Ich suche nach Worten, doch sie sind mir noch immer ausgegangen. Vielleicht hört man in der Stille den Vogel leise zwistschern.
Habt einen schönen Tag!
Denkzeiten – Sandra von Siebenthal
Kunst und Leben
„The imperfections you’re tempted to fix may prove to be what make the worlk great. And sometimes not.“ Rick Rubin*
Kommt ein Vogel geflogen…
Manchmal tragen eigentliche Fehler zum Gelingen bei. Hier spielte ich mit Verläufen und Salz, doch das Salz liess sich nicht mehr abkratzen. Nun hat mein Vogel ein Glitzerkleid. Mir gefällt es😍
Kommt gut in die neue Woche 💕
(*aus dem Buch „Rick Rubin, The creative Act)
Wenn ich nicht schon früher selbst erwache, was meist der Fall ist, werde ich jeden Morgen von Vogelgesang geweckt. Leider kommt er nur aus meinem Wecker und selten von draussen.Früher, ich erinnere mich, dachte ich im Halbschlaf, draussen würden die Vögel pfeifen, bis ich merkte, dass es nur mein Wecker ist. Das passiert kaum mehr.
Der Vogelgesang ist weniger geworden. Zumindest empfinde ich es so. Und ich finde es schade, denn für mich gibt es kaum ein schöneres Geräusch als das Singen der Vögel. Und ich höre hin. Seit ich ein Kind bin. Diese Faszination für Vögel begleitet mich nun doch schon einige Jahrzehnte und es ist kein Ende in Sicht. Ich habe immer wieder anderes gezeichnet und gemalt, weil ich dachte, ich könne ja nicht nur Vögel bildhaft in die Welt fliegen lassen. Doch ich komme immer wieder zurück und spüre tief drin bei jedem eine grosse Freude.
Ich hoffe, nächsten Frühling kommen wieder mehr Vögel und singen aus voller Kehle, tauchen die Welt in Musik.
Habt einen schönen Tag!
„Da mir immer die Worte fehlen Ihnen zu sagen, wie lieb ich Sie habe, schick ich Ihnen die schönen Worte und Hieroglyphen der Natur, mit denen sie uns andeutet, wie lieb sie uns hat.“ Johann Wolfgang von Goethe
Manchmal sagen Gesten und Bilder mehr als Worte. Und manchmal steckt in Worten mehr drin, als man auf den ersten Blick sieht. Dann wecken sie auf den zweiten Gedanken aus, führen zu neuen Feldern, in neue Themen und eröffnen neue Welten.
Blumen seien das Lächeln der Erde, sagte Ralph Waldo Emerson. Und manchmal frage ich mich, wieso sie noch lächelt bei all dem, was wir ihr antun. Wenn ich daran denke, dass in naher Zukunft ein grosser Teil der Tierwelt, wie ich sie kenne, ausgestorben sein wird, macht mich das traurig. Können wir wirklich etwas tun? Klar gibt es gute Tips wie weniger dies und mehr das. Doch hilft das wirklich? Ist es genug? Und wie viele müssten es machen, damit es einen Effekt hat? Ist der Gedanke, dass jeder für sich anfangen kann, nicht auch illusorisch und idealisiert?
Max Frisch fragte in seinem wunderbaren Büchlein „Fragebogen“, ob wir die Welt retten wollen würden, wenn wir und keiner, den wir kennen, von ihrem Untergang nicht betroffen wären. Und ich denke, genau da fängt ein Teil des Problems an. Auf der anderen Seite sieht man im kontaminierten Gebiet von Tschernobyl, wie sich die Natur das Gelände zurückerobert hat. Vielleicht müssen wir die Welt gar nicht retten. Oder besser: Wir sind schon dran, in dem wir uns selbst eliminieren durch unsere Machenschaften.
Eigentlich wollte ich nur einen Blumengruss schicken, nun ist so viel daraus geworden. Geniessen wir das Lächeln der Erde, freuen uns daran. Und ja, wenn ich tue, was ich kann, um zu bewahren, was mir Freude bereitet und am Herzen liegt, dann ist das sicher nicht falsch. Die Hoffnung, dass es etwas bewirkt, bleibt.
Habt einen schönen Tag!
