Zitat: Eigene Wege

Wenn man eigene Wege geht, weiss man nie, wohin man kommt. Zwar wählt man den Weg, um ein Ziel zu erreichen, doch die Unsicherheit, ob das gelingt, lässt uns oft zögern. Und wir hinterfragen uns, ob es nicht einen besseren Weg gäbe. Oder wir den gehen sollen, mit welchem andere schon zu einem ähnlichen Ziel kamen. Nur: Das ist genau das, nämlich der Weg der Anderen. Wege sind nicht nur vom Ziel her definiert, sondern auch von dem, welcher sie geht. Es ist also wichtig, dass der Weg mir entspricht, dass ich ihn mit meinen Fähigkeiten gehen, oder aber mir das Fehlende aneignen kann. Im Idealfall wählt man einen Weg, den zu gehen einem Freude macht, weil das Ziel bei aller Planung immer offen ist und wir auch nicht wissen können, ob es auch hält, was wir uns von ihm versprochen haben, wenn wir uns auf den Weg machen.

Sicher ist: Ein mit Freude gegangener Weg ist nie ein falscher Weg.

Wie seht ihr das?

Eine grosse Leseempfehlung: Rick Rubin: kreativ. Die Kunst zu sein.

Arbeitsnotizen: Veränderungen und Findungen

«Man steigt nie zweimal in den gleichen Fluss.» Heraklit

Kein Zitat drückt in meinen Augen das Grundprinzip des Lebens besser aus als dieses von Heraklit. Nicht nur verändert sich die Welt um uns, auch wir selbst Verändern uns immer wieder. Was im Laufe der Zeit fast unmerklich passiert, ausser in Situationen, die, meist von aussen angestossen durch Ereignisse oder Begegnungen, zum Bruch oder klaren Wechsel führen, zeigt sich oft im Rückblick.

Mein Weg führte immer wieder in die Kunst – und immer wieder davon weg. Die Gründe für das Hingezogen-Sein lassen sich in einem zusammenfassen: Es ist in mir angelegt, mein Naturell. Die Gründe fürs Wegziehen sind vielfältig, sie reichen von Verboten über Ängste und Selbstzweifel bis hin zu Sinnkrisen, Existenzfragen und mehr.

Blicke ich zurück, sehe ich Dinge, die in meinem bildnerischen Tun immer wiederkehrten, sehe aber auch Veränderungen oder Weiterentwicklungen. Es zeigt sich, dass auch die Zwischenphasen im neuen Eintauchen ihren Raum einnehmen, sich durch etwas zeigen. Als wären sie nötige Schritte auf dem Weg weiter gewesen. So wie Rilke es meinte, wenn er von wachsenden Ringen sprach. James Joyce hatte noch ein anderes Bild:

«Der Umweg ist der Weg nach Hause.»

So bin ich also wieder zuhause angekommen, versuche aber noch, mich zurechtzufinden. Motive und Themen werden gewälzt, Medien und Stile ausprobiert, verworfen, wieder aufgenommen. Manchmal voller Inspiration und Tatendrang, teilweise auch mit Frustration und Wut. Und doch ist da dieses innere Feuer, das weitertreibt. Und immer wieder denke ich:

«Ich hab’s.»

Um am nächsten Tag zu denken:

«Noch nicht ganz.»

Matisse meinte, Kunst zu machen brauche Mut. Dem stimme ich zu. Und Geduld. Beides nicht immer leicht. Ich bleibe dran. Denn Disziplin ist das nächste. Und Kontinuität. Nie zu vergessen aber: Freude.

Habt einen schönen Tag!

Eine Geschichte: XXXXI Glück?

Lieber Papa

«Sie haben etwas gefunden.»

Das waren Mamas Worte am Telefon. Ich ahnte Böses und fragte doch. In mir schrie alles «Krebs».

«Auf der Lunge. Sie machen eine Biopsie. Morgen ist ein Gespräch mit dem Arzt. Kommst du?»

Wieder die gleichen Menschen an der Bushaltestelle, ich eine von ihnen. Die täglichen Fahrten waren zu einem neuen Alltag geworden. In der Nacht hatte ich getan, was man in einer solchen Situation vermeiden sollte: Ich hatte über Lungenkrebs recherchiert. Nun wusste ich viel. Zu viel.

Im Zug steuerte ich zielgerichtet meinen Stuhl an. Ich grüsste die Menschen um mich. Wir kannten uns von den täglichen Fahrten. Ich war der Neuling, die anderen die Alteingesessene. Aber ich gehörte nun auch dazu. Ein neues Gefühl.

«Du musst nicht immer kommen. Es ist so weit. Du hast doch auch anderes zu tun.»

«Nun geht es um dich, Papa. Das ist wichtig.»

Du wusstest, wie ungern ich reise. Wie schwer mir das sonst fiel. Als du gesund warst, kam ich selten, weil mir der Weg zu beschwerlich war. Und ja, ich hatte wirklich immer zu viel um die Ohren mit diversen Jobs und Baustellen. Die waren nicht weg und doch war alles anders. Ich wusste, dass es dir etwas bedeutete, wenn ich kam. Und so war es auch für mich.

