Das Jahr, das war – ein Blick zurück

Das Jahr neigt sich dem Ende zu, immer wieder eine gute Gelegenheit, zurückzublicken, Bilanz zu ziehen, Einsichten zu formulieren und auf Aussichten zu hoffen aufgrund von Plänen, die man aus allem heraus schmiedet.

Müsste ich für das Jahr ein Wort finden, das es beschriebe, wäre es wohl „Fragezeichen“. Wie vieles kam aus dem Nichts und vorher unvorstellbar, wie oft verstand ich Dinge nicht, arrangierte mich mit Situationen, versuchte, mir einen Reim aus allem zu machen und stand doch an. Wie oft hinterfragte ich mich selber, kam auch da auf keine abschliessende Antwort. Und irgendwann beschloss ich, das Jahr genau so zu nehmen: Als Entdeckungsreise in einem praktisch allumfassenden Suchen und (auch mich) finden.

Solche Suchen, sind sie wirklich tief und unbarmherzig, gehen selten ohne Herausforderungen und auch Schmerz vonstatten – das war auch in meinem Selbst-Entdecker-Jahr so. Es gab ein paar Täler und Tiefschläge, es gab ganz oft Selbstzweifel und Wehmut und Trauer. Es gab Hoffnungslosigkeiten und Gefühle der Hilflosigkeit, es gab Zeiten der Sinnsuche (und des nicht Findens). ABER: Es gab ganz viel Schönes, Wunderbares, Geschenktes, Erarbeitetes, Gefundenes.

Ich startete ins neue Jahr in meiner Paradiesheimat Spanien. Ein wunderbarer Silvester, eine ganz tolle Zeit danach, mein Geburtstag als Versprechen, wie das Jahr aussehen kann, da in Liebe gefeiert. Ein paar Zeichen standen auf Sturm – schon da. Aber ja… es stand ein gutes Jahr vor mir. Im Frühjahr meinte es das Leben wieder gut, ich durfte für einige Woche zurück nach Spanien. In der Schweiz war Corona in aller Munde, in Spanien merkte ich wenig davon. Ich wurde krank. Schwer. So schwer, dass ich zeitweise dachte, ich würde lieber sterben, als noch eine Nacht länger so zu leiden. Corona war kein Thema beim Arzt. Es ging langsam aufwärts – eine Stunde inhalieren, zwei Stunden schlafen. So kam ich durch die nächste Woche. Und dann mit grösseren Schlaffenstern weiter. Es mag komisch klingen, aber ich habe mir die Zeit eingerichtet, dass sie auch Positives hat. Ich habe die Inhalationszeiten genutzt, mich mit Schönem und Wertvollem für mich zu beschäftigen. Das fehlte mir fast, als ich endlich wieder wirklich schlafen konnte.

Dann schloss Spanien die Grenzen und riegelte die Haushalte ab. Statt wie geplant anfangs April kam der erste mögliche Rückflug anfangs Juni, dazwischen harter Lockdown. Stallpflicht. Ich nutzte die Zeit zur Experimentation. Ich probierte, was ich zu probieren lustig war. Kam von Zeichnungen in die gemalte Abstraktion, von da zu zarten Botanik-Aquarellen, zurück in die expressive Porträt-Malerei… und flog dann irgendwann zurück. Und hatte keine Ahnung mehr, wer ich nun sei und was ich wirklich wolle. Und ich war erschöpft. Total. Egal, wie ich schlief, ich konnte nicht mehr. Ich war am Ende und kraftlos. Und machte weiter. Was sonst? Ein Modell, das ich seit Jahren erprobe.

Ich bin sehr dankbar. Ich hatte in all der Zeit einen lieben Menschen an meiner Seite, den ich wohl als Geschenk und Glück meines Lebens bezeichnen darf und möchte. Zwar verstand und versteht er nicht immer, was in mir vorgeht, aber wer könnte das schon – ich hadere schon damit. Er war da. Und bot mir den Boden und den Platz und die dargebotene Hand. Immer wieder.

Auf alle Fälle rappelte ich mich auf, durchlief eigentlich im Schnelldurchlauf noch all meine Suchphasen von vorher, verlor mich, fand mich vordergründig, suchte weiter, fand, verlor… verzweifelte, schöpfte Kraft, verzweifelte noch mehr…. immer wieder fragte ich mich, was ich tun muss, wo ich hin will, was Sinn ergibt, wer ich bin, wieso ich nicht bin, wo ich will – ohne zu wissen, wo das sein könnte… oder: Es war immer wieder irgendwo anders.

