Aus dem Atelier: Freiheit

„Jeder freie Mensch ist kreativ. Da Kreativität einen Menschen ausmacht, folgt: nur, wer Künstler ist, ist Mensch. Jeder Mensch ist ein Künstler.“ Joseph Beuys.

Der letzte Satz wird oft alleine zitiert und dann frei und ohne Kontext interpretiert. Er meinte wahrlich nicht, dass jeder Mensch, um Mensch zu sein, den Malpinsel schwingen müsste. Mit dem Gedanken, den Beuys hier im Sinn hatte, stand er nicht alleine, schon Schiller drückte sich sinngemäss aus, als er meinte: 

„Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“

Nimmt man dann noch Goethe dazu, der meinte:

„Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.“

ergibt sich daraus die Idee einer Gesellschaft, in welcher die Freiheit oberstes Gebot ist, die Freiheit nämlich, zu spielen, kreativ zu sein, keinen vorgetretenen Pfaden folgen zu müssen, sondern eigene finden zu können. 

Ich geh’ dann mal spielen. Habt einen schönen Tag!

Aus dem Atelier: Selbstzweifel überwinden

Immer wieder stelle ich fest, wie leicht ich in die Falle des Leistungsdrucks, des Mich-beweisen-Müssens tappe. Während es mir leicht viel, mich als Literaturwissenschaftlerin (habe ich studiert und mit Papier bestätigt), Philosophin (ebenso) oder Yogalehrerin (auch da mehrere Ausbildungen mit Diplomen und Stempeln von einschlägigen Stellen) zu bezeichnen, fällt es mir in der Kunst schwer. Ich habe keinen Brief und Sigel, dass ich das „kann“ (ausser einige Zertifkate von Kursen an Kunst- und Illustrationsschulen). Kam jemand und meinte, ich könne nicht schreiben, keine Literatur verstehen oder logisch denken, konnte ich belegen, dass ich das sehr wohl kann. Bei den Bildern ist es anders. Einige finden es zu banal, was ich mache, zu gefällig, anderen ist es nicht gefällig genug. Einige fänden es schlichter schöner, andere farbiger. Und in mir kommt immer gleich die Frage auf: Was, wenn sie recht haben?

Tief im Innern weiss ich, dass diese Frage unsinnig ist, da Kunst ein Ausdruck sein soll davon, wie ich die Welt sehe (vielleicht auch sehen möchte?). Genauso tief drinnen steckt aber der Stachel, der ständig piekst. Wie schön wäre es doch, wenn man einen Kalenderspruch nehmen und ihn glauben und leben könnte:

„Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.“

Hier müsste ein Punkt kommen, doch meistens kommt ein Komma, gefolgt von einem „aber“…

Nun denn: Zum Glück sind nicht alle Tage so zerfressen und gespalten, oft ist es schlicht nur Schaffensfreude und Erkundung der Möglichkeiten. Leider liegt darüber an den zerfressenen Tagen ein Schleier und man sieht den Weg zurück schwer. Manchmal hilft es dann, sich bewusst zu fragen: Wann habe ich in meinem Tun am meisten Freude? Und egal, was es ist, wie sinnlos es einem vorkommt: Genau das sollte man dann tun. Und mit der Freude lüftet sich der Schleier. 

Wo habt ihr eure Selbstzweifel? Oder bin ich die einzige damit?

Habt einen schönen Tag!

Aus dem Bücherregal: Alessandra Mattanza, «Street Art»


Von Wänden, die sprechen – ein Buch über den Freiheitsdrang einer Kunstform, die nie stillsteht.

Einleitung
Street Art ist mehr als Farbe an der Wand – sie ist Ausdruck, Protest, Lebensgefühl. Alessandra Mattanzas Street Art führt Leserinnen und Leser in die globale Szene urbaner Kunst ein. Die Reise geht von Lissabon bis Seoul, von New York bis São Paulo. In großformatigen Fotografien und persönlichen Texten porträtiert sie Künstlerinnen und Künstler, ihre Werke und Motive. Das Buch zeigt, wie Street Art öffentliche Räume prägt, gesellschaftliche Fragen reflektiert und Städte zu lebendigen Leinwänden macht. Mattanza vermittelt die flüchtige, kraftvolle Energie dieser Kunstform und eröffnet einen Blick auf die Menschen, die sie gestalten.