„Ein Sonnenstrahl reicht hin, um viel Dunkel zu erhellen.“ Franz von Assisi
Es muss nicht immer viel und gross sein, oft sind es die kleinen Dinge, die grosses Bewirken. In er japanischen Philosophie „Ikigai“ gibt es die fünf Säulen, wobei die vierte besagt, man solle sich an kleinen Dingen freuen. Wie viel Gutes wäre plötzlich in der Welt, würden wir das nicht übersehen bei unserer Suche nach dem Besseren?
Heute werde ich die Sonne wohl in mir finden müssen, denn draussen ziert sie sich. Etwas Farbe kann da helfen.
Habt einen schönen Tag!
„Ich suche nicht, ich finde.“ Pablo Picasso
Immer wieder habe ich mich dabei ertappt, dass ich krampfhaft versuchte, „mein Ding“ zu finden. Und ich schwirrte vom einen zum anderen und immer bleibt nach einer kurzen „Heureka-Euphorie“ ein ernüchtertes „Nein, doch nicht“ zurück. Und dann machte ich einfach wieder, was mir in den Sinn kam, und merkte, dass eigentlich alles da war. Ich es nur sehen und als „mein Ding“ erkennen müsste. Und dann schaute ich manchmal zurück auf all die Ausflüge meiner Suchereien und sah, dass in all diesen auch durchschien, was ich tue, wenn ich eben aus mir heraus arbeite und nicht nach etwas im Aussen suche.
Ich bin aus meinem früheren Leben in der Akademie so gewohnt, dass man sich abstützen, dass man bei andern suchen muss, dass man belegen und bewerten, zielorientiert vorgehen muss, dass es mir immer wieder schwer fällt, aus mir heraus frei zu arbeiten. Ich habe gemerkt, dass mir das am besten gelingt, wenn ich die Ansprüche loslasse und denke, ich übe nur. Und plötzlich ist da was, das mir gefällt. Von dem ich denke: „Genau so.“
Pablo Picasso sagte mal, Inspiration müsse einen beim Arbeiten finden. Das trifft für mich auch zu. Je mehr ich mache, desto mehr kommt alles ins Fliessen. Wenn ich aber zu viel denke, kommt alles ins Stocken.
Habt einen schönen Tag!
Es gibt Tage, die sind schwer. Grau. Ein bisschen zu leise. Manchmal braucht es nur wenig, um wieder Licht hereinzulassen:
Ein Lied, das du liebst.
Einen Pinselstrich Farbe.
Einen Rhythmus, der dich tanzen lässt.
Meine Klecksdiva macht es vor:
Kopf hoch, Schultern zurück
Musik an
Tanzen, als wäre es der schönste Tag des Jahres
Leichtigkeit muss nicht laut sein – nur echt. 💃✨
In den letzten Tagen habe ich einen Abstecher in die Welt der Mode, genauer der Modeillustration gemacht. Fasziniert von verschiedenen Künstlern, liess ich mich treiben, zeichnete mit klareren Linien, «zog meine vormals nackten Frauen an», liess sie gehen, stehen, tanzen. Ich experimentierte mit einem illustrativeren Stil und irgendwie gefiel mir das Aufgeräumte, die klaren Strukturen. Weniger Chaos, weniger Dreck, weniger Unordnung – sowohl auf dem Papier wie auch im Atelier. Als ordnungsliebender Mensch kam mir das sehr entgegen.
Und plötzlich merkte ich eine innere Unzufriedenheit. Da fehlte plötzlich was. Etwas, das mir die Kunst vorher gegeben hat: Die Freude am Erforschen. Ich hatte mein Grundthema verloren, nämlich den Menschen in seiner Welt und seinem Sein einen Ausdruck zu geben. Ich hatte ihn im wahrsten Sinne verkleidet.
Heute habe ich ihn wieder entkleidet. Gewisse Dinge werde ich aber mitnehmen aus der Zeit. Und genau das ist das Schöne, das wohl auch zu (meine)m Weg gehört: Immer wieder Neues erforschen, um dann mitzunehmen, was passt und wegzulassen, was doch nicht meins ist.
Habt einen schönen Tag!
Das Bild entstand nach einer Fotografie des Modehauses Chloé.
(Die Zeichnung habe ich eingescannt, um verschiedene Farbvariationen auszuprobieren. Den für solche Dinge eigens angeschafften Scanner einzurichten, war eine Herausforderung für sich….)
