Felix Scheinberger – Ein Blick hinter die Kulissen

Kurzbiografie

Felix Scheinberger wurde 1969 in Frankfurt am Main geboren. Schlagzeug war ihm wichtiger als Schule, statt Abi zu machen spielte er bis zum 22. Lebensjahr in Punkbands. Die Begabtenprüfung wurde seine Eintrittskarte an die FH für Gestaltung in Hamburg, wo er Illustration studierte und anschließend nahtlos in die Selbstständigkeit startete.In den letzten zehn Jahren hat er über 50 Bücher illustriert, regelmäßig für angesehene Zeitungen gearbeitet, Preise gesammelt, in Mainz, Hamburg und Jerusalem gelehrt und durch seine Lehrbücher reihenweise Kreative den Zeichenstift und den Wasserfarbkasten wieder entdecken lassen.
Felix Scheinberger war von 2010 -12 Stellvertretender Vorsitzender der IO – Illustratoren Organisation, des Berufsverbandes deutschsprachiger Illustratoren. Seit 2012 ist er Professor für Illustration an der Fachhochschule Münster.

Waren Sie das Kind, das immer und überall mit Zeichenstiften bewaffnet auftrat?

Ich war das Kind, das sich für Dinosaurier interessierte, das Star Wars-Sammelbildchen und Steine sammelte, das Gruselgeschichten las und für die Sportfischerprüfung lernte. Das Dampfnudeln und Bienenstich liebte, im Wald Hütten baute und das später mal Forscher werden wollte. Und ja klar, ich habe auch gezeichnet. Aber wohl eher eben „auch“.

Wie sah Ihr Weg in die Illustration aus?

Ich habe einen Onkel, der eigentlich schon immer ein großer Freund schöner Bücher war. Und dieser Onkel schenkte mir jede Weihnachten einen Stapel Bücher der Büchergilde Gutenberg, deren Mitglied er seit Jahren war. Das bedeutete, dass ich nicht irgendwelche Bücher bekam, sondern Bücher, die auch „gut gemacht“ waren: mit zeitgemäßem Grafik-Design, festen Einbänden und natürlich fantastischen Illustrationen. (Illustrierte Bücher waren auch früher schon keine Selbstverständlichkeit und gerade die Büchergilde stand in den siebziger Jahren für feinste Buchkunst). Über diesen Weg lernte ich schon früh Illustratoren wie Tomi Ungerer, Ralph Steadman oder Horst Janßen kennen.
Ich glaube, diese Bücher haben mich nachhaltig geprägt und sie hatten keinen geringen Anteil daran, dass ich in Hamburg Illustration studierte.

Was macht einen guten Illustratoren aus?

Von einem Illustrator erwartet man in der Praxis tatsächlich nicht wenig: Er muss Gestalter, Künstler, Designer und Manager in einer Person zu sein, Er muss sein Handwerk beherrschen, Geschmack haben und einen unverwechselbaren Stil sein Eigen nennen. Dazu kommt, dass er ja nicht nur umsetzten soll, was andere sich ausdenken, er soll auch selbst kreativ sein und im Handumdrehen Ideen, visuelle Sprachen und pfiffige Bildlösungen kreieren. Darüber hinaus muss er natürlich das gesamte grafische Vokabular vom Layout bis hin zur Druckvorstufe beherrschen und selbstredend „in time“ liefern. Dazu kommt, dass er sich selbst vermarkten muss (immerhin sind nach einer neuen Umfrage der Illustratoren Organisation nur weniger als 2% der deutschen Illustratoren festangestellt). Er muss Kunden akquirieren und das Einmaleins des Freiberuflertums von der Buchhaltung bis zum Zeitmanagement spielend beherrschen.
Kurzum:
Die Frage ist nicht leicht zu beantworten, zumindest sofern man sie wörtlich nimmt.

Ich würde sagen, es kommt auf eine Mischung an:
Primär muss man gute Ideen haben & Illustration lieben, aber man muss auch in Lage sein, sich zu vermarkten.

Ist Illustration Kunst oder Handwerk?

Illustration ist ganz klar Kunst oder kann zumindest ganz klar Kunst sein.

Haben die elektronischen Medien den Beruf schwerer gemacht oder beflügelt?

Ich denke, dass sie den Beruf an sich eher beflügelt haben. Allerdings haben sie die Branche tiefgreifend verändert. Das Problem an den neuen Medien ist in der Tat, dass sie Teile der Arbeitsschritte in der Illustration automatisiert haben, die noch vor einer Generation von Hand gemacht wurden. Das bringt Gutes wie Schlechtes mit sich. Gutes, weil sie uns eher langweilige Teile der Arbeit abgenommen haben, Schlechtes, weil Sie insgesamt das Mittelmaß befördern (das gilt jedoch für das gesamte grafische Gewerbe). Gestaltung ist ja nicht nur Inspiration, sie ist auch Handwerk. Der digitale Umgang mit ihr befördert eben auch jedweden gestalterischen Bluff, wenn man im Handumdrehen scheinbar praktikable Ergebnisse generieren kann, ohne gestalterische Basics zu beherrschen.