Ich sah Mama schon von weitem. Sie wartete vor dem Krankenhaus auf mich. Wir begrüssten uns wie immer. Distanziert.

«Danke, dass du gekommen bist. Mich überfordert das alles.»

«Kein Problem. Das ist selbstverständlich.»

Ich meinte es so. Wir holten dich in deinem Zimmer ab und setzten uns ins Zimmer des Arztes.

«Da sitzen wir nun.»

Hörte ich dich sagen. Mehr fiel keinem ein. Keiner traute sich, zu sagen, was er dachte. Als wäre das Aussprechen der Ängste und Möglichkeiten schon der erste Schritt, Tatsachen zu schaffen.

«Was ist, wenn es Krebs ist? Kann man etwas tun? Wirst du sterben? Wie viel Zeit haben wir noch?»

Und vor allem:

«Wie soll ich weiterleben ohne dich?»

All das sagte ich nicht. Ich schwieg. Erzählte dann von der Busfahrt. Vom Wetter in Zürich. Vom Zug. Smalltalk wie bei einer Party an einem lauen Sommerabend.

Die Tür ging auf, der Arzt kam herein. Er schaut uns an.

«Wir haben nun die Untersuchung gemacht.»

Pause. Wieso rückte er nicht raus? Das hier war kein Thriller und wir brauchten keine künstliche Spannung.

«Es ist Krebs.»

Scheisse. Ich sagte es nicht. Wir schwiegen. Schauten ihn nur an. Warteten.

«Aber wir sind in der glücklichen Lage, dass er nicht gestreut hat. Wir werden ihn mit Chemotherapie behandeln, damit der Tumor kleiner wird, um ihn dann operativ zu entfernen. Das sollte kein Problem sein.»

Krebs und Glück. Was für eine Kombination. Ich nickte.

«Das klingt doch schon mal gut.»

Sagte ich und glaubte es nicht. Ich wollte es wohl glauben. Und ich wollte, dass du es glaubst. Schliesslich mussten wir nun an das Gute glauben, den Rest hatten wir frei Haus geliefert bekommen. Daran mussten wir nicht mehr glauben. Das war schon da.

«Wie geht es nun weiter?»

Der Arzt erklärte das Vorgehen, es erschien mir nicht logisch, aber Krebs hatte wohl keine Logik. Für einmal konnte ich mich nicht hinter Theorien und logischem Denken verkriechen. Ich musste akzeptieren, dass wir keine Wahl hatten.

«Gut, dann machen wir das so.»

Ich sagte wir. Dabei warst du es. Du schwiegst. Nicktest nur leicht mit dem Kopf. Ein leises Begreifen des Ausmasses? Irgendwie schienen wir plötzlich alle krank. Du tatsächlich und wir als Co-Kranke.

«Leider wissen wir noch nicht, wie es zu den Sprachaussetzern gekommen ist. Den Lungenkrebs haben wir nur per Zufall entdeckt, als wir die Ursache für die Hirnschläge suchten.»

«Dann kann das jederzeit wieder passieren?»

«Theoretisch ja.»

Da war etwas in dein Leben gekommen, hatte dir, der du eh schon ein Schweiger warst, die Sprache genommen. Und nun suchten wir alle nach Worten, damit umzugehen. Und sie wollten sich nicht einfinden. Nicht die richtigen. Die gab es nicht.

(«Alles aus Liebe», XXXXI)

Bücherwelten: Buchtipps und mehr

„Lass die Realität eine Realität sein. Lass die Dinge auf natürliche Weise vorwärts fließen, wie sie wollen“. Lao Tzu

Heraklit sagte, dass nichts so beständig sei wie der Wandel. Dieser Gedanke findet sich bei vielen Philosophen wieder und schaut man in die Natur, sieht man das Prinzip der Veränderung vor sich. Nichts bleibt, wie es ist, alles kommt, bleibt und vergeht. So auch beim Menschen.

„Das Geheimnis des Wandels besteht darin, seine ganze Energie nicht auf den Kampf gegen das Alte, sondern auf den Aufbau des Neuen zu richten.“ – Sokrates

In meinem Leben hat es auch eine Verlagerung gegeben. Nachdem lange das Wort und Bücher im Mittelpunkt standen, habe ich mich mehr zu Farben und Bildern hingewandt. Trotzdem gibt es da draussen wunderbare Bücher, die ich wichtig und gut und lesenswert finde.

  • Philipp Hübl: Moralspektakel – wieso Moralismus oft mehr mit Selbstprofilierung zu tun hat
  • Yuval Noah Harari: Nexus – die Tücken des technischen Fortschritts und welche Entscheidungen nun anstehen
  • David Terwiel: Freundschaft als Beziehung zur Welt – wie Hannah Arendts begriff der Freundschaft als Schule der Pluralität uns gesellschaftlich und politisch helfen kann
  • Wolfram Eilenberger: Geister der Gegenwart – was uns die grossen Denker der jüngsten Gegenwart auch heute noch zu sagen haben
  • Anselm Grün: Alles in allem. Was letztlich zählt im Leben – persönliche und tiefgründige An- und Einsichten eines Menschen, der ungebrochen neugierig und offen für das Leben ist.

