Lohnungleichheit Frauen und Männer

Ich habe mich in der letzten Zeit in Ökonomie-Bücher gestürzt – eine neue Welt, die für mich zwar anstrengend war durch die doch trockenen Fakten, die mir aber auch ganz neue Einblicke ins Leben und in die Welt eröffnet haben. Mir wurde einmal mehr bewusst, wie wertvoll es ist, die eigenen Pfade ab und an zu verlassen und Neues zu entdecken. Ich kam zum Schluss, dass eigentlich ökonomische Zusammenhänge ganz viel von unserem (Zusammen-)Leben bestimmen, dass diese Zahlen und Fakten viel mehr sind als nur das. Sie bestimmen Lebensumstände.

Es gibt den Spruch, dass das, was einer hat, bestimmt, was einer ist. Das ist ein Denken, das man gerne ablehnt, weil man findet, den Mensch mache viel mehr aus als sein Besitz. Man liest den Ausspruch in der Weise, dass das Haben wichtiger ist als das Sein und ist darüber moralisch empört, da das Sein doch viel zentraler ist. Nur: Um sein zu können, muss man etwas haben, denn ohne die grundlegende Finanzierung dieses Seins wird dieses Sein nicht nur kein befriedigendes sein, sondern sogar ein leidvolles. Und das ist es in der heutigen Zeit immer noch für viele Menschen auf dieser Welt.

Befasst man sich intensiver mit der Thematik der Geldverteilung auf dieser Welt, sieht man, dass diese alles andere als gleich oder gerecht ausfällt. 1 % der Menschen am oberen Ende der Skala besitzt mehr als 50 % am unteren zusammen. Die Menschen am ganz unteren Ende haben von allem zu wenig, ihr Überleben ist auf menschenwürdige Weise oft nicht mehr möglich. Hier möchte ich eine andere Ungleichheit herausgreifen: Die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen. Die Zahlen dazu habe ich aus dem Buch „Der Sozialismus der Zukunft“ des französischen Ökonomen Thomas Piketty. Es versammelt seine Kolumnen aus Le Monde aus den Jahren 2016 – 21.

Im Alter von 25 arbeiten beide Geschlechter in vergleichbaren Stellen, da beträgt der Einkommensunterschied zwischen 10 und 20 %. Im Laufe der Jahre werden Männer mehr befördert als Frauen, der Unterschied steigt an, liegt bei 50 Jahren bei 60 & und kurz vor der Rente bei 64 %. Das sind die Zahlen aus Frankreich im Jahr 2016, ich denke aber, viel hat sich da noch nicht geändert und auch in anderen Ländern wird es nicht komplett anders sein. Piketty hat berechnet, dass dies aber schon eine Verbesserung zu früher darstellt, und da, wenn die Entwicklung so weiter geht, wir im Jahr 2102 Lohngleichheit haben werden.

Ich frage mich, ob wirklich jemand mit einem Ansatz von Gewissen in einer solchen Welt leben möchte?! Oft heisst es, das patriarchalische System hänge noch in den Köpfen, diese Umstände seien den Ängsten der Männer vor Macht- und Jobverlust geschuldet, weshalb sie die alten Strukturen leben liessen. Ich kann (will) nicht glauben, dass jemand am Abend wirklich noch in den Spiegel schauen könnte, wenn er das bewusst so geplant hätte. Sind uns diese Zahlen zu wenig bewusst? Müssten wir uns mehr dafür einsetzen, diese Missstände aufzuzeigen? Wer? Wo? Auf welche Weise? Was können wir tun? Mir war das alles nicht in dem Ausmass bekannt (in Ansätzen aber schon). Das Thema will ich weiter verfolgen, vor allem auch, weil ich denke, dass mit dieser Ungleichheit noch ganz viele andere Probleme dieser Welt zusammenhängen, Piketty spricht in dem Zusammenhang auch von er weltweiten Armut sowie dem Klimaschutz.

Gareth Stedman Jones: Das kommunistische Manifest

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Obgleich das „Manifest“ unser beider gemeinsame Arbeit war, so halte ich mich doch für verpflichtet festzustellen, dass der Grundgedanke, der seinen Kern bildet, Marx angehört. Dieser Gedanke besteht darin: dass in jeder geschichtlichen Epoche die vorherrschende Produktions- und Austauschweise und die aus ihr mit Notwendigkeit folgende gesellschaftliche Gliederung die Grundlage bildet, auf der die politische und die intellektuelle Geschichte dieser Epoche sich aufbaut und aus der allein sie erklärt werden kann.

Das Buch von Gareth Stedman Jones führt den Leser an das kommunistische Manifest von Marx und Engels heran, indem es die geschichtlichen und gedanklichen Hintergründe und Einflüsse desselben aufzeigt. Stedman Jones zeichnet ein Bild von Hegels und Marx biographischen Geschichten, zeigt die Einflüsse, denen die beiden ausgesetzt waren und wie sich ihre Gedankengänge und Ideologien entwickelt haben. Er behandelt dabei vor allem Hegel ausführlich, welcher grossen Einfluss auf Marx hatte. Auch die Einflüsse von Stirner, Adam Smith, Gottlieb Fichte, Immanuel Kant, Hugo Grotius und vieler mehr werden ausgeführt und dem Leser so ein umfassendes Bild der gedanklichen Geschichte des Manifests vorgestellt.

Der Blick auf die Geschichte mit ihren Umbrüchen, die Erklärung der Industrialisierung in der damaligen Zeit und die einzelnen Bewegungen in verschiedenen Ländern Europas werden fundiert und der Thematik angemessen präsentiert, so dass sich ein breit abgestütztes Gesamtbild ergibt, in welches der Originaltext eingeordnet werden kann.

Wenn sich ein Wissenschaftler so intensiv  mit einem Geist wie Marx auseinandersetzt, gründet das oft auf einer Faszination durch diesen und eine damit einhergehende Verehrung. Stedman Jones lässt sich den Blick dadurch jedoch nicht trüben und zeigt durchaus auch kritisch auf die Schwächen von Marx Lehre und die Probleme der sich gegenseitig aushebelnden Gedankengänge und Forderungen. Er konstatiert, dass Marx wohl von der Fertigstellung seines Werks „Das Kapital“ absah, da er selber gemerkt haben musste, dass seine Theorie Gefahr lief, zu implodieren. Nichts destotrotz gelingt es Stedman Jones, die noch heute aktuelle Schrift in einem klaren und einprägenden Licht darzustellen.

Fazit:

Eine fundierte und tiefgründige Heranführung an das Werk von Marx und Engels. Stedman Jones zeichnet sich durch fundiertes Wissen des Werkes der beiden sowie durch solide Kenntnis der Hintergründe und geschichtlichen, philosophischen und anderweitigen Einflüsse aus. Ab und an etwas langatmig und wenig auf den Punkt, insgesamt aber sehr aufschlussreich und lesenswert.

 Angaben zum Buch:

Taschenbuch: 319 Seiten

Verlag: C. H. Beck

Übersetzung aus dem Englischen: Catherine Davies

Preis: EUR 14.95 / CHF 21.90

 

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