Was zeichnet Ihren Stil aus?

Das ist schwer zu beantworten. Sich selbst gegenüber ist man ja immer etwas „betriebsblind“. Ich glaube, ich mag einfach Zeichnungen. Ich arbeite fast immer aus der Linie heraus und koloriere hinterher mit Wasserfarben (und manchmal mit Buntstiften oder Collageschnipseln aus buntem Papier.)
Kurz gesagt sehe ich mich selbst deshalb vor allem als Zeichner.

Haben Sie Lieblingsmedien (welche?) oder passen Sie diese immer dem jeweiligen Thema/Auftrag an?

Zeichnung und Aquarell. Am liebsten direkt „vor Ort“ in ein Skizzenbuch gemalt.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Das ist sehr unterschiedlich. Ich unterrichte ja noch an der FH Münster Illustration. Deshalb ist meine Woche eigentlich immer in zwei Hälften zerschnitten. In der einen Hälfte sitze ich in Berlin am Schreibtisch und in der anderen bemühe ich mich, unseren Studierenden Zeichnung und Illustration nahezubringen.

Ich hörte mal, der grösste Feind des Künstlers sei nicht mangelndes Talent, sondern die Störung durch andere Menschen. Brauchen Sie zum Arbeiten Stille und Einsamkeit, oder stören Sie andere Menschen nicht?

Nein ☺

Können Sie Ihren Weg von der ersten Idee bis hin zur fertigen Illustration beschreiben?

In der Regel habe ich gleich ein paar Visionen im Kopf – und in der Regel erweisen sich diese dann beim genauen Hinsehen (und aufzeichnen) als ziemlicher Mumpitz.
Tatsächlich kommen mir die besten Ideen beim Weiterverarbeiten von schlechteren Ideen.
Ich bin da ein großer Freund vom „machen“. Ich zeichnen einfach los und entwickele nach und nach ( und ebnen auch über -oft notwendige- schlechtere Zwischenschritte) bessere Ideen.
Ich habe festgestellt, dass ich meistens nur meine Zeit verschwende , wenn ich darauf warte , dass mich die Muse küsst. Drum: Ich nehme einfach ein Schmierpapier und zeichne los.

Wenn sie an Ihre vergangenen Arbeiten denken: Gibt es ein Projekt, das Sie als Ihr Lieblingsprojekt bezeichnen würden? Wenn ja: Welches, und wieso?

Ich habe vor ein paar Jahren ein Buch mit Skizzen aus dem Berliner Nachtleben veröffentlicht, mit Zeichnungen von Orten an denen fotografieren explizit verboten ist. Ich mochte den Gedanken etwas zeichnerisch zu dokumentieren was eben nur zeichnerisch zu dokumentieren ist. Aus Clubs, aus Techno Parties aus explizit sexuellen Zusammenhängen.
Und ich mag den Effekt, dass dies durch Zeichnung greifbar wird ohne die Protagonisten bloss zu stellen.

Welches Projekt würden Sie einem Leser gerne vorstellen?

Ich würde gerne mein neuestes Buch vorstellen. Mein Mix-Max Kochbuch. Ein Buch dessen Idee ich sehr mag. Es ist kein „normales“ Kochbuch das einem Rezepte vorschreibt und in dem Kochen einfach das Abarbeiten von Einkaufslisten darstellt. Das Mix Max Kochbuch hilft einem wirklich kreativ zu sein. Ich habe mir die Idee zusammen mit meiner Freundin Doro einfallen lassen, und ich glaube, es ist wirklich etwas neues und hilft allen, die wirklich Kochen lernen wollen, indem es spielerisch die Möglichkeiten aufzeigt, die unterschiedliche Zutatenkombinationen bieten.

Ein kleiner Blick ins Buch:

Wie ist das Klima zwischen Illustratoren? Ist jeder ein potentieller Konkurrent, den man meidet, oder ein Kollege im selben Arbeitsumfeld, mit dem man netzwerkt?

Ich mag Illustration und deshalb mag ich auch die Menschen, die sie machen.
Die meisten meiner Freunde haben mit Gestaltung oder Illustration zu tun und ich empfände mein Leben als ärmer, wenn ich mich nicht immer wieder mit Gleichgesinnten treffen und über unsere Kunst unterhalten könnte.
Ich glaube tatsächlich, dass wir nur gemeinsam die Situation der Illustratoren verbessern können. Deshalb war ich auch lange im Vorstand der IO Illustratoren Organisation aktiv. Ich glaube zudem, dass das Kontraproduktivste, was man in einer wirtschaftlich schwierigen Situation entwickeln kann, Konkurrenzdenken ist. Im Gegenteil ist es die Solidarität, die uns stark macht.

Was raten Sie jemandem, der Illustrator werden will?

In einem Satz? Man sollte kreativ, fleißig und mutig sein.

Welchen Illustrator oder Künstler soll ich hier noch vorstellen?

Meinen Atelierkollegen Aljoscha Blau 😉

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