Kunst als Zeugnis der Zeit


„Street Art ist nicht nur Bild, sondern Zeitgeschehen. Alles vergeht, und gerade darin liegt ihr Reiz.“ – Alessandra Mattanza

Mattanza führt durch Metropolen und Randzonen, überall dort, wo sich Kreativität Bahn bricht, wo Mauern zu Tagebüchern werden und Beton zu Leinwand. Sie begegnet Künstlerinnen und Künstlern, die mit Sprühdose, Pinsel oder Schablone arbeiten, mit Worten, Symbolen oder stillen Zeichen. Ihre Texte sind mehr als Begleitkommentare: sie erzählen von Begegnungen, von Gesprächen in Ateliers, auf Dächern, in stillen Hinterhöfen. Es sind Miniaturen über Menschen, die Kunst als Lebensform begreifen – spontan, widerständig, lebendig.

Vergänglichkeit als Prinzip
Street Art, das wird in diesem Buch spürbar, besteht nicht nur aus Bildern, sie be- und durchleuchtet Zeitgeschehen. Nichts bleibt, alles vergeht – und genau darin liegt ihr Reiz. Mattanza fängt diesen flüchtigen Moment ein, ohne ihn festzunageln. Ihre Fotografien sind kraftvoll werden ergänzt durch eine ruhige, teilweise fast poetische Sprache: Beobachtungen über Farbe, über Orte, über die Beziehung zwischen Kunst und Stadt. In dieser Balance von Dokumentation und Empfindung liegt die Stärke des Buches.

Kunst zwischen Protest und Poesie
Die porträtierten Künstlerinnen und Künstler kommen aus unterschiedlichen Kontinenten, ihre Themen reichen von politischem Widerstand über soziale Ungleichheit bis zu reiner Lebensfreude. Street Art ist immer beides – Ausdruck und Aufbegehren. Sie kann Schönheit sein, wo man sie nicht erwartet, und Kritik, wo man sie überhört. Das Buch macht sichtbar, dass Street Art längst mehr ist als subversive Geste: Sie ist Teil der globalen Kultur, eine Sprache ohne Übersetzungspflicht, verstanden von allen, die hinschauen.

Stärken und Schwächen
Mattanzas Stärke liegt in ihrem Blick – und in ihrem Vertrauen in die Kunst. Sie beschreibt nicht aus der Distanz der Theoretikerin, sondern aus der Nähe der Beobachterin. Ihre Porträts sind sinnlich, die Fotografien eindrucksvoll komponiert, das Layout großzügig und atmend. Es entsteht ein Sog, der Leserinnen und Leser mitten in die pulsierende Welt der urbanen Kreativität zieht.
Doch gerade diese Fülle ist zugleich eine kleine Schwäche: Die Vielzahl an Stimmen und Bildern lässt kaum Raum für tiefere kunsthistorische oder gesellschaftspolitische Analyse. Wer nach theoretischen Bezügen oder einer vertieften Reflexion über Ästhetik, Raum und Macht sucht, wird sie nur andeutungsweise finden. Aber vielleicht ist das kein Mangel, sondern Programm. Mattanza will nicht sezieren, sie will zeigen. Sie vertraut der Wirkung des Bildes, dem Moment, der Energie der Straße – und genau darin liegt der Zauber dieses Buches.

Ein Atlas der Gegenwart
Street Art ist prachtvoll gestaltet, ein ästhetisches Vergnügen, aber zugleich ein Stück Zeitdiagnose. Mattanza beschreibt die Mauern dieser Welt wie eine Chronik unserer Epoche – voller Widersprüche, Farben, Schichten. Ihre Essays sachlich und doch persönlich und gut lesbar, nie belehrend, nie nach Effekten haschend. Man spürt, dass sie Street Art nicht aus der Distanz betrachtet, sondern aus tiefem Interesse an dieser Kunstform, welche sie als Ausdruck von Freiheit in einer oft von Regeln erdrückten Welt sieht.