Kennt ihr schon eines davon?

Habt einen schönen Tag!

Bücherwelten: Wolfram Schneider-Lastin (Hg.): Fragen hätte ich noch

Geschichten von unseren Grosseltern

Vor nun über zwei Jahren begann ich damit, meine Erinnerungen aufzuschreiben. Ich hatte keine Ahnung, wohin das führen würde, ich schrieb einfach alles auf, das mir in den Sinn kam. Irgendwann war ich fertig. Ich brachte alles in eine Form, überarbeitete, schrieb um, steckte alles in die Schublade, holte es wieder raus, schrieb wieder um. Und dann stellte ich alles Teil für Teil in meinen Blog. Die Geschichte läuft noch bis Ende Jahr. Dann ist alles ausgezählt. Und irgendwie doch nur ein Bruchteil. Würde ich es nochmals machen? Ich glaube nicht. Vor allem das Veröffentlichen würde ich wohl unterlassen, auch wenn ich sehr bewegende und berührende Rückmeldungen erhielt. 

«Der Stein, den ich ins Wasser geworfen hatte, schlug Wellen.» Wolfram Schneider-Lastin

Ich habe in dieser Zeit viele Memoirs und Erinnerungsbücher gelesen, eines fiel mir ganz besonders auf: Wolfram Schneider-Lastin hat verschiedene Autoren und Autorinnen eingeladen, über ihre Grossmütter und Grossväter zu schreiben. 

«Meine Grossmutter Else passte nicht an diesen Ort. Stets schien sie am falschen Platz zu sein. Die westdeutsche Provinz, wohin sie die Wogen des 20. Jahrhunderts gespült hatten, blieb ihr fremd. Wie ein Schuh, der nicht passen wollte, war es nicht ihr Ort, nicht ihr Land und nicht ihre Zeit.» Andreas Kossert

Entstanden sind 30 persönliche, berührende, bewegende Geschichten und 30 Blicke in vergangene Zeiten und das Leben damals. Es sind Geschichten, die Einblicke gewähren und zum Nachdenken anregen, Geschichten, die an eigenes erinnern und die Vergangenheit lebendig werden lassen. 

Ein wunderbares Buch!

Gedankensplitter: Blumen überall

«There are always flowers for those who want to see them.» Henri Matisse

Gestern kam der Schnee und hüllte die Welt in eine märchenhafte Stille. Wo vorher noch Farben und Lärm und Unruhe war, breitete sich eine alles überdeckende Ruhe ein. Durch die Fenster sah ich die Schneeflocken tanzen, die Lichter verwandelten sie in funkelende Sterne, die vom Himmel fielen. Hätte ich nicht gewusst, dass ich später noch heimfahren muss mit dem Auto, hätte ich es noch viel mehr genossen. 

Als ich heute Morgen aufwachte, schaute ich in eine tief verschneite Winterlandschaft. Und selbst wenn ich den Winter nicht wirklich mag, weil er mir zu kalt ist, so verzaubern mich diese Momente doch immer wieder aufs Neue. 

Blumen sieht man draussen keine mehr, zum Glück steht bei mir zu Hause ein wunderbarer Blumenstrauss in den buntesten Herbstfarben, so dass mein Leben doch bunt bleibt. Vielleicht ist es ja immer so: Wenn man das Leben farbig will, muss man selbst zur Farbe greifen. 

Habt einen schönen Tag!

Gedankensplitter: Das Leben als Fest

«Ich weiss, ich werde nicht sehr lange leben. Aber ist das denn traurig? Ist ein Fest schöner, weil es länger ist? Und mein Leben ist ein Fest, ein kurzes, intensives Fest.» Paula Becker

Das schreibt Paula Becker mit gerade mal zwanzig Jahren. Ist es eine Ahnung auf ein wirklich kurzes Leben? Anzeichen dafür kann sie keine gehabt haben. Oder ist es eine Lebensphilosophie? Ähnlich wie Rilke, sie ist mit ihm befreundet, sagt:

«Du musst das Leben nicht verstehen, dann wird es werden wie ein Fest.»

Was machte Paulas Leben zu diesem Fest? Ich denke, es war ihr unbeirrtes Einstehen für sich und ihre Kunst. Es war ihre Leidenschaft und die Bereitschaft, alles in Kauf zu nehmen, wenn sie dieser nur Raum geben konnte.

«Ich sehe, dass meine Ziele sich mehr und mehr von den Euren entfernen werden, dass Ihr sie weniger und weniger billigen werdet. Und trotz alledem muss ich ihnen folgen… Ich strebe vorwärts, gerade so gut als ihr, aber in meinem Geist und in meiner Haut und nach meinem Dafürhalten.» Paula Becker

Sich freimachen vom Gefallen-Wollen. Das war wohl schon immer ein Thema, vor allem für Frauen, es ist es aber in der heutigen Zeit wohl noch mehr mit all den Sozialen Medien, in denen es auf Klicks ankommt, die darüber bestimmen, ob man akzeptiert und dazugehörend sei oder eben nicht. Vielleicht ist es da aber wie bei der Lebensdauer: Nicht die Zahl der Klicks zählt, sondern die Menschen dahinter und das Miteinander im Tun und gegenseitigen Sehen und gesehen Werden – gesehen werden als Mensch, der man ist.

