Im Atelier: Der Rabe

„…Und der Rabe weichet nimmer – sitzt noch immer, sitzt noch immer
Auf der blassen Pallasbüste ob der Türe hoch und her;“
(Edgar Allen Poe)

Es gibt viele Mythen um die Raben. Sucht man sie in der Lyrik oder Literartur, stösst man kaum auf etwas Lockerleichtes. Schwarz sind sie und eher gross, wirken stolz und selbstbewusst. Sie fliegen durch die Lüfte, stolzieren über Äcker, und wenn man ganz genau hinschaut, kann man ein verschmitztes Lachen ganz hinten im Schnabelwinkel erkennen. Wenn ihr wüsstet, scheinen sie zu denken. Ich denke, sie haben recht.

Atelier: Selbsterkenntnis

Inwendig lernt kein Mensch sein Innerstes Erkennen. Denn er mißt nach eignem Maß Sich bald zu klein und leider oft zu groß. Der Mensch erkennt sich nur im Menschen, nur Das Leben lehret jeden was er sei.
Johann Wolfgang von Goethe

Wer bin ich, wenn ich alleine bin? Kann ich mir auf die Schliche kommen? Goethe meint, man brauche den anderen, um es zu tun. Auch Martin Buber schlägt in die Kerbe, wenn er sagt, dass das Ich eines Du bedürfe, um sich entwickeln zu können. Viele andere gingen den gegenteiligen Weg. Sie zogen sich in einsame Wälder oder in die Berge zurück oder sie gingen auf Wanderung. Auch in der Meditation geht man den Weg nach innen. Man lässt nach und nach alles im Aussen los, um die innerste Essenz zu fühlen, das, was bleibt, wenn der Rest weg ist.

Was ist denn nun der richtige Weg? Ich halte es da wie auch sonst gerne im Leben: Das Eine tun, das andere nicht lassen. Ich denke, nur in einer gesunden Mischung von Miteinander und alleinigem Reflektieren findet man schlussendlich wirklich das, was man dann als Ich erkennt. In welchem Verhältnis das stattfindet, wie die Einkehr aussieht, unterscheidet sich wohl von Mensch zu Mensch. Bei mir ist es sicher das kreative Tun, das mich immer wieder mehr zu mir bringt, das mir die Augen öffnet, mich sprichwörtlich sehend macht. Wie ist es bei dir?

Habt einen schönen Tag!

Tagesbild: Spielen

„Spielen ist Experimentieren mit dem Zufall.“ Novalis

Den Bleistift spazieren führen, so beschrieb Paul Klee das Zeichnen. Die Freiheit, diesen Spaziergang ohne festes Ziel sondern mit spielerischer Neugier zu machen, gibt dem Ganzen einen Hauch von Abenteuer und Lebendigkeit. Der Zufall spielt mit, sich ihm auszusetzen kann befreiend wirken.

Habt einen schönen Tag!

Tagesbild: Morgenritual

„Der Rhythmus des Körpers, die Melodie des Geistes und die Harmonie der Seele schaffen die Symphonie des Lebens.“ B.K.S. Iyengar

Wenn ich abends ins Bett gehe, freue ich mich immer schon aufs Aufstehen. Ich mag Nächte nicht, am liebsten würde ich sie schon früh wieder beenden, halte dann aber doch bis vier bis halb fünf im Bett aus. Der Vernunft gehorchend. Doch dann, dann fängt mein Tag an und er tut es immer gleich: Mit mir selbst. Ich trinke meinen Kaffee, mache mir Gedanken, mache erste Fingerübungen auf der Gitarre, zeichne und gehe dann auf die Yogamatte. Sie ist mein Erdungspunkt, mein Ort, an dem sich oft Schleier lüften, die vorher über den Dingen lagen. Während ich im Fluss meines Atems durch meine Asanas gehe, klärt sich mein Geist und lässt mich plötzlich Dinge sehen, die vorher verborgen waren. Dann kommen mir neue Ideen, Lösungen für Probleme, Einsichten zum meinem Sein und Tun. Bei den Balanceübungen merke ich auch, ob ich wirklich ruhig bin oder eher aus dem Lot. Ich bin sehr dankbar für diese Praxis, die ich nun doch schon bald 20 Jahre regelmässig in meinem Leben habe.

Habt ihr auch Rituale, die euch wichtig sind?

Habt einen schönen Tag!

Tagesbild: Raus aus der Gefallensfalle

Rousseau sagte einst, der Mensch sei frei geboren, doch er liege in Ketten. Er sah den Staat als Gefängnis, ich denke, oft sind wir selbst der Wärter desselben. Wir streben nach Anerkennung und wollen gefallen. Dafür opfern wir oft viel, manchmal wohl zu viel. Wir passen uns an, unterdrücken Eigenheiten, verbiegen uns in verschiedenste Richtungen und verlieren uns dabei mehr und mehr selbst aus dem Blick. In uns ist eine Stimme, die uns ständig sagt, was wir tun und was besser unterlassen sollten. Sie kommt aus dem Inneren, doch ist sie im Ursprung nicht unsere, sondern die derer, welche die ungeschriebenen Gesetze dessen, was richtig und was falsch ist, will man gefallen, geschrieben haben.

Der Mensch ist frei geboren. Wir schreiben diese Freiheit auf unsere Fahnen, fordern sie vom Staat, kämpfen gegen Unterdrückung, nur um uns dann selbst in die Schranken zu weisen. Wir verhüllen unsere wahre Natur, halten uns zurück, bleiben in den gesetzten Mauern und blicken nur ab und zu sehnsüchtig durch einen Spalt hinaus.

Was, wenn wir einfach mutig wären? Wenn wir die Schleier fallen liessen, uns zeigten? Was, wenn wir wirklich frei wären?

Habt einen schönen Tag!