Fazit
Alessandra Mattanzas Street Art ist ein Plädoyer für den offenen Blick. Für Kunst, die nicht abgeschlossen ist, sondern wächst, ergänzt oder übermalt wird, verschwindet und wiederkehrt. Ein Buch, das sich nicht nur an Kunstliebhaber richtet, sondern an alle, die verstehen wollen, wie Kunst auch sein kann fernab von Galerien und Museen: mitten im Leben, mitten in der Stadt. Und vielleicht ist das die schönste Botschaft dieses Bandes: Kunst ist dann am lebendigsten, wenn sie allen gehört.

Zur Autorin
Alessandra Mattanza ist Kunsthistorikerin, Autorin und Kuratorin. Sie lebt in Italien und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit zeitgenössischer urbaner Kunst. Neben Ausstellungen und Vorträgen veröffentlicht sie Bild- und Textbände, in denen sie Künstlerinnen und Künstler aus der Street-Art-Szene porträtiert. Mattanza legt besonderen Wert darauf, die Dynamik, den Kontext und die gesellschaftliche Bedeutung der urbanen Kunst sichtbar zu machen.

Angaben zum Buch:

  • Herausgeber ‏ : ‎ Prestel Verlag
  • Erscheinungstermin ‏ : ‎ 10. April 2018 Auflage ‏ : ‎ 2.
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 256 Seiten

Aus dem Atelier: Bunter Vogel

Fast ein Jahr hat sie gedauert, meine Leseblockade. Was mir vorher so wichtig war, fiel plötzlich weg. Es war gut, weil ich so wieder intensiver ins Malen und Zeichnen fand, aber die Wehmut über den Verlust der Worte, darüber, dass sie mit plötzlich nichts mehr sagten, kam schon immer wieder auf. Einige wenige (Sach-)Bücher habe ich zwar gelesen, dies aber immer über Wochen hinweg, nie mehr in dem leidenschaftlichen Sog, den ich von mir kannte. Mit dem Lesen versandete auch das Schreiben. Worte wollten weder rein noch raus, die Welt bestand aus Bildern (da durchaus auch in Büchern) – und Musik, immer wieder Musik. 

Im September hatte ich ein Buch gekauft. Obwohl ich nicht mehr las. Ich mochte den Autor. Ich stellte es ins Regal. Dachte immer mal, ich müsste es lesen. Hörte Interviews mit dem Autor. Las nicht. Und dann plötzlich. Ich nahm es raus, schlug es auf, las die ersten Zeilen, dann Seiten… das ganze Buch. Es war grossartig. Das Buch und das Wieder-lesen-Können. 

Einfach zurück zum Lesen geht nicht, zu wichtig sind die anderen beiden Bereiche meines Lebens, die Malerei und die Musik. Aber irgendwie fühlt es sich nun komplett an. Und ich möchte natürlich auch wieder das eine oder andere Buch vorstellen. Mal sehen, wie ich diese bunte Mischung unterbringe, ohne dass es hier aussieht wie in einem Gemischtwarenladen. Wobei das vielleicht auch nicht das Schlechteste ist. Ich als kleiner Tante Emma-Laden im 21. Jahrhundert.

Das Leben ist kunterbunt, der Vogel steht vielleicht dafür. 

Habt einen schönen Tag!

Aus dem Atelier: Sonntagsvogel

Er kam mir zugeflogen, ich schicke ihn weiter in die Welt. Manchmal frage ich mich, wieso wir Dinge mit der Welt teilen. Wie vieles verschwindet da kaum gesehen, ungelesen, nicht wahrgenommen. Man ist ein kleiner Zwischenhalt in einer Scrolllawine, manchmal nicht mal das. Und dann und wann schaut einer hin. Und freut sich. Vielleicht tun wir es drum. Weil uns das dann auch freut.

Habt einen schönen Sonntag!