Über Kunst: Matisse hat heute nicht Geburtstag

«Kreativität braucht Mut.» Henri Matisse

Heute Morgen stand ich vor meinem Bücherregal mit den Kunstbänden und überlegte, welches Buch ich offen hinlegen soll. Ich mag das, Immer, wenn ich vorbeigehe, schaue ich hin, freue mich. Manchmal entstehen ein paar Gedanken, manchmal bleibe ich stehe, blättere, lese hier und da kleine Häppchen, und gehe weiter. Die Entscheidung fiel heute schnell: Matisse sollte es werden. Einerseits mag ich diesen Künstler sehr, so dass er oft meinen Tag begleitet, andererseits hatte ich irgendwie Lust auf seine Bilder. 

Der Morgen schritt voran, ich eher schleppend mit, da ich mit einer starken Erkältung und Schlaflosigkeit kämpfe, da las ich in den Weiten des Netzes: Henri Matisse hätte heute Geburtstag. Und ich dachte, welch ein Zufall, dass ich ausgerechnet heute sein Buch herausholte. Dann wollte ich mir seine Biografie wieder etwas ins Gedächtnis holen – und siehe da: Er hätte gar nicht Geburtstag. Es zahlt sich doch aus, Dinge nochmals nachzuschlagen, die man so liest. 

So oder so freue ich mich an seinen blauen Bildern und wünsche euch einen schönen Tag – ob mit oder ohne Geburtstag.

Gedankensplitter: Heimat in der Liebe

«Zur Heimat erkor ich mir die Liebe.»

Diese Worte schrieb einst Mascha Kaleko, nachdem sie im Leben immer wieder merken musste, dass es Heimat für sie in der Welt nicht zu geben schien. Vertrieben von den Nazis war sie nachfolgend immer auf der Suche nach einem Ort, der dem Gefühl, eine Heimat zu haben, nahekam. Gefunden hat sie es nicht an einem Ort, sondern bei ihrem Mann.

Hannah Arendt ging das gleich. Nach der nicht lebbaren Liebe zu Heidegger heiratete sie, doch die Ehe stand unter keinen guten Stern. Sie sagte selbst einst, sie könnte nicht leben ausserhalb der Liebe, doch immer fürchtete sie auch, sich in dieser selbst verlieren zu müssen. Als sie Heinrich Blücher 1936 kennenlernte, war sie endlich angekommen – in der Heimat und bei sich:

«Immer noch scheint es mir unglaubhaft, dass ich beides habe kriegen können, die grosse Liebe und die Identität mit der eigenen Person. Weiss aber nun endlich auch, was Glück eigentlich ist.» Hannah Arendt

Ihre 34 Jahre dauernde Beziehung war im Grunde ein grosses, intensives Gespräch. Im Miteinander des Sprechens erschufen sie ihre gemeinsame Welt.

«Zwischen zwei Menschen entsteht manchmal, wie selten. eine Welt. Die ist dann die Heimat.» Hannah Arendt

Zusammen sprechen heisst gemeinsame Welten schaffen. Das sollten wir vielleicht bedenken, wenn wir wieder dabei sind, uns abzugrenzen, zu sagen: «Mit denen sprechen wir nicht.» Welten entstehen immer zwischen Menschen. Keiner erschafft sie für sich allein.

Habt einen schönen Tag!

Gedankensplitter: Eigene Wege

«He has come to his own»

Das schreibt Hannah Arendt einem Freund und bezieht sich dabei auf Heinrich Blücher, der bis 52 auf der Suche war und sich vor allem im Exil in Ameriika schwer tat. Was für eine schöne Wendung und was für eine wichtige Sache: Den eigenen Weg gehen. Das finden, das einem entspricht und darauf vertrauen, dass es ein tragender Weg ist. Den Mut aufbringen, ihn zu gehen. Manchmal muss man sich dazu auch die Erlaubnis geben, weil das «du kannst doch nicht» so laut aus einem schreit.

Als ich den Satz las, dachte ich plötzlich: Es gibt kein gelingendes Leben auf dem falschen Weg. Klar geht man auch auf ihm durchs Leben, aber ist es wirklich gelungen in Sinne einer tiefen Zufriedenheit? Vielleicht ist das auch, was Buddha (ich glaube, er war es), meinte, als er sagte:

«Es gibt keinen Weg zum Glück, Glück ist der Weg.»

Wenn ich irgendwann auf mein Leben zurückblicken würde, möchte ich sagen können: «I did it my way». Und Elvis sänge dazu.

Habt einen guten Start in die neue Woche!

Gedankensplitter: Loslassen

«Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung.» Heraklit

Der Herbst zeigt sich schon deutlich, bald färben sich die Blätter der Bäume bunt und fallen zu Boden. Die Welt ist im Wandel, sie lässt los und bereitet sich auf die winterliche Ruhe ein, nach der wieder Neues spriessen wird. In der indischen Philosophie gibt es die drei Götter Brahma, Vishnu und Shiva. Sie verkörpern den Kreislauf des Lebens mit dem Entstehen, Erhalten, Zerstören. Landläufig sehen wir im Zerstören, in den Brüchen und Umbrüchen ein Übel. Wir wollen das Gute behalten, es nicht loslassen. Doch wenn wir uns anklammern und nichts gehen lassen, kann auch nichts Neues entstehen. Wie viel wäre uns entgangen, wäre nicht immer wieder etwas Neues in unser Leben getreten. Wir sässen noch heute im Laufstall und würden mit Murmeln spielen. 

