Herr der eigenen Gedanken sein

„Es wäre dumm, sich über die Welt zu ärgern. Sie kümmert sich nicht darum.“ (Marc Aurel)

Der morgendliche Blick aus dem Fenster – Wolken, grau, Regen… es macht sich schon ein bisschen die Überzeugung breit: Das wird ein übler Tag. Hat dann noch der Chef blöde Laune, beim Einkauf ist die Verkäuferin unfreundlich und der Bus fährt vor der Nase weg, ist die Sache geritzt:

Das ist ein blöder Tag.

Und dann kommst du nach Hause und setzt dich so hin und lässt den Tag Revue passieren. Und alles kommt hoch: Du ärgerst dich nochmals über die unfreundlichen Verkäuferinnen, die rücksichtslosen Buschauffeure, du haderst mit den Autofahrern, die dir den Weg absperrten, schimpfst innerlich über den Nachbarn, der ständig Streit sucht und den unsäglichen Chef mit der immer miesen Laune. Dann denkst du vielleicht zurück an den einen Lehrer, der dich auch schon das Leben schwer machte, die Eltern, die hier und da nicht waren, wie du es dir gewünscht hättest.

Und so sitzt du dann da. Zu Hause. Allein. Und ärgerst dich. All die anderen, die vermeintlich für deinen Ärger verantwortlich sind, merken davon nichts. Sie machen sich vielleicht gerade einen schönen Abend, geniessen ein Nachtessen, lassen ein Bad ein – oder ja, vielleicht treiben sie sich mit ähnlichen Gedanken rum. Nur: Was du gerade mit deinem Abend machst, dafür ist nur einer verantwortlich:

Du selber!

Du ärgerst dich über das, was war, du holst es zurück, du belastest deinen Abend damit. Alle anderen haben davon wohl keine Ahnung. Sie haben dir vielleicht für dein Empfinden einen Moment versaut, aber du gibst ihnen die Macht, den Rest des Tages noch mit zu versauen. Weil du es nicht nur zulässt, sondern weil du es aktiv heraufbeschwörst.

Du kannst oft nicht bestimmen, was dir über den Tag hinweg alles passiert. Was du aber in der Hand hast, ist, wie viel Platz du dem einräumst. Und wie lange du es für dich selber weiter trägst. Ab und an hilft es, anzuerkennen, dass es nicht optimal gelaufen ist, dass es aber vorbei ist. Wenn man es dann loslässt, gehört der Rest des Tages einer Person: Dir selber. Und du kannst diesen nun für dich geniessen. Kein anderer funkt mehr rein. Wenn du ihn nicht lässt in deinen Gedanken.

Wenn du also wieder mal zu Hause sitzt und denkst, wer dir alles den Tag vermiest, frage dich: Wer tut es aktuell wirklich? Bin ich es nicht vielleicht selber? Will ich das? Vor allem auch: Bringt es was? Ab und an kann man sich vielleicht überlegen, wie man künftig ähnliche Situationen vermeiden könnte. Aber auch da hilft Ärger wenig. In der Entspannung finden sich meist die besten Ideen.

Das Leben in die Hände nehmen

“ Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
(Reinhold Niebuhr)

Es gab in meinem Leben leider viele Momente, in denen ich dachte, dem, was grad passiert, einfach hilflos ausgeliefert zu sein. Ich fühlte mich ohnmächtig (es lag nicht in meiner Macht, etwas zu ändern), hilflos (ich wusste mir nicht zu helfen und fand auch im Aussen keine Hilfe) und vor allem sehr verletzlich (die Welt schaut auf mich und urteilt….).

Und ja, es ist so: Es gab viele Situationen, in denen das Gefühl nicht falsch war: Ich konnte die Dinge nicht ändern. Dabei wollte ich es so gerne. Ich studierte ganze Nächte, suchte tagsüber nach Wegen und Möglichkeiten. Am Schluss… blieb alles, wie es war. Und dieses Gefühl des Ausgeliefertseins, der Hilflosigkeit, hatte sich eingebrannt.

Wie oft greifen wir genau auf das Gefühl zurück, wenn wir vor Schwierigkeiten stehen? Denken: Ach, das bringt ja eh nichts, es gelingt ja nicht.

Es ist eine Tatsache, dass wir nicht alles im Leben in der Hand haben. Ganz viel entzieht sich unserer Kontrolle, beruht auf Zufällen oder ist von etwas abhängig, das ausserhalb unserer Macht liegt. Wenn wir uns nun über diese Dinge aufregen und uns daran aufreiben, passiert nur eines: Wir ärgern uns, ändern aber nichts am Grund für den Ärger. Die Dinge nehmen ihren Lauf.


