Ingeborg Bachmann/Max Frisch: „Wir haben es nicht gut gemacht“

Lesegedanken zum Briefwechsel

Langsam lese ich mich durch die Briefe hindurch, tauche ein in diese verzweifelte Sehnsucht nach Liebe von Ingeborg Bachmann. Ich habe viel gelesen über sie, von ihr, und doch öffnet dieses Buch einen neuen Blick auf alles. Zu sehen, wie sie hängt zwischen den Stühlen, wie sie vergeblich versucht, sich zu erklären, dann sich zu lösen, dann wieder aufgibt und der Trauer freien Lauf lässt, dem Unverständnis, wie es hat kommen können, wie es ist. All das berührt mich sehr, bewegt mich, zieht mich mit und in das Buch hinein. Sie wächst mir ans Herz, mehr und mehr.

Ein tiefes Buch, keines, das sich einfach weglesen lässt, keines, das ich einfach so nebenbei lesen kann und will. Ich möchte es leben, mitleben, erleben, erfühlen.

Und doch kommt ab und zu der Gedanke auf: Das war nicht für mich bestimmt. Und doch kann ich mich dem nicht entziehen. Ich versuche, dem Buch, dem Inhalt, den beiden Menschen dahinter, mit dem nötigen Respekt und einer wertungsfreien Offenheit zu begegnen. Ich versuche, dem Vertrauen, das sie mir schenken müssten, sich mir so zu offenbaren, gerecht zu werden.

Und immer wieder staune ich, was Bücher bewirken können, was sie bewegen, auslösen können. Und ich bin dankbar, habe ich die Möglichkeit, immer wieder in diese Welten einzutauchen.

4 Kommentare zu „Ingeborg Bachmann/Max Frisch: „Wir haben es nicht gut gemacht“

  1. Obwohl ich mich seit über drei Jahrzehnten mit Bachmann beschäftige und auch Male Oscuro gekauft habe und mich auf den Briefwechsel mit Max Frisch freute, habe ich mich innerlich entschlossen, von der Lektüre Abstand zu nehmen. Ich habe das Gefühl bei „Male Oscuro“, beim Lesen ihrer Briefe, in ihrem Privatleben herumzuschnüffeln – das gilt nur für mich. Vielleicht ändert sich das, ich griff lieber zu ihren Gedichten, ihren ersten wie letzten, aus letzter Hand, ihrem Roman. Es ist das, was sie von sich zeigen wollte. Ich bin mir nicht sicher, wie viel von dem anderen einfach nur aus einer Laune heraus Schriftform gefunden hat. Deine Besprechungen darüber werde ich dennoch sehr interessiert folgen. Danke!

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      1. Ich vertraue deinem Urteil unumwunden. Andererseits ist es auch ein Abenteuer, das Hin-und-Her-Gerissen-Sein bleibt aber. Ich finde, das kommt aus deiner Besprechung sehr gut heraus, deshalb traute ich mich von meinen Befürchtungen zu berichten. Ein Tagebuch zu lesen, ist etwas anderes für mich. Aber diese direkte Kommunikation zwischen zwei Menschen – die Berichte an den Therapeuten von Bachmann genügten mir, um mich erst einmal um ihr publiziertes Werk und nicht um ihren Nachlass zu kümmern.

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        1. „Male oscuro“ liegt hier schon sehr lange – ungelesen. Ich hatte es gekauft, als ich mich sehr intensiv mit Ingeborg Bachmann beschäftigt habe, doch ich las es dann doch nicht. Ich habe mich damals – wie du jetzt auch – lieber mit ihrem Werk auseinandergesetzt und dieses in das Leben, wie ich es aus Biographien kannte, integriert.

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