«Das Leben gehört dem Lebendigen an, und wer lebt, muss auf Wechsel gefasst sein.» Johann Wolfgang von Goethe

Ich passe mich wohl aktuell den Jahreszeiten an. Eine grosse Leseflaute brachte mich dazu, über die (eigenen) Bücher zu gehen und zu sehen, was ich will, was gut ist, was ich loslassen muss. Das sind immer schwierige Zeiten im Moment, die aber im Nachhinein Früchte tragen. 

«Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun.» Buddha

So bin ich gespannt, wie die Reise weitergeht. Gegen die Leseflaute hilft hoffentlich ein Klassiker, es muss mal wieder Geistesnahrung sein. Und über allem schwebt noch immer die Musik und auch die Zeichenstifte habe ich wieder hervorgeholt nach langer Pause. 

Wie habt ihr’s mit dem Loslassen? Habt einen schönen Tag!

Lesemonat August  

«Und es war Sommer…» So heisst es in einem Lied und so war es auch. Es war heiss, es war sonnig, es war schön. Alles lud zum Geniessen ein und das habe ich getan. Daneben war ich aber auch fleissig, habe viel gelesen und vor allem geschrieben. Neben meiner Geschichte «Alles aus Liebe», die Stück für Stück auf «denkzeiten» erscheint, entsteht in meinem Kopf ein neues Buch und ich durfte einige Interviews realisieren. Das sind immer die guten Zeiten, die, in denen ich tätig bin. Manchmal muss ich mir dieses Tätigsein regelrecht erkämpfen, verfüge ich doch über eine sehr ausgeprägte Fähigkeit, nämlich die zur Prokrastination. Geholfen hat, dass ich die Arbeitszeiten fix in die Agenda eingetragen habe. Damit wurden sie quasi für mich verbindlich. Manchmal muss man sich selbst überlisten.

Meine Lektüre bewegte sich diesen Monat mehrheitlich im Krimi- und Thriller-Bereich. Und ich habe es geliebt. Ich fing mit sicheren Werten an (Nele Neuhaus, deren Reihe ich komplett lesen möchte), genoss ein wenig Krimi-Theorie, liess es abgründiger werden mit Fitzek, Faber und Bentow, um mich dann dem Verbrechen in heimischen Gefilden zuzuwenden (Zürich und Aarau). Mit Romy Fölck habe ich eine neue Liebe entdeckt, die mich in den September begleiten wird, und von Benedict Wells wurde ich berührt durch sein offenes, ehrliches, tiefgründiges Buch über sein Leben und Schreiben.

Wie war euer August? Was habt ihr gelesen? Und: Prokrastiniert ihr auch oder erledigt ihr die Dinge sofort?

Hier meine vollständige Leseliste

Nele Neuhaus: Tiefe WundenVergangenheit, die nie vergeht. Als der Holocaust-Überlebende Goldberg ermordet wird, machen Pia und Oliver eine mysteriöse Entdeckung: Eine Tätowierung am Arm des Opfers deutet darauf hin, dass dieses Angehöriger der SS gewesen war im Krieg. Bald kommt es zu zwei weiteren Morden aus dem Umfeld Goldbergs. Wie hängen diese zusammen und was ist das Ziel des Täters? Um die Antwort zu finden, müssen die Ermittler in die Vergangenheit eintauchen. 5
Nele Neuhaus: Die Lebenden und die TotenAls eine alte Frau ohne Feinde auf offenem Feld erschossen wird, stehen Pia und Oliver vor einem Rätsel, das noch grösser wird, als eine Frau durchs Küchenfenster auf dieselbe Weise umkommt. Zwischen den beiden gibt es keine Verbindung, doch sie sind nicht die letzten, es folgen weitere Tote, ein Zusammenhang wird sichtbar und die Suche nach dem Täter entpuppt sich als Suche nach der Nadel im Heuhaufen – weil sie sich zu sehr an das Offensichtliche halten. Werden sie weitere Morde verhindern und den Täter rechtzeitig schnappen können?5
D.P.Lyle: CSI-Forensik für DummiesEIn Überblick über die verschiedenen Gebiete und Aufgaben der Forensik, wie und wo sie eingesetzt werden, was sie beinhalten, wie sie zur Aufklärung einer Tat beitragen. Informativ, kompetent und gut lesbar geschrieben. Auch gut als Nachschlagewerk verwendbar.4
Sebastian Fitzek: AmoklaufIn einem Radiosender kommt es zu einer brutalen Geiselnahme. Ira Samin, selbst am Rande ihrer Kräfte und nach dem Suizid ihrer Tochter am Ende ihres Lebenswillens, muss als Psychologin verhandeln. Was niemand weiss: Ihre Tochter ist in der Gewalt des Amokläufers. Seine Forderung ist so klar wie schwer zu befolgen: Er will seine tote Verlobte sehen, ansonsten stirbt eine Geisel nach der anderen. Bald ist klar: Hinter all dem steckt eine Verschwörung,  es muss einen Maulwurf geben bei der Polizei – doch wer ist es und kann Ira das Leben ihrer Tochter und der anderen Geiseln retten?5
Henri Faber: AusweglosDrei Frauen hat er umgebracht, der Ringfingermörder, sie haben ihn nicht gefasst. Für Elias Blom und Mats Jäger war das das Ende ihrer Karriere, der eine wurde ins Einbruchsdezernat strafversetzt, der andere schied aus dem Dienst und stürzte ab. Nun gibt es wieder ein Opfer, alles scheint wie damals, nur gibt es nun auch einen Zeugen: Noah, erfolgloser Schriftsteller und Nachbar des Opfers, kam dem Mörder in die Quere und musste es selbst blutig büssen. Bald gibt es erste Zweifel: Ist Noah nicht nur Zeuge, sondern doch Täter? Welche Rolle spielt seine Frau dabei? Als wäre der Fall nicht schwierig genug, muss sich Blom auch noch mit dem ihm feindlich gesinnten Ermittlungsteam auseinandersetzen. 5
Sigrid Nunez: Die Verletzlichen – abgebrochenLose aneinandergereihte Erinnerungen an die Kindheit und wohl noch weiter, ich bin nicht über die jungen Jahre weggekommen, da mich das Buch nicht in seinen Bann ziehen konnte. Nirgends ein Halt, nirgends ein Zusammenhang, nirgends etwas, was mich irgendwie angesprochen hätte – oder zu wenig davon. 
Irvin D. Yalom: Wie man wird, was man ist – abgebrochenDer Autor erzählt sein Leben, erzählt von seiner Kindheit, seinem Studium, seiner Frau und wohl alles, was danach noch kommt. Er tut das sehr detailgetreu und persönlich, wie es sich gehört für eine solche Autobiografie. Irgendwann kommt in mir das Gefühl auf, dass ich nicht einem fremden Leben so genau beiwohnen möchte, ich hätte mir wohl ein paar Erkenntnisse mehr gewünscht, nicht nur das Aufzählen von Ereignissen. Wer sich für Yalom interessiert, wer gerne fremde Leben miterlebt, dem kann ich das Buch sehr empfehlen. 
Max Bentow: Der FedermannSie sind alle jung, blond und schön. Er schneidet ihnen die Haare ab, zerfleischt ihren Körper mit Messern, hinterlässt als Markenzeichen einen ausgeweideten Vogel ohne Federn. Der Berliner Kommissar Nils Trojan muss diesen verrückten Serientäter finden, bevor noch eine Frau sterben muss. Dass seine eigene Tochter in das Beuteschema passt, erhöht den Druck, zudem war da diese Warnung, dass auch Trojan selbst das alles nicht überleben wird. Blutig, temporeich und von der ersten bis zur letzten Seite packend.5
Oliver Thalmann: Mord im LandesmuseumFabio Montis Schwiegervater, der renommierte Anwalt Christian Huber, bittet ihn um Hilfe: Monti soll den Besitzer eines Bildes ausfindig machen, das er unbedingt erwerben will. Kurz darauf verschwindet just dieses Bild aus einer Ausstellung im Landesmuseum, wenig später wird dessen Besitzerin umgebracht. Wie hängen der Raum und der Mord zusammen? Als auch noch der Kurator der Ausstellung verschwindet und ein Erpresserbrief auftaucht, tappen die Ermittler vollends im Dunkeln: Welches Motiv steckt hinter all dem und wer hat ein Interesse? Monti ahnt noch nicht, dass die Aufklärung dieses Falls auch für ihn gefährlich werden kann.  5
Karen Sander: Der Sturm. Vernichtet – abgebrochen15 Jahre nach ihrer Ermordung tauchen zwei bis dahin verschollene Leichen auf, eine Kollegin wird vermisst, eine Buchhändlerin hat Albträume, Ermittlungen laufen kreuz und quer. In kurzen Kapiteln tauchen immer wieder neue Namen auf, ein roter Faden ist schwer zu finden. Vielleicht wäre es besser, wenn man die Reihe von Anfang an gelesen hätte und nicht erst mit diesem Band begonnen, aber ich kam nicht rein und war bald raus. 
Ina Haller: Aargauer GrauenEin Mitarbeiter ais Enricos Pharma-Unternehmen wird tot in seiner Wohnung aufgefunden. Bald stellt sich sein Tod als Mord durch eine Spinnenbiss heraus. Als kurz darauf Medikamente aus der Firma verschwinden, beschliessen Enrico und Andrina, die Sache selbst zu verfolgen, womit sie jemandem gewaltig auf die Füsse stehen und selbst in Gefahr geraten. Zudem stehen sie bei der Polizei plötzlich im Verdacht, selbst etwas mit allem zu tun zu haben. 5
Elisabeth Hermann: Zeugin der Toten – abgebrochenWir starten in einem Kinderheim, Drohungen des DDR-Regimes liegen in der Luft. Wir fahren fort in der Wohnung einer Toten, Judith ist als sogenannte Cleanerin zuständig, diese zu säubern. Danach finden wir uns in einem Fernsehstudio, brisante Akten sollen eine Bombe platzen lassen, weiter geht es bei Agententechtelmechteln und dann war ich raus. Keine Chance, in eine Geschichte hineinzukommen, keine Figur, mit der ich mich nur am Rande hätte identifizieren können, hätte ich vom Klappentext nicht gewusst, worum es gehen soll, hätte ich auf Seite 79 noch keinen Plan gehabt – nicht mein Ding. 
Romy Fölck: TotenwegAls ihr Vater zusammengeschlagen wird, fährt Frida nach vielen Jahren zurück auf den Hof in die Elbmark, um zu helfen. Dort trifft sie auf Haverkorn, der vor knapp 20 Jahren im Mord an ihrer Freundin ermittelt hat. Der Mörder wurde nie gefunden, die Tat hat das Dorf und seine Bewohner verändert. Hängen der Anschlag auf Fridas Vater und der frühere Mord zusammen? Frida will wissen, was passiert ist, doch dazu muss sie auch selbst Geheimnisse lüften, die sie seit bald 20 Jahren mit sich herumträgt. 5
Benedict Wells: Die Geschichten in unsNicht nur der Untertitel erinnert an Stephen Kings Buch «Das Leben und das Schreiben», das ganze Buch tut es. Trotzdem ist es nicht einfach eine Kopie. Benedict Wells schreibt offen wie nie über sein Aufwachsen, über seinen Weg hin zum Schriftsteller, der er heute ist. Er schreibt von seinen Plänen, von der Umsetzung, schreibt davon, wie ein Roman entsteht bei ihm und woran er anfangs scheiterte. Ein ehrliches, ein tiefgründiges, ein persönliches Buch. 5
Michaela Kastel: VerirrtVon ihrem Mann geprügelt flüchtet Felizitas mit ihrer Tochter zu ihrer Mutter. 12 Jahre haben sie sich nicht gesehen, noch immer sind die Monster präsent, die sie damals von zu Hause weggehen und nie mehr wiederkehren liessen. Nun ist es die einzige Zuflucht. Und noch immer sind da diese offenen Fragen, die Ängste, die Gefahren -und die grosse Frage: Wird ihr Mann sie finden? Und: Wem kann sie trauen? Wer sind die wirklichen Monster?5
Romy Fölck: BluthausAus dem Nichts taucht Fridas Freundin Jo auf dem Hof ihrer Eltern auf und verschwindet gleich wieder. Als in der Nähe eine Frau brutal umgebracht wird, fällt der Verdacht auf Jo. Dass sich diese kurz darauf das Leben nimmt, erhärtet diesen. Doch was hat das Ganze mit einem Mord von vor 20 Jahren zu tun? Frida setzt alles daran, den Fall aufzuklären, auch wenn sie zeitweilig an Jos Unschuld zweifelt. Dabei bringt sie sich mehr und mehr selbst in Gefahr. 5

Leseerlebnisse – David Baldacci: Gefährliches Komplott

«In dem Moment klingelte ihr Telefon. Und Mickey Gibsons ganzes Leben als alleinerziehende Vorstadtmutter ging den Bach runter.»

Ich weiss, wieso ich nicht gerne telefoniere: Ein einziger Anruf kann das ganze Leben auf den Kopf stellen. Das passierte Mickey Gibson, einer ehemaligen Polizistin, die aufgrund ihrer Mutterschaft den aktiven Polizeidienst an den Nagel gehängt und eine investigative Computerarbeit angefangen hat. Eigentlich wollte sie mit diesem Wechsel ihr eigenes Leben und das ihrer Kinder schützen, beides ist nun in Gefahr. Aber worum geht es:

Mickey Gibson kündigt wegen ihrer Mutterschaft den Polizeidienst und arbeitet von zu Hause bei einer Firma, die Vermögen aufspürt. Als sie von einer ihr unbekannten Mitarbeiterin in dieser Funktion zu einem Haus geschickt wird, um ein Inventar zu erstellen, denkt sie sich nichts dabei und läuft damit in die Falle einer Betrügerin. Nicht nur stösst sie im Haus auf eine Leiche, deren Mord ihr angelastet wird, sie muss auch um das Leben ihrer Kinder und ihr eigenes bangen, wenn sie der Betrügerin nicht hilft, etwas zu finden, das diese haben will. Bald ist nicht mehr klar, wem sie überhaupt noch trauen kann und ob sie aus dieser Sache heil rauskommt.

Baldacci macht vieles richtig: Die Geschichte dreht und wendet sich, es ist nicht wirklich ersichtlich, wer zu den Guten und wer zu den Bösen gehört. Wem soll man in dem ganzen Kuddelmuddel trauen?

Die Protagonistin ist menschlich schwer fassbar, ich komme nicht an sie ran. Die ominöse Anruferin führt Böses im Schild, die Motive dahinter liegen im Dunkeln. Sie nervt mich mit der Zeit ziemlich, sie stellt sich zu sehr in den Mittelpunkt, drängt sich mir auf mit ihren abstrusen Gedanken und Verhaltensweisen. Zudem wirkt vieles sehr konstruiert, so dass dann und wann das Gefühl aufkommt: Ach ne, nicht auch das noch.