«Das Schöne, auch in der Kunst, ist ohne Scham nicht denkbar.» Hugo von Hofmannsthal
Als ich nach Zitaten über die Scham suchte, hatte ich natürlich etwas im Sinn. Allerdings entsprach das in keiner Weise dem, was ich gefunden habe. Scham, so landläufig die Ansicht, sei es bei Philosophen, Literaten oder in Religionsbüchern, wird als Zier und gebührliches Empfinden gesehen. Sie ist quasi der Hüter der Moral, der Wächter über Zucht und Ordnung.
Nun kann ich dieser Sicht durchaus etwas abgewinnen, doch mir ging es um etwas anderes: Um die Scham, die wir oft verspüren, wenn es um unsere Unzulänglichkeiten und vermeintlichen Unperfektheiten geht. Wir verstecken sie so gut wie möglich, verstecken damit uns selbst auch, denn indem wir diesen Teil verbergen, dringt nur noch eine halbherzige Version unserer selbst nach draussen. Wir vermitteln ein Bild, das nur in Teilen uns entspricht.
Das ist sicher gut und sinnvoll als Selbstschutz in gewissen Momenten, doch oft kann einem dieses Verhalten auch behindern. Wir stehen uns damit selbst im Weg, weil wir uns nicht trauen. Wir fürchten uns vor unseren Fehlern, fürchten uns vor den Reaktionen darauf, und wagen nicht, was wir eigentlich gerne tun und sein würden.
Das liegt sicher mit daran, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der Fehler und Scheitern verteufelt werden, etwas, das es nicht geben darf. Wie schade. Wie oft zeigen sich gerade in Fehlern oder Dingen, die nicht gelingen neue Wege und Möglichkeiten? Kreativität entsteht da, wo dem freien Ausprobieren nichts im Wege steht. Und meiner Meinung nach entsteht dann das Schöne. In der Kunst und im Leben.
Habt einen schönen Tag!
«Meine Bilder sind Gleichnisse und nicht Abbilder.» Ernst Ludwig Kirchner
Ähnlichkeit mit der Wirklichkeit wird oft als höchstes Kriterium für Bilder gewertet. Bei näherem Betrachten stellt sich jedoch die Frage, ob das wirklich stimmt. Ich bin sehr dafür, eine realistische Darstellung im Hinblick auf Proportionen und Flächenwirkungen zu üben und zu können. Einfach ein Strichmännchen zu zeichnen und zu behaupten, das sei eben der eigene Ausdruck und die Sicht auf den Menschen, greift mir persönlich zu wenig tief. Allerdings denke ich, dass es dann auch weitergehen sollte. Zwar achte ich das Handwerk von Menschen, die fotorealistisch zeichnen und malen können, sehr, bewundere es auch (vor allem auch die Disziplin und Ausdauer, die darin steckt), allerdings fehlt mir da immer der künstlerische Ausdruck, die persönliche Bildsprache, der Künstler im Werk.
Wie seht ihr das?
Habt einen schönen Tag!
«Es gibt kein richtiges Leben im falschen.» Theodor Adorno
Wer bin ich? Wie will ich sein? Wo gehöre ich hin? Was ist mein Platz? Ohne das Wissen darum bleibt das Leben eine ständige Suche.
Habt einen schönen Tag!
(Das Zitat stammt übrigens aus „Minima Moralia“ von Theodor Adorno. Eines der Bücher, das mir als einziges Buch einfallen würde, um es auf eine Insel mitzunehmen)
*Erkenne dich selbst.» Orakel von Delphi
Das ist wohl eines der bekanntesten philosophischen Zitate und zugleich eine Aufgabe an jeden einzelnen. Die Selbsterkenntnis, so ist man sich sicher, führt zu einem gelingenden, weil selbstbestimmten Leben aus den eigenen Bedürfnissen heraus.
Stimmt das? Sind wir als die, welche wir sind, wirklich so selbstbestimmt? Wie viel Anteil haben wir an uns, wenn wir einfach unbewusst in den Tag hineinleben? Was ist mit Genen, Prägungen, Mustern, sozialen Einflüssen…. ? Sie haben in Tat und Wahrheit einen grossen Einfluss auf uns. Umso mehr also gilt es, in sich zu gehen, zu forschen, herauszufinden, wo denn nun dieses Ich wirklich ist und wie es aussieht, was es will.
Ist das so? Vielleicht wäre es besser, hinzusitzen und sich zu fragen: Wer will ich sein? Und dann daran gehen, sich zu dem zu machen, der man sein will. Wie sagte schon George Bernhard Shaw:
«Life isn’t about finding yourself. Life is about creating yourself.»