Aus dem Atelier: Farbwelten

Der Blick nach draussen zeigt es deutlich: Der Sommer ist vorbei. Die bunten und knalligen Farben, die im Sonnenlicht glitzerten sind gedämpfteren Herbsttönen gewichen. Nur dann und wann sticht ein Baum mit roten Blättern wie eine Flamme aus dem matten Landschaftsbild. Ich mag diese Farben, vor allem an schönen Tagen. An den grauen, die hier leider in der Mehrzahl sind, wirkt alles sehr dumpf. Da bin ich oft froh, kann ich mich dann in meine farbigen Bilderwelten flüchten. 

„Am Morgen aufzustehen und zu wissen, ich habe einen Tag vor mir, an dem ich Malen kann, macht mich glücklich.“ 

Das hörte ich in einem Film (den ich sehr empfehlen kann) über Yadegar Asisi und konnte es so gut nachvollziehen. Zwar ist es nicht immer pures Glück, wenn Dinge nicht gelingen, wie sie gewünscht wären, und doch könnte ich mir nichts Schöneres vorstellen, als genau das zu tun. Manchmal kann ich es kaum erwarten, zurück zu Pinsel und Stiften zu kommen, ein Gefühl des Getriebenseins. Immerhin bin ich mein eigener Antreiber (von einem anderen liesse ich mir das nicht gefallen 😉 ).

Kommt gut in die neue Woche!

Aus dem Atelier: Rot

Lady in Red – manchmal muss es einfach Rot sein.

Dass Farben einen Einfluss auf uns haben, ist hinlänglich bekannt. Ich ignoriere aber mal die ganzen Theorien und Philsophien und kann nur aus meiner Sicht sagen: Rot ist ein Kraftbringer. Da ist Energie drin und die wirkt. Manchmal braucht man genau das.

Habt einen schönen Tag!

Aus dem Atelier: Blumengruss

«However you frame yourself as an artist, the frame is too small.» Rick Rubin

Wenn ich gefragt werde, was ich denn male, komme ich oft ins Stottern. «Alles» klingt irgendwie schwierig, denn man braucht doch so sein Ding, seine Nische, seine Spezialität. Und ja, ich suche dann meine und finde auch immer wieder etwas, von dem ich denke: «Das ist es! Von nun an nur noch…» Und kaum gedacht, fängt schon ein leises Nagen an. «Aber da gäbe es noch so viel in der Welt, das auch spannend und ergründenswert ist…» Und genau darum geht es mir doch: Durch die Welt zu gehen und sie zu sehen, mit eigenen Augen. Und dann dieser Sicht einen Ausdruck geben. Und manchmal ist es nur, dass ich die Schönheit von Dingen erfassen will. Oder sie aus meiner Erinnerung neu erschaffen will. 

Als ich das Zitat von Rick Rubin las, fühlte sich das an wie eine Befreiung. Ich muss mich gar nicht in eine Box packen. Natürlich gibt es Schwerpunkte, Dinge, die mich mehr ansprechen, die mehr in mir bewegen als andere. Aber ich werde mich hüten, sie zu nennen, weil sonst…. 😉

Habt ein schönes Wochenende! Hier ein kleiner Blumengruss von mir. 

Aus dem Atelier: Birdtober

Das Jahr nimmt seinen Lauf und wir sind bereits im Oktober gelandet. Seit Jahren steht der für Menschen, die gerne zeichnen und malen im Zeichen des #inktobers – zu 31 Prompts wird mit Tinte gezeichnet und gemalt. In diesen Jahren sind verschiedene Variationen entstanden, unter anderem auch der #birdtober. Wie für mich gemacht. Allerdings wären da auch noch Prompts mit Blumen und anderen Tieren, so dass ich am liebsten alle bedient hätte. Nun denn, ich bin schon mit diesem einen Tag im Verzug, nehme es aber nicht so genau, sondern zeichne mich einfach der Freude entlang. Und so ist diese Nacht noch ein Pinguin entstanden.

Alle Prompts seht ihr hier: