Der Mensch sucht nach Liebe, nach Anerkennung, nach Bestätigung. Findet er die nicht, sucht er intensiver oder er wird krank. Der Mangel an dem, was er sich so sehr wünscht, wiegt so schwer, dass er ihn nicht tragen kann. Er flüchtet sich ins Vergessen, klappt das nicht, ins Verdrängen. Auch das ist mitunter schwer, ab und an helfen kleine Helferlein, beim ersten Mal ist man erfreut, beim zweiten auch, beim dritten Mal nimmt man sie gezielt, man bleibt dabei, nimmt sie mehr und mehr und sitzt irgendwann in der Falle. Dadurch hört das Streben nach Gefallen nicht auf, aber man dämpft den Schmerz beim Nichtgefallen. Die Helfer sind vielfältig, bei den einen ist es Schokolade, bei den andern sind es Zigaretten, Alkohol, Medikamente oder gar härtere Drogen. Alle helfen sie ertragen, was schmerzt.
Schon als kleines Kind lernt man, dass man Leistung bringen muss, um zu genügen. In der Schule sind es Noten, zu Hause oft auch, da nur das gut benotete Kind Lob kriegt, das schlecht benotete im besten Fall kein Lob, im schlechtesten Prügel. Das Kind, das sich anpasst, ist das gute Kind, das, welches rebelliert, das schwarze Schaf. Das Kind, welches ordentlich und lieb und nett ist, ist das Lieblingskind, das aufmüpfige, unordentliche, motzende das, welches aneckt, gerügt wird, immer weiter weg steht. Und so lernt man, vor allem, wenn man eigentlich gefallen möchte, auch nah dran sein möchte, sich den Wünschen und Anforderungen anzupassen. Man tut alles, um auch geliebt zu sein, um auch gelobt zu sein, um auch zu genügen.
Was, wenn es doch nicht genügt? Was, wenn man nicht aus seiner Haut kann? Was, wenn die Ansprüche der anderen nicht so sind, dass man sie erfüllen kann? Das macht Angst. Man hat Angst, alleine dazustehen. Hat Angst, fallen gelassen zu werden, niemanden mehr zu haben. Und eigentlich weiss man, dass man so geliebt werden müsste, wie man ist. Eigentlich weiss man, dass man sich für niemanden verstellen müsste, denn das wäre nicht der richtige Mensch für einen. Und doch versucht man es oft gerade da am meisten, wo es eben mangelt. Kriegt man alle Liebe der Mutter, buhlt man um die des Vaters, ist oft sogar ungerecht gegen die Mutter in diesem Buhlen. Man versucht später, die Menschen zu beeindrucken, die eigentlich nicht zu einem passen, vermutlich, weil sie einen Knopf in einem drücken, der schon hochsensibel ist.
Wo liegt der Ausweg? Gibt es ihn? Theoretisch sicher: Lernen, sich selber zu lieben, lernen, sich selber so zu akzeptieren, wie man ist und so zu leben, wie man für sich findet, dass es passt. Die, welche das akzeptieren, begleiten das Leben, die, welche nicht, leben ihres auf einem anderen Weg. Das wäre die Art zu leben, die vernünftig wäre, die, welche sicher auch die erfüllteste wäre, da sie eine Selbstzufriedenheit herstellen würde, etwas, das einem niemand nehmen kann. Mit sich und dem eigenen Leben im Reinen sein – was gibt es Schöneres?
Und doch: Der Mensch ist kein Einzelkämpfer, er braucht Gesellschaft, er braucht Zuneigung. Und die Angst, die nicht zu haben, lässt ihn aus seinem eigenen Kreis heraustreten und sich Forderungen stellen, die er vielleicht nicht erfüllen kann oder aber nicht erfüllen wollte, ginge es nicht darum, nicht alleine dazustehen. Vielleicht kann man das für sich selber nicht ändern, weil die Muster zu tief sitzen, aber nur schon das Bewusstsein hilft vielleicht, dieses Muster nicht weiter zu geben. Was zeige ich meinem Kind? Wie gehe ich mit meinem Umfeld um? Erwarte ich, dass dieses meine Werte erfüllt? Mag ich die, die passen, lasse die anderen fallen? Muss jemand meine Anforderungen erfüllen, damit ich ihn mag? Zu einem gewissen Grad wohl schon, wo wäre sonst die Basis, wo der gemeinsame Nenner? In anderen Bereichen wohl weniger. Vielfalt ist auch toll und wichtig ist doch das Grundgefühl. Wichtig ist, dass der andere mir gefällt, mir sympathisch ist. Schön ist, wenn ich mich freue, ihn zu sehen, egal, ob er nun gut in Mathe ist, einen Salto kann oder Klavier spielt. Bereichernd ist doch, wenn er als Mensch mir entspricht, unabhängig von seinen Hobbies und Fähigkeiten. Und wenn er mir etwas gibt, ich ihm was gebe – die Begegnung eine Bereicherung ist.
Und wenn ich an dem Punkt bin und denke: so ist es, so gefällt mir das, dann kann ich mich auch fragen: Wieso denke ich, dass andere das nicht auch gut finden? Wieso denke ich, dass ich gewisse Dinge tun muss, gewissen Ansprüchen genügen muss, um zu gefallen, geliebt zu werden? Es könnte doch sein, dass mich jemand mag, weil ich einfach bin, wie ich bin. Wie schade wäre es, würde ich mich dann ändern? Wenn ich es denn könnte….