Heute würde Annelies Marie, genannt Anne, Frank 92 Jahre alt. Schreiben wollte sie, Schriftstellerin werden, doch sie ahnte schon bald, dass dies vielleicht nicht klappen könnte:
«Mit Schreiben werde ich alles los. Mein Kummer verschwindet mein Mut lebt wieder auf. Aber, und das ist die grosse Frage, werde ich jemals etwas Grosses schreiben können, werde ich jemals Journalistin und Schriftstellerin werden?»
Sie hat nur ein Buch hinterlassen, nämlich ihr Tagebuch. In diesem hält die 13 Jahre alte Anne Frank ihr Leben, Denken und Fühlen während der 25 Monate im Versteck vor den Nationalsozialisten fest. Die Familie Frank, Vater, Mutter und zwei Mädchen und noch vier Menschen versteckten sich in dieser Zeit in insgesamt vier Zimmern in einem Hinterhaus. Vor allem zu ihrem Vater hat Anne ein enges Verhältnis. Dass das Leben auf so engem Raum nicht einfach ist, es auch zu Streit kommt, liegt auf der Hand. Einmal hält Anne Frank fest:
«Ich bin ausser mir vor Wut, aber ich darf es nicht zeigen. Ich möchte mit den Füssen stampfen, schreien […]: Lasst mich doch, gönnt mir doch Ruhe! Muss ich denn jeden Abend meine Kissen nassweinen und mit brennenden Augen und zentnerschwerem Kopf einschlafen? Lasst mich, ich möchte fort von allem, am liebsten aus der Welt. Aber es nützt nichts. Sie haben ja keine Ahnung von meiner Verzweiflung!»
Und schreibt etwas später weiter:
«Wenn du meine Briefe einmal hintereinander durchlesen würdest, würdest du merken, in welchen verschiedenen Stimmungen sie geschrieben sind. Es ist dumm, dass ich hier im Hinterhaus so abhängig bin von Stimmungen. Aber ich bin es nicht allein, wir sind es alle.»
Der letzte Eintrag stammt vom 1. August 1944, drei Tage später wird das Versteck gefunden und Anne Frank wird deportiert. Sie stirbt sieben Monate später im Konzentrationslager Bergen-Belsen.
Auf dass wir nie vergessen, auf dass wir achtsam bleiben, hinsehen, den anderen in seinem Anderssein annehmen und nicht verdammen. Das muss im Kleinen anfangen und sich hoffentlich auf die Welt ausdehnen.
Ebenfalls erschienen hier: Anne Frank (*12. Juni 1929)
Was mir das Herz zerreißt, ist, dass sie etwas Großes schreiben wollte, Journalistin oder Schriftstellerin werden. Am Ende hat sie einen Bestseller geschrieben mit ihrem Tagebuch. Das ist so bitter, dass man die Tränen nur mühsam wegblinzeln kann.
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Ja, da ist dieses grosse Unverständnis, dass so etwas sein konnte, möglich war. Ein so ungestümes, kluges, kämpferisches Wesen, man hätte es ihr so gewünscht.
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Absolut! 🌷
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Eine extreme fürchterliche Geschichte, stellvertretend für sehr sehr viele junge Menschen, die damals um ihr Leben gebracht wurden.
Wir müssen aufpassen, dass die jetzigen jungen Menschen nicht unter der Absonderung, Isolierung und in wenig verständnisvollen, ja manchmal grob übergriffigen Elternhäusern ähnliche seelische Foltern ertragen wie Anne damals.
Das lässt sich nicht vergleichen? weil sie umgebracht wurde? auch jetzt werden Kinder umgebracht, die Zahl ist während der Lockdowns stark angestiegen (152 Kinder wurden 2020 in Deutschland umgebracht – das sind die offiziellen Zahlen).
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152 Kinder umgebracht? Davon habe ich nie gehört, aber es ist grausam.
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