„Ich möchte nicht gerne damit hausieren, aber ich hab’s immer reichlich schwer gehabt. Ich habe Gutes und Böses erfahren wie alle Menschen und schlimme Verstörungen erlitten, und könnte mir vorstellen, dass mir noch schlimmere nicht erspart bleiben werden, aber ich glaube dennoch, dass täglich und stündlich im wörtlichen Sinne des Wortes ‘namenlos’ viel Gutes geschieht, mehr Gutes, als die Lästerer wahrhaben wollen. Diesen Anonymen, die das ächzende Getriebe der Welt mit dem Öl ihrer unbedankten Ausdauer, Geduld, Treue und Hoffnung noch immer in Gang halten, gehört trotz unvermeidlicher Irritationen meine unwandelbare Liebe und Dankbarkeit, und auch in den heftigsten Krisen der Isolation hat mich kaum je das Bewusstsein verlassen, in vieler Schuld zu stehen.”
Christine Busta ist von Kind an das Kämpfen gewohnt, schon als Mädchen muss sie mit Nachhilfestunden das Familienkonto aufstocken. Das eigene Studium kann sie nicht abschliessen wegen finanzieller Sorgen, doch immer wieder stellt sie sich den Widrigkeiten und sucht ihren Weg. Erste Gedichte werden in Zeitungen veröffentlicht, sie gewinnt einen Literaturwettbewerb, kann in Anthologien veröffentlichen und 1950 ist es soweit: Der erste Gedichtband (Jahr um Jahr) erscheint und Busta ist als Dichterin etabliert. Es sollen viele weitere folgen, daneben macht sich Christine Busta auch einen Namen als Verfassering von Kinderbüchern.
Kritiker warfen ihrer Lyrik oft das Bild einer zu heilen Welt vor, doch ist diese Leseart zu kurz gedacht und wird dem Werk nicht gerecht. Vielmehr sprechen aus den Zeilen durchaus Schmerz und Leid, aber auch ein versöhnlicher, ein hoffnungsvoller Ton dringt durch. Sie selber hat das so thematisiert:
Nie habe ich einer heilen Welt
das Wort geredet.
Immer nur einer verletzlichen,
um deren gefährdete Schönheit ich bangte –
schon auf Heilung bedacht.[1]
Christine Busta war sehr religiös, die Religion und auch die Mystik sind oft Gegenstand ihrer Lyrik, trotzdem ist diese weit davon entfernt, frömmelnd oder brav zu wirken. Bustas Poesie besticht vielmehr durch überraschende und bildhafte Wendungen, welche dem geschriebenen Wort eine Tiefe, Weite und fast fühlbare Schönheit verleihen. Ein Beispiel dafür ist ihr wunderbarer Schneepsalm:
Heute nenn ich Dich Schnee,
Du unerschöpflicher Schöpfer
vergänglicher Sternkristalle,der die nackten Äcker bekleidet,
den Wanderer weglos macht
und die ärmlichsten Hütten füllt
mit Geborgenheit und Einkehr.Schwebender Du,
der den Bäumen Last wird,
der die tapferen Krähen auswirft in die Stille
und die Tiere aus den Wäldern den Menschen nahe bringt,
der die Hilflosen hilfloser macht
und die Hilfsbereiten bereiter.Lautloser,
der das Vertraute entfremdet,
wird uns deine Fülle begraben,
werden Flüche das Lob ersticken?Morgen vielleicht schon
wird uns Dein Weiß blenden,
und Du beginnst zu tauen.Herrlicher!
Dann nenn ich Dich Sonne.
Während sich die Inhalte ihrer Gedichte über die Zeit nicht gross verändern, sie bleibt ihren Grundthemen treu, sieht man einen Wandel in der Sprache. Waren ihre ersten Gedichte noch sehr auf Melodie, Reim und Metrum angelegt, weicht dies immer mehr freieren Formen, welche fast schon aphoristischen Charakter haben. Als Beispiel mag folgendes Gedicht gelten:
Was ich brauche
Ich brauche keine öffentliche
Genehmigung, dich zu lieben.
Ich brauch keinen Ring, der mich berechtigt,
Ansprüche zu erheben.Ich brauche nur deine Umarmung
als schlichter Ring um mein Leben.
Er macht mich nach innen glänzen.[2]
[1] zit. nach KLG, Lexikonartikel von W. Wiesmüller «Christine Busta»
[2] zit. nach Christine Busta, Inmitten der Vergänglichkeit