Kürzlich schrieb ich bei Facebook, dass ich mir überlege, einen zweiten Hund in die Familie zu holen. Neben vielen sachlichen und auch gefühlvollen Argumenten dafür und dagegen erhielt ich eine private Nachricht, in der mir ein Mann sagte, dass ich das unbedingt sein lassen müsse, da ich sonst, wenn ich neben Kind, Hund und zwei Katzen noch einen zweiten Hund hätte, erst recht keinen Mann fände.
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Vor ein paar Tagen schnitt ich meine Haare von relativ lang zu knapp kinnlang ab. Ich stellte das Bild als Profilfoto in meinen Messenger und erhielt kurz darauf eine Nachricht, die weder Anrede, noch sonstiges erhielt, nur das: NEEEEIIIN!!! Darauf folgte, der Schritt sei zwar wettermässig verständlich, deswegen aber noch lange nicht nachvollziehbar.
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Es gab mehrere Gelegenheiten, bei denen jemand mit mir oder ich mit ihm abmachen wollte. Von grosser Freude über ein Treffen oder Wiedersehen wurde gesprochen, dann aber von Mannes Seite erwähnt, wie eingespannt er sei, er werde sich dann kurzfristig melden. Und prompt kommt eines Tages ein SMS, ich bin nun grad frei, wir könnten uns spontan zum Kaffee treffen.
Bei all diesen Ereignissen stellen sich bei mir die (nun kurzen) Haare auf. Mit welchen Frauenbildern schlagen sich Männer teilweise rum? Denken sie allen Ernstes, wir sitzen hier, richten unser Leben genau so aus, dass es für einen potentiell interessierten Mann passt? Gestalten wir unsere Frisuren nach den gängigen Geschmäckern irgendwelcher Herren, die nicht mal den Anstand und die Umgangsformen einer menschlichen Kommunikation kennen? Sitzen wir wirklich nur auf Abruf da und hoffen auf ein gnädig eröffnetes Zeitfenster im ach so gefüllten Zeitplan des wichtigen Mannes? Wo in der Zeit sind diese Herren stehen geblieben?
Die andere Frage, die sich mir stellt ist, ob es wirklich Frauen gibt, die sich genau so verhalten, wie diese Männer es vorgeben. Von irgendwo müssen die Herren der Schöpfung ja dieses Verhalten haben und es muss schon Erfolg gebracht haben, sonst hätten sie es vielleicht verändert? Sollte das Ergebnis von jahrzehntelanger Emanzipationsbewegung wirklich sein, dass Frau immer noch ihr Leben dem des Mannes anpasst und damit unterordnet, damit sie ja nicht alleine dasteht? Wer hat überhaupt gesagt, dass sie einen Mann sucht und braucht? Zumindest tut sie das nicht mehr als der Mann auch die Frau braucht, sind wir doch alle soziale Beziehungstiere.
Ich habe das nicht immer so gesehen. Es gab durchaus Zeiten in jüngeren Jahren, in denen ich betroffen gewesen wäre ob der Reaktion auf meine Frisur, in der ich gesprungen wäre auf den Pfiff des gnädigen Herrn mit dem Zeitfenster und alles getan hätte, um ja nicht auf der Liste der ungewollten Frau zu landen. Ich war zu wenig sicher, wer ich bin und was ich selber vom Leben wollte. Ich dachte, ich könne doch nicht einfach meinen Weg gehen, müsse mich anpassen. Ich gestand mir selber zu wenig Selbstwert zu und stellte damit die anderen mit ihren Meinungen und Bedürfnissen über mich. Dass dies vor allem im Austausch Mann – Frau passiert, hat eine lange gewachsene Tradition. Diese zu durchbrechen bedeutet nicht, nun in einen sinn- und wahllosen Geschlechterkampf einzusteigen, wie es teilweise geschieht. Es heisst ledigilich, sich selber als Mensch unter gleich würdigen und gleichwertigen Menschen zu sehen und zu sich selber zu stehen. Es heisst, sich ernst zu nehmen und sich dadurch den Wert zuzuschreiben, den man hat und haben sollte – für sich und für andere.