„Der Raum war dunkel, genau wie sie es mochte. Licht enthüllte Dinge und zeigte viel zu viel, was wahr sein könnte.“

Und dann, in all der Distanz und den Gefühlen des Abgestossenseins, überrascht mich Baldacci mit sprachlich schönen Wendungen, mit Bildern, die Gefühle plastisch werden lassen, die fühlbar machen, was in den Figuren vorgeht. Die zum Nachdenken anregen.

„Das Leben war ein Hütchenspiel. Die Gewinner konnten die Wahrheit nur besser verbergen als die Verlierer.“

So kann ich mich nur wiederholen: Baldacci macht vieles richtig, denn er hält die Spannung, weckt immer wieder neu meine Neugier, führt mir die noch offenen Fragen vor Augen, zu denen ich eine Antwort haben möchte. Also halte ich durch und lese das Buch bis zum Ende. Und da schau her: Der Meister schafft es, alle Fäden zu vereinen, alles zu einem Ende zu führen, so dass ich am Schluss fast mit einem dem Kitsch geweihten Happy-End-Tränchen dasitze und denke: Hach ja, nun ist die Welt wieder in Ordnung. So soll es bleiben. (Bis zum nächsten Buch.)  

Bücherwelten: Psychothriller

Heute stöberte ich in meinem Krimi- und Thrillerregal und suchte nach Psychothrillern. Dabei fragte ich mich plötzlich, ob das nicht eigentlich ein Pleonasmus ist. Ich meine: Welcher normale Mensch käme auf die Idee, auf grausame und meist blutige Weise Menschen zu töten, oft in Serie? Und nicht selten wird dem Ganzen ein Psychospiel vom Feinsten zur Seite gestellt, das den Leser gleich mit verwirrt.

Vermutlich liegt aber gerade da ein Teil des Reizes dieses Genres: Zu erleben, wie vordergründig normale Menschen plötzlich als Bestie enttarnt werden. Der nette Schwiegersohn von nebenan, der freundliche Postbote, der nach aussen hin charmante Ehemann – und plötzlich ist alles anders. Kann jeder zu einer Bestie werden? Tragen wir dieses Böse wirklich in uns, wie Hobbes antönte, als er den Menschen als von Grund auf Böse hinstellte und daraus die Berechtigung eines (Rechts-)Staates ableitete?

Was mir wieder einmal auffällt, ist: In keinem anderen Genre stecken so viele philosophische und psychologische Fragen wie bei den Krimis und Thrillern. Die menschliche Natur auf dem Seziertisch. Und das alles auf eine so wunderbar packende Weise übermittelt – hätten Kant und Konsorten mal so geschrieben, das hätte den Zugang zu ihren wunderbaren Gedanken für viele erleichtert.

Ich glaube, ich bin abgeschweift. Nun denn – im Bild drei Psychothriller mit Prädikat «Absolute Leseempfehlung»:

  • Max Bentow: Der Federmann
  • Arno Strobel: Der Trip
  • Sebastian Fitzek: Mimik

    Habt ein schönes Wochenende! 💕

Bücherwelten: Vom Lesen und Erzählen

«Wichtig ist, was man während des Lesens erlebt, die Gefühlszustände, die eine Geschichte hervorruft, die Fragen, die einem dazu einfallen, und nicht die fiktionalen Ereignisse, die geschildert werden.» Sigrid Nunez

Draussen regnet es, obwohl die Woche eigentlich als sonnige angekündigt war. Gestern drehten die Prognosen, zeigten Regen auf den heutigen Abend. Er hat es vorgezogen, schon früher vom Himmel zu strömen. Ich sitze hier, höre das Prasseln, lese mich durch die verschiedenen Bücher, die meine aktuellen Lektüren sind. Eines habe ich gerade beendet, dafür ein neues begonnen, drei weitere lese ich nebenher, dazu liegt irgendwo noch ein Magazin über Freundschaft, durch das ich mich dann und wann blättere, es in Häppchen aufnehme. 

Während ich in einem meiner Bücher lese, kommt mir der Gedanke, dass immer mehr Romanen die Geschichten abhanden zu kommen scheinen. Sie hangeln sich erzählten Ereignissen, Beobachtungen, Gedanken entlang und scheinen kein Ziel zu haben. Irgendwann sind sie fertig. Manchmal war ich schon viel früher an ein Ende gelangt und fand den Rest nur noch überflüssig, es kommt aber auch vor, das mir am Ende das Ende fehlt. Nabokov schrieb einmal, dass nicht der Autor, sondern der Leser bestimme, wann ein Buch zu Ende sei. Da könne er es dann zuschlagen und sich neuer Lektüre widmen. Da steht mir manchmal die Neugier im Weg: Es könnte noch was kommen. Tut es meist nicht. 

Ich sitze im Licht der Lampe, weil von draussen kaum welches hereindringt, hänge meinen Gedanken nach und bin gespannt, wohin mein Tag noch führt.