Aus dem Atelier: Sichtweisen

Wenn eine Zeichnung entsteht, was war zuerst? Eine Botschaft, die ihren Ausdruck suchte? Ein Ausdruck, die sich durch die Interpretation erschliesst? Was will der Künstler sagen? Und was sagt er? Was liest der Betrachter? Soll er was sehen? Ich glaube, Picasso war es, der sinngemäss fragte, ob der, welcher nach der Bedeutung eines Kunstwerks sucht, auch nach dem Bedeutung des Vogelgesangs fragt. Nun ist das natürlich ein denkbar schlechter Vergleich, da der Vogelgesang in der Tat eine Aussage hat, für einen Zweck, nämlich dem der Kommunikation existiert. So rational war aber die Frage nicht.

Ich glaube ja, dass Kunst da entsteht, wo keine Absichten mehr sind. Da, wo man nicht etwas ausdrücken will, drückt sich etwas aus, das da ist. Das ist nicht so esoterisch gemeint, wie es klingt, ich denke nicht an eine übersinnliche Macht oder höhere Quelle, sondern an all das, was im Menschen drin ist und sich einen Weg nach draussen bahnen will. Die einen schreiben es sich von der Seele, die anderen reden, die Dritten malen, einige kochen, putzen, laufen…

Und selbst wenn dieses Bild ein Ausdruck von etwas Innerem ist, heisst das nicht, dass der Betrachter genau das auch sehen kann oder gar muss. Ist es nicht viel interessanter, zu hören, was der Betrachter hört, als das, was der Künstler wollte? Dadurch würde etwas offensichtlich, was wir im Alltag oft vergessen: Es gibt verschiedene Sichten auf den gleichen Gegenstand. Um die richtige zu kämpfen ist eigentlich eine Unsinnigkeit, die zu nichts als Zwietracht führt. Eine Wahrheit gibt es nicht. Oder wie Heinz von Förster sagte:

„Die Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners.*

Aus dem Atelier: Sonnenstrahl

„Ein Sonnenstrahl reicht hin, um viel Dunkel zu erhellen.“ Franz von Assisi

Es muss nicht immer viel und gross sein, oft sind es die kleinen Dinge, die grosses Bewirken. In er japanischen Philosophie „Ikigai“ gibt es die fünf Säulen, wobei die vierte besagt, man solle sich an kleinen Dingen freuen. Wie viel Gutes wäre plötzlich in der Welt, würden wir das nicht übersehen bei unserer Suche nach dem Besseren?

Heute werde ich die Sonne wohl in mir finden müssen, denn draussen ziert sie sich. Etwas Farbe kann da helfen.

Habt einen schönen Tag!

Aus dem Atelier: Go Girl

„Ich suche nicht, ich finde.“ Pablo Picasso

Immer wieder habe ich mich dabei ertappt, dass ich krampfhaft versuchte, „mein Ding“ zu finden. Und ich schwirrte vom einen zum anderen und immer bleibt nach einer kurzen „Heureka-Euphorie“ ein ernüchtertes „Nein, doch nicht“ zurück. Und dann machte ich einfach wieder, was mir in den Sinn kam, und merkte, dass eigentlich alles da war. Ich es nur sehen und als „mein Ding“ erkennen müsste. Und dann schaute ich manchmal zurück auf all die Ausflüge meiner Suchereien und sah, dass in all diesen auch durchschien, was ich tue, wenn ich eben aus mir heraus arbeite und nicht nach etwas im Aussen suche.

Ich bin aus meinem früheren Leben in der Akademie so gewohnt, dass man sich abstützen, dass man bei andern suchen muss, dass man belegen und bewerten, zielorientiert vorgehen muss, dass es mir immer wieder schwer fällt, aus mir heraus frei zu arbeiten. Ich habe gemerkt, dass mir das am besten gelingt, wenn ich die Ansprüche loslasse und denke, ich übe nur. Und plötzlich ist da was, das mir gefällt. Von dem ich denke: „Genau so.“

Pablo Picasso sagte mal, Inspiration müsse einen beim Arbeiten finden. Das trifft für mich auch zu. Je mehr ich mache, desto mehr kommt alles ins Fliessen. Wenn ich aber zu viel denke, kommt alles ins Stocken.

