Patricia Grob wurde 1978 in der Schweiz geboren und wuchs im Zürcher Oberland auf. Nach einer kaufmännischen Ausbildung entdeckte sie ihre Liebe zum Schreiben und ging dieser in einem Nebenjob für eine Tageszeitung nach. Patricia ist immer auf der Suche nach guten Geschichten, Petrichor oder der 25. Stunde in ihrem Schreiballtag. Von Patricia Grob bei Piper erschienen: «Ein Duo für alle Felle» und «Lobster, Mord und Meeresrauschen».
Wer bist du? Wie würdest du deine Biografie erzählen?
Das ist schnell erzählt. Ich bin Familienfrau, arbeite und schreibe. Alles in Teilzeit und manchmal auch gleichzeitig.
Wo nahm dein Schreiben seinen Anfang? Oder anders: Wieso schreibst du?
Das hat schon mit Schulbeginn angefangen. Ich glaube das war in der zweiten Klasse, als uns die Lehrerin „Die kleine Hexe“ vorgelesen hat. Das hatte mich sehr gepackt, ich bin nach Hause und habe mir mit Pappkartons und Tesastreifen ein Büchlein zusammengebastelt. Wie schwer konnte es schließlich schon sein, ein Buch zu schreiben?
Heute ist es für mich ein Hobby und ein Ausgleich, mit dem ich den Ernst des Lebens etwas weicher zeichnen kann.
Woher holst du die Ideen für dein Schreiben? Natürlich erlebt und sieht man viel, aber wann ist es eine Idee und wie wird eine Geschichte draus?
So pauschal lässt sich das nicht sagen. Wie in „Ein Duo für alle Felle“ war es eine einzelne Begebenheit, die mich zu der Geschichte geführt hat. Ich muss die Figur, deren Stärken und auch Nöte plastisch vor mir sehen. Wenn dann noch ein sagenhafter Konflikt in mir reift und ein Motiv erkennbar ist, ist das bereits die halbe Miete.
Wenn du auf deinen eigenen Schreibprozess schaust, wie gehst du vor? Entsteht zuerst ein durchdachtes Gerüst oder aber schreibst du drauflos und schaust, wo dich das Schreiben hinführt?
Wenn ich munter drauflos schreiben würde, käme ich nie mehr irgendwo an. Wie in der obigen Antwort beschrieben, entsteht mit der Grundidee der Pitch, den ich dann um das komplette „Gerüst“ erweitere. Mir kommen meist viele Ideen, was besonders an den Figuren sein soll. Im wahren Leben haben wir ja auch nicht nur eine Lieblingsbeschäftigung oder Neigung; für die Geschichte ist es dann aber nicht dienlich, wenn eine strickende Kommissarin abends noch tanzen geht, nachdem sie ihre Familie bekocht und nebenbei die kaputte Lüftung im Bad repariert hat. Und gewisse Hobbys sind ja auch nebensächlich (abgesehen von Mord). Da muss man immer schauen, was funktioniert und was nicht.
Wenn man an Schriftsteller denkt und auch Interviews von früher liest, schreiben viele die ersten Entwürfe von Hand, oft sogar mit dem immergleichen Schreibmaterial (Legal Pad und Bleistift oder ein bestimmter Füller). Wie sieht das bei dir aus? Stift oder Tasten?
Es kommt darauf an. Grundsätzlich bleiben mir Sätze besser im Gedächtnis, wenn ich sie von Hand notiere. Trotz all der Digitalisierung ist die Hand-Hirn-Verbindung nicht zu unterschätzen. Gerade bei einer bevorstehenden Deadline käme ich aber mit dem Stift nirgends hin. Wenn mir also nachts ein genialer Satz einfällt, liegt dafür neben meinem Bett ein Stift und Block bereit (und eine Stirnlampe). Dasselbe gilt für kurze Zugreisen oder ähnliches (ohne Stirnlampe). Das Manuskript selbst tippe ich am Laptop.
Ich hörte mal, der grösste Feind des Schriftstellers sei nicht mangelndes Talent, sondern die Störung durch andere Menschen. Brauchst du zum Arbeiten Stille und Einsamkeit, oder stören dich andere Menschen nicht?
Es sind mehrheitlich Gerätschaften, die mich stören. Mein Handy foutiert sich nicht um mein imaginäres „Bitte nicht stören“-Schild an der Bürotür, sofern ich es nicht lautlos schalte, natürlich. Und das ist mit Familie nicht immer ratsam.
Was sind für dich die Freuden beim Leben als Schriftstellerin, was bereitet dir Mühe?
Das Schöne ist, derart in einer Geschichte zu versinken, dass man nach drei oder mehr Stunden auf die Uhr blickt und erschrocken denkt, es seien doch höchstens zehn Minuten vergangen. Mühe habe ich mit der eigenen wenig vorhandenen Geduld. Die Nebentätigkeit eines Autors ist Warten.
Du schreibst mehrheitlich Krimis, auch in deren lustigen Prägung als Regionalkrimi. Wieso dieses Genre?
Effektiv begonnen hat alles 2018 mit der Idee zu einem Thriller, an welchem ich drei Jahre geschrieben habe. Übrigens liegt er jetzt immer noch in der Schublade (also falls das jetzt ein Verlag liest … 😉). Und dann kam Corona, und eines morgens, mitten zwischen Homeschooling-Wahnsinn und Vormittagsmüdigkeit, klingelte es an der Haustür. Mein erster Gedanke war: das kann ja jetzt auch nur noch der Postbote sein. Und plötzlich war da das Bedürfnis, etwas Lustiges aus dieser Zeit hervorzubringen. Die Idee zum Buch „Ein Duo für alle Felle“ (dem ich sinnigerweise den Arbeitstitel „Wenn der Postbote gar nicht klingelt“ verpasste) war geboren. Eigentlich sollte das mein „die Corona-Zeit sinnvoll nutzen-Buch“ werden, nur für mich (und die Schublade). Dass dann Piper Digital (seit 2024 between pages by Piper) ausgerechnet eine Talentausschreibung mit dem Motto „Abenteuer zu Hause oder vor der Haustür“ laufen hatte, war das i-Tüpfelchen und ich war mit meiner Einsendung, von der ich mir gar nichts erhoffte, einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Regionalkrimis zu schreiben war ein Versuch, aber kein Irrtum 😊.
Regionalkrimis boomen. Stand Rita Falk am Anfang noch fast allein, gibt es sie an allen Orten und von verschiedenen AutorInnen. Was macht in deinen Augen den Erfolg dieser Sparte aus? Und: Fürchtest du nicht, der Markt ist irgendwann übersättigt?
Ich glaube im Vordergrund dieses Genres steht die Leichtigkeit beim Lesen. Man kann gut abschalten und in heitere Situationen abtauchen, in der die Welt nicht mehr so bitterernst genommen wird. Primär geht es nicht unbedingt um das Lösen des Kriminalfalles, sondern das Wie und die Protagonisten, die zwar liebenswert, aber auch mit Ecken und Kanten sein sollen. Gerade in der heutigen Zeit, und das merke ich auch an mir selbst, braucht es diesen literarischen Schalter, den man kippen kann, um das Gedöns der Welt außen vor zu lassen. Dafür eignen sich humorvolle Regionalkrimis ausgezeichnet. Ob jetzt eine baldige Sättigung des Marktes ansteht, vermag ich nicht vorauszusagen, doch gibt es auch bei den Regionalkrimis Nuancen, die bedient werden und gutes Anrecht auf Leserschaft haben.
Es gibt die Einteilung zwischen hoher Literatur und Unterhaltungsliteratur (was oft einen abschätzigen Unterton in sich trägt). Was hältst du von dieser Unterteilung und hat sie einen Einfluss auf dich und dein Schreiben?
Braucht es diesen Spagat denn? Schlussendlich unterhält die Literatur so oder so, auch die hohe. Die Unterhaltungsliteratur vielleicht nicht direkt auf dieselbe prägende Art und Weise, aber als Leser:in habe ich je nach Genre auch eine ganz andere Erwartungshaltung. Ich denke nicht, dass das einen Einfluss auf meine Art zu schreiben hat, da ich ja auf ein gewisses Genre festgelegt bin und es eigenartig wäre, in einem Regionalkrimi davon abzuweichen.
Dein neuer Roman spielt an der Küste Dänemarks. Was bewegt eine Zürcher Oberländerin dazu, ihre Geschichte im Norden anzulegen, hört man doch immer, man solle über das schreiben was man kennt) was bekannte Schriftsteller natürlich immer wieder erfolgreich ignorierten)?
Mich hat eine zweitägige, je fast acht Stunden dauernde Autofahrt in einem bis unters Dach gepackten Opel und mit Kleinkind nach Grenaa (Dänemark) auf die Idee gebracht. Land und Leute haben mich inspiriert; auch wenn ich mir diese Autofahrt nie wieder antäte. Dass man über das schreiben soll, was man kennt, unterschreibe ich sofort.
Du zeichnest sehr originelle und witzige Figuren – haben diese reale Paten oder sind sie frei erfunden?
Dankeschön 😊. In ihren Merkmalen und Handlungen sind sie frei erfunden. Ich kann aber nicht abstreiten, dass mein Vater Postbote war, wie mein Protagonist Paul in „Ein Duo für alle Felle“. Dennoch hat er nie Kätzchen von Bäumen gerettet und zu entsorgende Kaffeekapseln gab es damals auch noch nicht 😉. Zudem war eine meiner Tanten eine fröhliche, geradlinige und vife Persönlichkeit, die ich immer ein bisschen in der Figur von Tante Tilli in „Lobster Mord und Meeresrauschen – Tante Tilli ermittelt“ gesehen habe. Gewisse Konstitutionen sind deswegen möglicherweise ein wenig „geborgt“. Es muss jetzt aber niemand Angst haben, dass er oder sie demnächst in einem neuen Krimi landet.