Vielleicht sind wir wie ein Klumpen Ton, den wir nun nach unseren Wünschen gestalten können. Vielleicht ist es erfüllender, statt Archäologe auf der Suche nach verschütteten Eigenschaften mehr Schöpfer seines eigenen Ichs zu sein. Ein Versuch ist es wert!
Habt einen schönen Tag!
„Spielen ist Experimentieren mit dem Zufall.“ Novalis
Den Bleistift spazieren führen, so beschrieb Paul Klee das Zeichnen. Die Freiheit, diesen Spaziergang ohne festes Ziel sondern mit spielerischer Neugier zu machen, gibt dem Ganzen einen Hauch von Abenteuer und Lebendigkeit. Der Zufall spielt mit, sich ihm auszusetzen kann befreiend wirken.
Habt einen schönen Tag!
Rousseau sagte einst, der Mensch sei frei geboren, doch er liege in Ketten. Er sah den Staat als Gefängnis, ich denke, oft sind wir selbst der Wärter desselben. Wir streben nach Anerkennung und wollen gefallen. Dafür opfern wir oft viel, manchmal wohl zu viel. Wir passen uns an, unterdrücken Eigenheiten, verbiegen uns in verschiedenste Richtungen und verlieren uns dabei mehr und mehr selbst aus dem Blick. In uns ist eine Stimme, die uns ständig sagt, was wir tun und was besser unterlassen sollten. Sie kommt aus dem Inneren, doch ist sie im Ursprung nicht unsere, sondern die derer, welche die ungeschriebenen Gesetze dessen, was richtig und was falsch ist, will man gefallen, geschrieben haben.
Der Mensch ist frei geboren. Wir schreiben diese Freiheit auf unsere Fahnen, fordern sie vom Staat, kämpfen gegen Unterdrückung, nur um uns dann selbst in die Schranken zu weisen. Wir verhüllen unsere wahre Natur, halten uns zurück, bleiben in den gesetzten Mauern und blicken nur ab und zu sehnsüchtig durch einen Spalt hinaus.
Was, wenn wir einfach mutig wären? Wenn wir die Schleier fallen liessen, uns zeigten? Was, wenn wir wirklich frei wären?
Habt einen schönen Tag!
«Spiel ist geistige oder körperliche Tätigkeit, die keinen unmittelbaren praktischen Zweck verfolgt und deren einziger Beweggrund die Freude an ihr selbst ist.»
Johan Huizinga (1872-1945), niederländischer Kulturhistoriker
Wir leben in einer Zeit, in welcher alles etwas taugen muss. Wir optimieren die Welt, das Leben, uns selbst. Wir dürfen nicht nur gut sein, wir müssen besser werden. Besser als wir sind und vor allem besser als die anderen. Das Grundprinzip des Kapitalismus ist zu unserer eigenen Natur geworden, die ursprüngliche wird mehr und mehr verdrängt. Wenn wir nur erst erreicht haben, was wir anstreben, denken wir, dann sind wir glücklich. Und merken nicht, wie wir das Glück genau dadurch mehr und mehr aus dem Leben katapultieren.
Einfach nur spielen? Um des Spiels willen? Das geht höchstens, wenn wir genug geleistet haben und auch nur für kurz, dann müssen wir uns wieder dem Ernst des Lebens widmen. Das fängt schon im Kindesalter an, leider immer noch früher. Alles Spielerische und Kreative weicht mehr und mehr dem Leistungsdruck. Dabei weiss man, dass gerade im Spiel das Leben gelernt wird. Vor allem auch das Miteinander-Leben. Da lernen wir, mit Leidenschaft an etwas zu sein, mit Frustration umzugehen, Regeln zu befolgen und die dadurch entstehende Freiheit auszukosten. Wir lernen, Lösungen zu finden, um die Ecke zu denken, Dinge auszuprobieren, auch mal zu scheitern, dann aber doch weiterzugehen.
Schiller sagte, der Mensch sei nur da ganz Mensch, wo er spiele. Wir sollten wieder mehr spielen. Die Dinge zwar ernst nehmen, aber nicht verbissen, sondern mit einer spielerischen Leichtigkeit. Dann ist der Kopf halt grün und die Haare sind blau. Wie sagte Franz Marc so schön zu einer Betrachterin seiner Bilder, die meinte, Pferde seien nicht blau?
„Das sind keine Pferde, das ist ein Bild.“
Ich wünsche euch einen verspielten Tag.