Habt einen schönen Tag!

Klecksdiven: Tanz dich frei

Es gibt Tage, die sind schwer. Grau. Ein bisschen zu leise. Manchmal braucht es nur wenig, um wieder Licht hereinzulassen:

Ein Lied, das du liebst.
Einen Pinselstrich Farbe.
Einen Rhythmus, der dich tanzen lässt.

Meine Klecksdiva macht es vor:

Kopf hoch, Schultern zurück
Musik an
Tanzen, als wäre es der schönste Tag des Jahres

Leichtigkeit muss nicht laut sein – nur echt. 💃✨

Aus dem Atelier: Think pink

Als ich im linken Daumen Rhizarthrose bekam, welche durch eine Fehlstellung des Daumens durch einen Unfall beschleunigt wurde, dachte ich, es sei gut, sei es wenigstens links, bin ich doch ausgeprägter Rechtshändler. Dachte ich. Ich merkte erst da, wie viel ich eigentlich mit links mache. Ausser Schreiben, was links gar nicht geht, eigentlich fast alles.

Nun, die in den Rau gestellte OP umging ich mit einer Spritze, die bislang gute Dienste leistet, zumindest schmerztechnisch. Wie es so kommen musste, ist nun der rechte Daumen auch dran. Die OP links sieht der Herr in Weiss noch dringender, rechts rät er auch dazu (und war eher angepisst, als ich beides nicht freudig als Option in Betracht ziehen wollte). Mit einer weiteren Spritze im Daumen bin ich wieder heim.

Und so sitze ich da und frage mich, was da wohl noch auf mich zukommen wird. Wie viel Zeit ich die Daumen nicht benutzen darf, wie ich dann zeichne, was ich dann mache. Und ich muss gestehen, es schlägt mir ziemlich aufs Gemüt.

So düster darf es nicht bleiben, da muss ein wenig Farbe her. Das hilft immer. Und auch jetzt kommt der Gedanke auf: Ich schaff’s das. Und ich mache auch schon Pläne, wie das aussehen könnte.

Habt einen schönen, farbenfrohen Tag!

Aus dem Atelier: Femme fatale

«Schön ist eigentlich alles, was man mit Liebe betrachtet. Je mehr man die Welt liebt, desto schöner wird man sie finden.» Christian Morgenstern

An den Klagen über die grausame Welt mag viel dran sein. Zu allen Zeiten hat es sie gegeben und jede fand die ihre besonders schlimm. Zu allen Zeiten gab es aber auch Schönes und Gutes. Es liegt an uns, worauf wir den Fokus richten wollen.

Ich bin überzeugt, dass das Leben ein glücklicheres ist, wenn man den Fokus auf das Schöne legt. Wie sagte schon Epiktet: Es gibt Dinge, die wir nicht ändern können, weil sie nicht in unserer Hand liegen. Und es gibt Dinge, die liegen in unserer Hand, sie können wir steuern. Steuern können wir mehrheitlich nur unseren Blick auf das, was ist, nicht aber dass es ist.

Und so habe ich beschlossen, mich fortan (noch mehr) dem Schönen zuzuwenden. Anderes gibt es ja wahrlich schon genug, darum muss ich mich nicht auch noch kümmern. Ich fange gleich mit dem Wochenende an.

Habt einen schönen Tag!

Aus dem Atelier: Sportliche Skizzen

«Sport ist Mord.» Winston Churchill

Als junger Mann Leistungsschwimmer, wandte er sich später anderen Leidenschaften zu. Seine Aussage ist wohl so gemeint, dass wirklicher Leistungssport immer mit viel Aufwand und Anstrengung verbunden ist.