Es gibt aber durchaus Dinge, die wir selber in der Hand haben. Da dann einfach abwartend zu sitzen und zu hoffen, dass sich alles zum Guten wendet, wäre mehr als schade. Wir könnten da selber Hand anlegen, nur: Dinge zu verändern ist nicht immer nur einfach, Gewohnheiten wiegen mitunter schwer. Sind sie doch erstens erprobt und oft auch bequem. Und doch: Es wäre schade, es nicht zu tun, da wir damit das Steuer unseres Lebens aus der Hand geben und auf etwas verzichten, das wir insgeheim (wir würden uns sonst nicht ärgern) wollen.

Schubladendenken

„Gelassenheit können nur jene erreichen, die ein unerschütterliches und klares Urteilsvermögen haben – der Rest hadert ständig mit seinen Entscheidungen schwankt hin und her zwischen Ablehnung und Akzeptanz.“ (Seneca)

Schon bei kleinen Fragen kann ich mich aufhängen: Markiere ich in Büchern nun mit Bleistift oder mit Leuchtstift? Waren andere klar gegen Markierungen oder aber verwendeten, was grad da ist, konnte ich mich Tage und Wochen mit der Frage aufhalten, was dem Buch angemessener wäre – die Frage nach meinem Nutzen aus der Markierung und welche diesem besser dienen würde, kam erst später – so weit kam ich eigentlich selten.

Ich wollte genügen. Dem landläufigen Usus folgend, wie man mit Büchern umgeht, gewissen ästhetischen Prinzipien, wie das Buch nach meinem Lese- und Arbeitsvorgang (und ja, Bücher und Lesen war und ist immer noch teilweise mein Beruf) aussehen sollte. Dies nur ein Beispiel.

Ich bin, um es gelinde auszudrücken, nicht immer sehr entscheidungsfreudig gewesen. Ich konnte sogar bei den banalsten Fragen hin und her überlegen, Argumente wälzen und zu keinem Schluss kommen. Bei den schwierigen Fragen war es umso schlimmer. Schlussendlich wollte ich die richtige Entscheidung treffen.

Ob eine Entscheidung richtig oder falsch ist, zeigt sich meist sowieso erst hinterher. Oft kann man im Vorfeld noch so viele Argumente hin und her wälzen, sie sind schlussendlich selten ausschlaggebend, denn: Man weiss tief drin eigentlich sehr genau, was man will und was passt – eine innere Stimme, ein Bauchgefühl. Nur: es ist so ungesichert, worauf will man sich berufen, wenn man sich später rechtfertigen will? Die Ratio erschien mir da oft der sicherere Weg. Das kann ich, das hat Hand und Fuss, das hat Argumente, die ich dem anderen auftischen kann. Und doch fühlt es sich oft so mühsam an. Und wie oft sagte ich im Nachhinein: „Hätte ich nur auf meine innere Stimme gehört.“

Was noch dazu kommt: Würden wir drauf hören, hätten wir eine Entscheidung, die unserem Fühlen und Sein entspräche, und damit auch wieder Ruhe. Dieses andauernde Wälzen von Argumenten, dieses Hin und Her im Geist, bringt meist vor allem eines mit sich: Unruhe.

Wenn also wieder einmal eine Entscheidung ansteht: Eigentlich kenne ich meine Antwort. Wenn ich ihr nicht traue, hilft es, eine Münze zu werfen. Wenn sie fällt, weiss ich, wie ich mich fühle. Bin ich enttäuscht, ist diese Entscheidung nicht die, welche ich mir wünsche. Bin ich zufrieden, sollte ich den Weg ausprobieren.

Ich sage nicht (NIE!!), dass man den Kopf einfach ausschalten soll. Nur: Wenn es um Entscheidungen geht, die zu einem persönlich stimmigen Weg führen sollen, sollte man den Bauch nicht ignorieren. Das heisst nicht, dass der Weg immer einfach, toll, gewinnbringend und erfolgreich ist. Aber: Es war zumindest der eigene Weg. Jeder andere kann genauso misslingen. Und dann habe ich doppelt verloren. Ich habe mich, meine Bedürfnisse und Wünsche aufgegeben, um in eine Schublade zu passen – und sie schloss immer noch nicht…

Wir werden nie in jede Schublade passen, wir sollten aber immer im Auge behalten, was in unsere passt.