Wie viel steckt von dir in deinen Büchern?
Es lässt sich kaum verhindern, dass persönliche Meinungen und Prägungen auf die Buchfiguren übergehen. Ansonsten wäre authentisches Schreiben wohl kaum möglich. Trotzdem verpasse ich meinen Figuren nicht bewusst irgendwelche meiner Charakterzüge, das wäre der Figurenentwicklung wohl kaum dienlich. Und obwohl meine Bücher humorvoll sind, empfinde ich mich ja eher als unlustig.
In Amerika sind Kurse in kreativem Schreiben schon lange populär, in unseren Breitengraden scheint immer noch die Idee vom Genie vorzuherrschen und das Lernen des Handwerks wird eher stiefmütterlich behandelt. Ist Schreiben lernbar? Und wenn ja, wieso scheint das fast verpönt bei uns?
Da sprichst du ein interessantes Thema an. Denn in unseren Breitengraden sind diese Schreibkurse teilweise schlicht unerschwinglich. Meiner Meinung nach bedarf es schon einer gewissen Grundbegabung, die man mitbringen muss. Danach kommt viel über die Erfahrung mit „learning by doing“ zusammen. Es kommt auch immer auf das persönliche Ziel an. Schreibt man für sich im stillen Kämmerlein, weil es einen glücklich macht, oder soll der literarische Wurf irgendwann publiziert werden? Wobei Letzteres mit einer entspannten Erwartungshaltung verfolgt werden sollte.
Was rätst du einem (jungen) Menschen, der ernsthaft ein Buch schreiben möchte?
Schreiben. Schreiben. Schreiben. Und Geduld aufbringen. Nicht nur für andere, sondern vor allem für sich selbst. Gerade wenn es mal „nicht so läuft“. Wohldosierte Hartnäckigkeit und Demut vor der Meinung anderer schaden ebenfalls nicht. Und ganz wichtig ist es, keine hohen Erwartungen zu haben. Ein Plot kann noch so genial und durchdacht sein – wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort ist, nützt einem das nichts. Ein offenes Auge und gesunder Menschenverstand bewahren einen zusätzlich vor den hochtrabenden „Pseudo“-Verlagen, die einem (unerfahrenen) Autoren nur das Geld aus der Tasche ziehen wollen.
Danke, liebe Patricia, für deine Einblicke in deinen Schreiballtag!
Bücher von Patricia Grob:
«Lobster, Tod und Meeresrauschen – Tante Tilli ermittelt»
«Tilli blieben jetzt genau 30 Tage Zeit, um sich aus Alexanders Greifarmen zu winden, ihre Spuren zu verwischen und auf Nimmerwiedersehen unterzutauchen. Und je eher ihr das gelang, umso besser. Deshalb musste sie diese verbleibende Zeitspanne unbedingt um 29 Tage unterbieten.»
Als ihr geldgieriger Neffe ihr eröffnet, dass sie nicht mehr alle Tassen im Schrank habe und deswegen in einer Seniorenresidenz untergebracht werden soll, gibt es für Tilli nur eines: Sie muss hier weg. Eigentlich war Las Vegas vorgesehen, doch landen tut sie in Dänemar, genauer an der dänischen Küste in Grenaa. Ein Weiterflug ist erst in zwei Tagen anberaumt. Als dann auch noch die Leiche ihres Exmanns angespült wird, sieht sie jedoch die Gelegenheit, diese 48 Stunden sinnvoll zu nutzen und auf eigene Faust zu ermitteln. Für eine ehemalige Politesse sollte das ein Kinderspiel sein.
Eine witzige Geschichte mit authentischen und eigenwilligen Charakteren, die sich in einem Zug weglesen lässt.
„Ein Duo für alle Felle“
Als Paul endlich Rentner ist, freut er sich auf eine ruhige Zeit und langes Ausschlafen am Morgen. Alles, was ihm vorher vergönnt war. Diese Rechnung hat er ohne seine Enkel gemacht, die ihm einen Hund schenken, obwohl er mit diesen Fellbündeln nichts am Hut hat. Mässig begeistert von diesem neuen Mitbewohner ist der nächste Schrecken nicht weit: Drei Mitbewohner im Seniorenheim seiner Lebenspartnerin sterben überraschend und kurz darauf verschwindet diese selbst. Da muss etwas Übles dahinterstecken, dessen ist sich Paul sicher. Getarnt als Postbote macht er sich auf die Suche nach seiner Freundin. Dass ihm dabei mancherlei widerfährt, bleibt nicht aus…


