlich ist der Tod auch ein Geschenk: Er zeigt, dass die Zeit hier auf Erden kostbar ist. Wenn wir ihn nicht verdrängen würden, so im Stil von „mir passiert das nicht“, würden wir bewusster mit der Zeit umgehen, die wir haben.

Noch ist es nicht zu spät. Wir alle können uns die Frage stellen, was wir an unserem letzten Tag tun würden. Und wir können es jetzt schon tun. Vielleicht nicht heute, aber sicher morgen oder am Wochenende. Oft gehört dazu auch, hinzuschauen, wovor wir Angst haben, denn ganz oft ist die Angst es, die uns im Wege steht, heute schon so zu leben, wie wir es tief drin gerne würden. Wir müssen nicht erst den Tod vor Augen haben, um unser Leben nach unseren Wünschen zu gestalten, wir müssen den Mut haben, es in die eigene Hand zu nehmen und herauszufinden, was wir wirklich wollen.

Was würdest du tun, wäre dies heute dein letzter Tag? Wann tust du es?

Achtsames Zuhören

„How do I listen to others? As if everyone were my Master speaking to me his cherished last words.

How do I listen to you? As if you were the Alpha and Omega of all sound.“
(Hafiz)

Wie hören wir anderen Menschen zu? Geben wir ihnen wirklich unsere volle Aufmerksamkeit oder suchen wir nur nach Stichworten, um unsere eigenen Meinungen kundzutun?

Erst wenn wir einem anderen aufmerksam und achtsam zuhören, wirklich wissen und verstehen wollen, was er uns zu sagen hat, erst dann ist eine wirkliche Beziehung möglich.

__________
Wie soll ich anderen zuhören? Als ob sie mein Meister wären, der zu mir seine letzten geschätzten Worte spräche.

Wie soll ich dir zuhören? Als ob du das Alpha und Omega von allem Klang wärst.

12. Mai

„Wie viele Freuden werden zertreten, weil die Menschen meist nur in die Höhe gucken und, was zu ihren Füßen liegt, nicht achten.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

„Dream big“ – Egal ob Werbung, Lebensratgeber oder Lebenscoachs, alle rufen zum gleichen auf: Denke gross, wünsche viel, strebe nach mehr und Höherem. Und ja, wir sind dafür empfänglich, wollen wir doch selber das ganz grosse Glück. Was wir dabei oft übersehen, sind die kleinen Freuden. Sie, die eigentlich das Leben ausmachen und die diesem so viel Schönheit geben können.

Es spricht nichts gegen hohe Ziele, sie können beflügeln. Wenn wir aber nur nach dem Hohen und Grossen streben, bleibt uns vieles verwehrt. All die kleinen Alltagsfreuden werden untergehen in deren Schatten. Und sind es nicht oft die kleinen Dinge, welche die grössten Freuden mit sich bringen?

Menschen, gefragt, wie sie ihren letzten Tag verbringen wollten, wüssten sie, dass der Tod wartet, wünschen sich oft einen ganz normalen Tag inmitten ihrer Freunde. Nichts Grosses, nichts Spektakuläres, einfach leben. Das könnten wir jeden Tag tun und uns daran freuen. Heute wäre ein guter Tag dazu.