30. April

„Der Weg zum Glück besteht darin, sich um nichts zu sorgen, was sich unserem Einfluss entzieht.“ (Epiktet)

Ab und an lese ich all die schönen Sprüche und denke, dass das alles gut klingt, aber schlicht unmenschlich ist. Sind wir nicht einfach so, dass wir uns Sorgen machen müssen? Ist es nicht in unseren Genen angelegt irgendwie? Es fühlt sich zumindest so an. Das Kopfkino läuft auf Hochtouren mit dem Ausmalen der möglichen negativen Konsequenzen, wir wägen Risiken ab und sorgen uns über die Folgen, die entstehen könnten. Kann man das abstellen?

Ich denke nicht. Was ich aber denke ist, dass man daran arbeiten kann, sich selber immer wieder den Kopf zurecht zurücken, dass man immer mal wieder hinschauen kann, was man da eigentlich tut, und sich dann fragen, was es wirklich bringt. Und vielleicht kann man dann und wann das Kopfkino abschalten. Das könnte ein kleiner Moment des Glücks sein.

28. April

„Der Mensch leidet, weil er Dinge zu besitzen und zu behalten begehrt, die ihrer Natur nach vergänglich sind.“ (Buddha)

Schön, hässlich, angenehm, unangenehm, gewollt, ungewollt – wir gehen durch die Welt und bewerten alles, was wir antreffen. Das, was uns gefällt, wollen wir unbedingt haben und behalten, das, was wir nicht mögen, versuchen wir zu meiden. Leider ist das Leben kein Ponyhof und es nimmt wenig Rücksicht auf unsere Begehrlichkeiten. Dazu kommt, dass Leben immer auch Wandel bedeutet: Was entsteht, wird auch wieder vergehen, was in unser Leben tritt, dieses auch wieder verlassen.
Wie oft fürchten wir uns schon im Vorfeld, dass etwas enden könnte, so dass wir uns einen Teil des Genusses des Guten schon versagen? Wie viel Energie stecken wir in Vermeidungsstrategien bei den Dingen, die wir nicht mögen? Und damit trüben wir die Zeiten, in denen das nicht Gewollte gar nicht da ist.
Wir können die Natur nicht ändern. Natur ist immer auch Veränderung. So lange wir uns dagegen sträuben, werden wir immer auch leiden. Wieso also nicht versuchen, das zu geniessen, was ist, so lange es ist? Um dann zu schauen, was kommt? Was man nie vergessen darf: Veränderung hat auch was Tröstliches, denn: Sind die Zeiten mal nicht gut, dauern auch diese nicht ewig.

27. April

„Nicht die Dinge selbst, sondern die Meinungen über dieselben beunruhigen die Menschen.“ (Epiktet)

Vor Prüfungen habe ich mich immer dabei ertappt, wie ich mir in den düstersten Farben ausmalte, was alles schief gehen könnte. Vor wichtigen Terminen blieb der Schlaf aus, weil in meinem Kopf die Gedanken drehten – nicht auf erfreuliche Weise. Ich malte mir aus, was alles passieren könnte, stellte mir vor, welche Gefahren und Risiken auf mich warten könnten.

Ich war beunruhigt, ohne dass etwas passiert war. Alles fusste nur auf meinen eigenen Vorstellungen. Eigentlich blöd, oder? Klar können Prüfungen misslingen, Termine können auch wenig erfreulich ausgehen, aber: Sich das schlechte Ende schon vorher immer und immer wieder vor Augen zu führen, wird kaum etwas Positives bringen – im Gegenteil. Es stiehlt mir Zeit und Ruhe und bildet damit keinen guten Boden für das Bevorstehende.

Wie viel besser wäre es also, wenn wir uns vor Herausforderungen aufmuntern und innerlich stärken würden statt uns niederzumachen und in Ängsten zu versinken?

24. April

„Begehre nicht, daß die Sachen in der Welt gehen, wie du es willst, sondern wünsche vielmehr, daß alles was geschieht, so geschehe, wie es geschieht, dann wirst du glücklich sein.“ (Epiktet)

Ertappst du dich auch ab und an dabei, zu denken: „Ach, wenn doch nur dies und das anders wäre?“ Und mit welchem Erfolg? Du haderst mit dem, was ist, wünscht dir etwas, das offensichtlich nicht ist. Und fühlst dich dabei alles, nur nicht zufrieden.

Wir können die Umstände nicht ändern, wir können nur bestimmen, wie wir mit ihnen umgehen. Wenn wir das wissen, leuchtet es auch ein, dass der Wunsch, die Umstände könnten anders sein, nicht nur vergeblich, sondern sogar verderblich ist: Er verdirbt unsere Laune.