Sport ist gesund. Sagen andere. Ich würde nicht so weit gehen, Sport als Mord zu bezeichnen, aber langweilig ist er in meinen alleweil. Ein notwendiges Übel quasi, weil es mir danach immer besser geht. Und so raffe ich mich nach meiner Yogasitzung immer auf und steige auf den Hometrainer für 10-15 Minuten. Und damit es nicht zu langweilig wird, habe ich ein Brett auf die Lenkstange gelegt und kritzle nun vor mich hin. Reduziert mit Bleistift und Leuchtstift (was halt so da liegt). Und schwupps, ist die Zeit um und die Skizze fertig. Bis zum nächsten Tag.

Mögt ihr Sport?

Habt einen schönen Tag!

Aus dem Atelier: Abstecher in die Modewelt

In den letzten Tagen habe ich einen Abstecher in die Welt der Mode, genauer der Modeillustration gemacht. Fasziniert von verschiedenen Künstlern, liess ich mich treiben, zeichnete mit klareren Linien, «zog meine vormals nackten Frauen an», liess sie gehen, stehen, tanzen. Ich experimentierte mit einem illustrativeren Stil und irgendwie gefiel mir das Aufgeräumte, die klaren Strukturen. Weniger Chaos, weniger Dreck, weniger Unordnung – sowohl auf dem Papier wie auch im Atelier. Als ordnungsliebender Mensch kam mir das sehr entgegen.

Und plötzlich merkte ich eine innere Unzufriedenheit. Da fehlte plötzlich was. Etwas, das mir die Kunst vorher gegeben hat: Die Freude am Erforschen. Ich hatte mein Grundthema verloren, nämlich den Menschen in seiner Welt und seinem Sein einen Ausdruck zu geben. Ich hatte ihn im wahrsten Sinne verkleidet.

Heute habe ich ihn wieder entkleidet. Gewisse Dinge werde ich aber mitnehmen aus der Zeit. Und genau das ist das Schöne, das wohl auch zu (meine)m Weg gehört: Immer wieder Neues erforschen, um dann mitzunehmen, was passt und wegzulassen, was doch nicht meins ist.

Habt einen schönen Tag!

Das Bild entstand nach einer Fotografie des Modehauses Chloé.

(Die Zeichnung habe ich eingescannt, um verschiedene Farbvariationen auszuprobieren. Den für solche Dinge eigens angeschafften Scanner einzurichten, war eine Herausforderung für sich….)

Aus dem Atelier: Scham

«Das Schöne, auch in der Kunst, ist ohne Scham nicht denkbar.» Hugo von Hofmannsthal

Als ich nach Zitaten über die Scham suchte, hatte ich natürlich etwas im Sinn. Allerdings entsprach das in keiner Weise dem, was ich gefunden habe. Scham, so landläufig die Ansicht, sei es bei Philosophen, Literaten oder in Religionsbüchern, wird als Zier und gebührliches Empfinden gesehen. Sie ist quasi der Hüter der Moral, der Wächter über Zucht und Ordnung.

Nun kann ich dieser Sicht durchaus etwas abgewinnen, doch mir ging es um etwas anderes: Um die Scham, die wir oft verspüren, wenn es um unsere Unzulänglichkeiten und vermeintlichen Unperfektheiten geht. Wir verstecken sie so gut wie möglich, verstecken damit uns selbst auch, denn indem wir diesen Teil verbergen, dringt nur noch eine halbherzige Version unserer selbst nach draussen. Wir vermitteln ein Bild, das nur in Teilen uns entspricht.

Das ist sicher gut und sinnvoll als Selbstschutz in gewissen Momenten, doch oft kann einem dieses Verhalten auch behindern. Wir stehen uns damit selbst im Weg, weil wir uns nicht trauen. Wir fürchten uns vor unseren Fehlern, fürchten uns vor den Reaktionen darauf, und wagen nicht, was wir eigentlich gerne tun und sein würden.

Das liegt sicher mit daran, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der Fehler und Scheitern verteufelt werden, etwas, das es nicht geben darf. Wie schade. Wie oft zeigen sich gerade in Fehlern oder Dingen, die nicht gelingen neue Wege und Möglichkeiten? Kreativität entsteht da, wo dem freien Ausprobieren nichts im Wege steht. Und meiner Meinung nach entsteht dann das Schöne. In der Kunst und im Leben.

