Aus dem Atelier: Selbstzweifel überwinden

Immer wieder stelle ich fest, wie leicht ich in die Falle des Leistungsdrucks, des Mich-beweisen-Müssens tappe. Während es mir leicht viel, mich als Literaturwissenschaftlerin (habe ich studiert und mit Papier bestätigt), Philosophin (ebenso) oder Yogalehrerin (auch da mehrere Ausbildungen mit Diplomen und Stempeln von einschlägigen Stellen) zu bezeichnen, fällt es mir in der Kunst schwer. Ich habe keinen Brief und Sigel, dass ich das „kann“ (ausser einige Zertifkate von Kursen an Kunst- und Illustrationsschulen). Kam jemand und meinte, ich könne nicht schreiben, keine Literatur verstehen oder logisch denken, konnte ich belegen, dass ich das sehr wohl kann. Bei den Bildern ist es anders. Einige finden es zu banal, was ich mache, zu gefällig, anderen ist es nicht gefällig genug. Einige fänden es schlichter schöner, andere farbiger. Und in mir kommt immer gleich die Frage auf: Was, wenn sie recht haben?

Tief im Innern weiss ich, dass diese Frage unsinnig ist, da Kunst ein Ausdruck sein soll davon, wie ich die Welt sehe (vielleicht auch sehen möchte?). Genauso tief drinnen steckt aber der Stachel, der ständig piekst. Wie schön wäre es doch, wenn man einen Kalenderspruch nehmen und ihn glauben und leben könnte:

„Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.“

Hier müsste ein Punkt kommen, doch meistens kommt ein Komma, gefolgt von einem „aber“…

Nun denn: Zum Glück sind nicht alle Tage so zerfressen und gespalten, oft ist es schlicht nur Schaffensfreude und Erkundung der Möglichkeiten. Leider liegt darüber an den zerfressenen Tagen ein Schleier und man sieht den Weg zurück schwer. Manchmal hilft es dann, sich bewusst zu fragen: Wann habe ich in meinem Tun am meisten Freude? Und egal, was es ist, wie sinnlos es einem vorkommt: Genau das sollte man dann tun. Und mit der Freude lüftet sich der Schleier. 

Wo habt ihr eure Selbstzweifel? Oder bin ich die einzige damit?

Habt einen schönen Tag!


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12 Kommentare zu „Aus dem Atelier: Selbstzweifel überwinden

  1. Meine Bilder gehören mir und niemand muss sie Kunst nennen. Das Malen macht mir Spaß und die Ergebnisse hängen an meinen Wänden. Ich weiß aber, dass ich viel mehr machen könnte, wenn ich mich nicht ganz tief im Inneren für meine Werke schämen würde. Meine Bilder, die ich in der Schule und im Studienseminar herstellte, habe ich dort gelassen. Das ist richtig ärgerlich, aber auch bezeichnend. Nein, Du bist nicht allein mit Deinen Selbstzweifeln! Mit denen müssen wir wohl leben. Aber Du lässt Dich nicht allzu sehr von ihnen beinflussen, denke ich mir. Und das ist auch gut so!

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    1. Schön wäre es, ich wirke wohl oft selbstbewusster, als ich es bin. Aber ich versuche, daran zu arbeiten (schon lange). Es ist wohl ein Prozess, doch die tiefen Täler der Zweifel und des Haderns, die durchschreite ich durchaus ab und zu. Ich denke dann an Rilkes „Ich liebe meines Wesens Dunkelstunden…“ und fühle mich in guter Gesellschaft.

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  2. In einer unendlich großen Wüste
    von allzeit-höchst-glücklichen
    Menschen bist du der einzige
    ― mit Selbstzweifeln. 🤗

    Die Tiere haben das „Problem“ nicht:
    Sie haben nicht den Verstand dafür.
    Der ist dieses Problems Voraussetzung.

    Der Verstand hat seine Vorzüge,
    aber wie jedes Werkzeug,
    können wir es fehl-verwenden.

    Mit der Rohrzange die Fingernägel stutzen?

    🌟

    Sandra: „Wann habe ich in meinem Tun am meisten Freude?“

    Sich in seinem Tun von der Freude leiten zu lassen… Welch ein Luxus! 🌼

    „Ein Mensch ist erfolgreich,
    wenn er zwischen Aufstehen
    und Schlafengehen das tut,
    was ihm gefällt.“ ~ Bob Dylan

    In genau diesem Sinne:
    Viel Erfolg!
    Nirmalo

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  3. Wie auf der Zeichnung: den Kopf erhoben, den Blick nach vorn gerichtet – Schritt für Schritt weitergehen und Zweifel beiseite räumen.
    Ich denke, man kann es nie jedem recht machen; entscheidend ist, sich selbst treu zu bleiben und die eigenen Werte nicht aus den Augen zu verlieren.

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