Wenn also wieder einmal ungünstige Umstände herrschen, frage dich, wie du das beste aus ihnen machen kannst. Und sei dann froh, einen guten Weg gefunden zu haben. Vielleicht stellt sich nicht immer gleich das grosse Glück ein, eine grössere Zufriedenheit aber sicher.

23. April

„Wenn dein Haus in Flammen steht, wärme dich daran.“ (Spanisches Sprichwort)

Es gibt Situationen im Leben, denen lässt sich beim besten Willen nichts Positives abgewinnen. Klar kann man versuchen, zu denken, dass es für etwas gut sein könnte irgendwann, man dies nur noch nicht weiss (und ja, das mag sogar so sein), nur: Hier und jetzt ist es nicht schön und durch nichts schön zu reden.

Nach der ersten Trauer, Frustration, Wut über das, was ist, hilft nur eines: Das Beste daraus machen. Dann gilt es, genau hinzuschauen und zu analysieren: Was ist passiert? Welche Ausmasse nimmt das Schlamassel ein? Was kann ich doch noch tun, um den Schaden zu minimieren, noch etwas zu retten, möglichst heil weiter zu gehen. Und dann gilt es, mit neuem Mut das Leben in die Han zu nehmen.

22. April

„Ahme den Gang der Natur nach. Ihr Geheimnis ist die Geduld.“ (Ralph Waldo Emerson)

Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht, Früchte sind nicht aromatisch, wenn man sie nach zu wenig Sonnentagen erntet und aus unreifen Trauben wird kein süsser Wein. Alles in der Natur braucht seine Zeit. Zwar erheben wir uns immer gerne über die Natur, doch sind wir schlussendlich immer ein Teil davon und ihr damit auch unterworfen.

Wenn wir also wieder einmal von Ungeduld geplagt sind und dringend etwas erreichen wollen, sollten wir uns zuerst fragen, was wir ausgesät haben und ob die Zeit wirklich schon reif ist für die Ernte.

21. April

„Leicht muß man sein:
mit leichtem Herz und leichten Händen,
halten und nehmen, halten und lassen …“ (Hugo von Hofmannsthal)

Als wir Kinder waren, haben wir das Leben spielerisch erkundet. Im Spiel lernten wir uns besser kennen, lernten vieles fürs Leben und lachten dabei. Schiller hatte das im Sinn, als er sagte, dass man nur da ganz Mensch ist, wo man spielt, denn nur im Spiel lässt sich das Menschsein in seiner ganzen Form entfalten, lassen sich Dinge probieren. Im Spiel herrscht eine Leichtigkeit, die uns oft im späteren Leben abhanden gekommen ist. Drum heisst es wohl auch, dass man, wenn man erwachsen wird, in den Ernst des Lebens eintritt.

Mit Blick auf Schillers Satz bedeutet das aber auch, dass wir damit einen Teil unseres Menschseins ablegen. Wozu? Um verbissen irgendwelchen Vorgaben nachzurennen, Erwartungen zu erfüllen und Leistungen zu erbringen? Wie wäre es, einfach mal wieder das Spielerische ins Leben zu lassen, das Leben leichter zu nehmen? Es ist nicht alles so ernst, wie es aussieht und ein wenig mehr Leichtigkeit macht das Leben oft nicht nur erträglicher, sondern auch den Umgang mit schwierigen Situationen leichter. Dann würden vielleicht die verbissenen Mienen aufhellen und ein Lachen ginge durch die Welt.

20. April

„Die höchste Krone des Helden ist die Besonnenheit mitten in Stürmen der Gegenwart.“ (Jean Paul)

Auseinandersetzungen, Angriffe, unfaires Verhalten – jeder hat sie schon erlebt und darauf reagiert. Oft reagieren wir aus dem Affekt heraus, wollen gleich antworten, wenn wir angegriffen werden, wollen reagieren, wo wir uns ins Unrecht gesetzt fühlen. Und sehr oft ist genau das nicht wirklich zielführend, sondern es endet in einem unschönen Schlagabtausch in welchem meist alle, sicher aber man selber verliert.

Spontanes Verhalten ist in uns Menschen angelegt und ist durchaus sinnvoll in gewissen Situationen: Wenn ein Löwe auf uns zustürmt, ist es sicher besser, die Beine in die Hand zu nehmen und zu fliehen, anstatt noch lange zu überlegen. In Auseinandersetzungen führt die Flucht nach vorne jedoch meist ins Verderben. Besser wäre es, den ersten Ärger verziehen zu lassen, die Situation zu analysieren und eine angemessene Reaktion auszudenken. Nicht nur besteht so die Hoffnung, einen noch im Keim befindlichen Streit zu umgehen, selbst wenn das nicht gelingt, kann man sich nicht hinterher vorwerfen, unangemessen reagiert zu haben.