Habt einen schönen Tag!

Crazy Birds: Verrücktes Huhn

«Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt.» Mark Twain

Habt ein schönes Wochenende!

Dieser Vogel ist Teil einer ganzen Serie, die in einer früheren Schaffensphase entstanden ist. Da ich ein neues Projekt in diesem Stil begonnen habe, möchte ich ein paar der Vögel nochmals aufleben lassen, weil sie für mich wichtig sind und ich sie nach wie vor liebe. Viele davon sind auch schon in neue Zuhause weggeflogen. Leider habe ich es verpasst, sie fotografisch festzuhalten. Das hole ich nun mit den noch vorhandenen nach.

Aus dem Atelier: Studien und Stile

«Meine Bilder sind Gleichnisse und nicht Abbilder.» Ernst Ludwig Kirchner

Ähnlichkeit mit der Wirklichkeit wird oft als höchstes Kriterium für Bilder gewertet. Bei näherem Betrachten stellt sich jedoch die Frage, ob das wirklich stimmt. Ich bin sehr dafür, eine realistische Darstellung im Hinblick auf Proportionen und Flächenwirkungen zu üben und zu können. Einfach ein Strichmännchen zu zeichnen und zu behaupten, das sei eben der eigene Ausdruck und die Sicht auf den Menschen, greift mir persönlich zu wenig tief. Allerdings denke ich, dass es dann auch weitergehen sollte. Zwar achte ich das Handwerk von Menschen, die fotorealistisch zeichnen und malen können, sehr, bewundere es auch (vor allem auch die Disziplin und Ausdauer, die darin steckt), allerdings fehlt mir da immer der künstlerische Ausdruck, die persönliche Bildsprache, der Künstler im Werk.

Wie seht ihr das?

Habt einen schönen Tag!

Aus dem Atelier: Stiller werden

«Alles vei ihnen redet, nichts gerät mehr und kommt zu Ende. Alles gackert, aber wer will noch still auf dem Neste sitzen und Eier brüten?» Friedrich Nietzsche

Ich habe lange überlegt, eine Pause einzulegen hier und in den sozialen Medien. Ich habe mich nun dagegen entschieden (vorerst), trete aber kürzer. Ich möchte nicht im Akkord liefern müssen, sondern mir die Zeit und Ruhe geben und nehmen, meine Kunst weiterzudenken, weiter zu entwickeln. Ich möchte frei und spielerisch die Möglichkeiten erkunden, Formen und Linien entstehen und Farben fliessen lassen.

Der tägliche Gedanke, was ich davon präsentieren und vor allem auch, was ich dazu sagen möchte, kostet Zeit und Energie. Und er übt einen Druck aus, der mich müde macht. Mit dem Titel «Tagesbild» habe ich wohl zusätzlich die Erwartung geweckt, die Bilder kämen auch wirklich täglich. Und wie es meinem Naturell entspricht, enttäusche ich Erwartungen ungern. Dabei war es nie so angedacht. (Darum nun neu: Aus dem Atelier)

Frei nach Nietzsche werde ich also weniger gackern und mehr Eier brüten. Es wird nicht still hier, aber stiller. Ab und zu mache ich auch Ausflüge ins Bücherregal, stöbere in Bildbänden, lasse mich inspirieren, tauche in die Bildwelten grosser Künstler ein. Auch darüber möchte ich ab und zu berichten. Vielleicht finden auch andere darin Inspiration.

Ich wünsche euch einen guten Start in diese kurze Woche.

Tagesbild: Sein in der Welt

«Es gibt kein richtiges Leben im falschen.» Theodor Adorno

Wer bin ich? Wie will ich sein? Wo gehöre ich hin? Was ist mein Platz? Ohne das Wissen darum bleibt das Leben eine ständige Suche.

Habt einen schönen Tag!

(Das Zitat stammt übrigens aus „Minima Moralia“ von Theodor Adorno. Eines der Bücher, das mir als einziges Buch einfallen würde, um es auf eine Insel mitzunehmen)