19. April

„Weise ist der Mensch, der Dingen nicht nachtrauert, die er nicht besitzt, sondern sich der Dinge erfreut, die er hat.“ (Epiktet)

Ein neues Auto, ein grösserer Fernseher, endlich mal Urlaub, ein paar Kilos mehr oder eine neue Beziehung – du bist überzeugt, dass du glücklich wärst, wenn du nur erst das hättest, was du dir so sehnsüchtig wünschst? Du kannst dich in Tagträumen verlieren, wie du durch die Gegend führest, die Filme endlich geniessen könntest, am Strand lägst, neue Kleider kaufen könntest und die deinem neuen Freund vorführen? Und statt all das zu geniessen, bist du frustriert, weil all das in weiter Ferne ist, du stattdessen das leben hast, das du eben hast?

Wünsche zu haben, ist nicht verkehrt, wenn sie dir aber die Laune vermiesen, ist es höchste Zeit, genauer hinzusehen: Gibt es neben all diesen unerfüllten Wünschen wirklich nichts Gutes in deinem Leben? Wie wäre es, einmal eine Liste mit all den Dingen zu machen, die gut sind, und dich dann daran zu freuen?

18. April

„Es wäre dumm, sich über die Welt zu ärgern. Sie kümmert sich nicht darum.“ (Marc Aurel)

Was gibt es nicht alles für ärgerliche Dinge auf dieser Welt: Unfreundliche Verkäuferinnen, Buschauffeure, die dich kommen sehen und trotzdem abfahren, Autofahrer, die dir die Vorfahrt nehmen, Nachbarn, die ständig Streit suchen, Chefs mit dauerhaft mieser Laune, Lehrer, die ständig Fehler sehen, aber nichts zu leben sehen. Und du sitzt zu Hause und ärgerst dich. Holst dir immer wieder ins Gedächtnis, was dir passiert ist, fühlst erneut, was du in der Situation gefühlt hast, schimpfst über all die Menschen, die dir den Tag versaut haben. Und die? Haben von allem keine Ahnung und lassen es sich gut gehen (wenn sie nicht sind wie du).

Im Moment gibt es eigentlich nur einen Menschen, der dir den Tag vermiest: Du selber mit deinen Gedanken. Bist du sicher, dass du das willst?

17. April

„Wer bei allem affektfrei bleibt, wenn er dies oder das erfährt, Erfreuliches oder Unerfreuliche, weder begehrt noch hasst, dessen Weisheit ist fest gegrundet.“ (Bhagavad Gita, 2.57)

Es klingt gar utopisch, keine Affekte mehr zu zeigen auf alles, was passiert im Leben. Der erste Impuls auf diesen Satz ist vielleicht auch, dass man das gar nicht möchte, da man sich gerne freut, wenn etwas schön ist, da man – vor allem positive – Gefühle nicht aus dem Leben verbannen will. Was für ein eintöniges Leben wäre das, würden wir nur in einer Einheitssuppe gleichförmiger Gefühlslosigkeit dahin leben?

Auf der anderen Seite bringt es wenig, Dinge zu wollen oder abzulehnen, auf die wir keinen Einfluss haben. Was passiert, tut das oft ohne unser Zutun. Wenn wir darauf aus dem Affekt heraus reagieren, führt das mehrheitlich nicht zu einem Gefühl der Freude, sondern eher zu Unzufriedenheit und Unausgeglichenheit. Wenn es uns gelingt, unsere Gefühle so unter Kontrolle zu haben, dass sie uns nicht überwältigen, sondern heilsam sind, wird unser Leben in ruhigeren Bahnen laufen, keine unnötige Kraft brauchen, aber doch Freude beinhalten. Das wäre wohl ein weiser Umgang mit den eigenen Ressourcen.

16. April

„Wo zwei zusammenstossen, siegt der Besonnene.“ (Laotse)

Gehen mit dir auch mal gerne die Pferde durch? Etwas passiert, jemand kommt dir schräg, dein Adrenalinspiegel steigt und die Reaktion lässt nicht lange auf sich warten. Direkt aus dem Bauch heraus, impulsiv und – oft übers Ziel hinaus.

Es heisst nicht umsonst, man solle erst mal durchatmen, bevor man reagiert. Das tiefe Durchatmen verschafft dir einerseits Zeit, andererseits hilft es auch, dich zu beruhigen. So gewappnet mit dem nötigen Abstand und einer Prise eingeatmeter Ruhe wird deine Reaktion besonnener und angemessener ausfallen.