Und dann kam ich doch an. Und merkte, was ich will, was mir Spass macht, was ich gehen lassen muss, was ich pflegen will… wenn ich alles von aussen aussen vor lasse, wenn ich nur auf mich höre, was mir wirklich gefällt in meinem eigenen Tun, wenn ich nur schaue, wo ich herkomme, was mir was bedeutet, was ich will…spricht es eine so deutliche Sprache. Ich bin ein Mensch der Geschichten, ich bin ein Mensch, der in Bildern sprechen will, der aber auch Texte liebt. Ich bin ein Mensch der Sprache, im Wissen, dass ich den Text allein nie stehen lassen mag, ich bin ein Mensch der Linie, ich mag Flächen wenig. Ich mag das Langsame und Langwierige nicht, ich bin ein Mensch des Moments, der spontanen Reaktion. Es mag nicht die grosse Kunst sein, es ist eher das kurze Hinsehen oder aber das in Linien Darstellende. Ich mag den Ausdruck in der Kürze – das ist in der Sprache so, darum meine Liebe zur Lyrik oder aber zur Fabel oder dem Märchen, ich mag auch den bildhaften Ausdruck aus der Reduktion.

Auf den Punkt.

So bin ich. Das klingt ab und an hart. Das tut mir immer leid, denn: Das bin ich nicht und so meine ich es nicht. Aber ich mag den Schmus drumrum nicht. Und er liegt mir nicht. Ich schweige lieber, als dass ich ihn bringe. Und oft schweige ich zu lange, weil ich nicht weiss, wie ich das, was brennt, ausdrücken will… und dann… schiesst es raus.

Und so habe ich für das neue Jahr ganz viele Pläne und Wünsche:

  • Meinen Weg weiter gehen. MEINEN!
  • Geduldiger werden (bitte schnell!!!!!)
  • Selbstsicherer werden
  • Gelassener werden (ebenso schnell!!!!!)
  • an mir arbeiten (das ist immer gut, damit möchte ich nie aufhören)

Und so schliesse ich meinen Rückblick. Er war nicht umfassend, er würde sonst noch beinhalten, dass ich glücklich bin, über dieses merkwürdige Jahr (vermutlich sogar durch Corona) eine Mutter kennen- und lieben gelernt zu haben, wie ich das nie für möglich gehalten hätte (und ebenso wenig erwartet war das gegenseitig), dass sich meine sonst schon sehr übersichtliche Familie um einen sehr wichtigen und zentralen Punkt in meinem Leben reduziert hat (ich werde darauf nicht weiter eingehen, es ist schmerzhaft genug und doch als Fakt akzeptiert). Und: ich habe dieses Jahr ein neues Zuhause bezogen, das sich so sehr nach Zuhause anfühlte, wie noch keines zuvor.

Es gab sicher noch viel mehr. Was noch bleibt ist nochmals ein grosses Danke. An den wichtigsten Menschen in meinem Leben, der immer da ist, mit seinem Dasein Halt gibt. Es ist schön, einen Menschen im Leben zu haben, wo man sich nur schon im Wissen um sein Dasein zu Hause fühlt. Das Glück habe ich seit bald 3 Jahren. Und nach allem, was ich hatte, bin ich mir bewusst, was für ein Glück das ist. Und ja, es ist ein genauso grosses Glück, jemanden zu haben, dem man die eigene Liebe zeigen darf. Ich bin nach wie vor überzeugt: Zu lieben ist das grössere Geschenk als geliebt zu werden. Was aber ein Geschenk ist im Lieben: Dass die Liebe angenommen wird und auf fruchtbaren Boden stösst. Und all das wurde mir dieses Jahr zuteil.

Was ich mir für das nächste Jahr wünsche: Dass das so bleibt. Und: Dass ich auf diesem Boden gestärkt meinen Weg gehe. Wohin er auch führen mag. Pläne habe ich, ich bin neugierig, gespannt und auch freudvoll. Und ich weiss: Es wird auch beim Rückblick in einem Jahr nicht nur eitel Sonnenschein sein. Aber: Das war eines meiner besten Jahre. Trotz allem. Dafür bin ich dankbar.

3 Kommentare zu „Das Jahr, das war – ein Blick zurück

  1. Liebe Sunny, Deine Gabe, auch in schwierigen Zeiten das Positive und Schöne zu sehen, ist nur eine der Eigenschaften, die ich an Dir mag. Wieder gibt es viele Parallelen zwischen uns, doch die Geduld ist mir zum Freund geworden und geradezu erwünscht, denn ich gab das Sofort auf, weil ich es musste. Jeder kann nur eine begrenzte Zeit seines Lebens an beiden Enden brennen und die Vielzahl Deiner künstlerischen Möglichkeiten zeigt, dass Du noch stark brennst. Ich drücke Dich und wünsche Dir für alle Jahre, dass Deine Wünsche erfüllt werden können und Deine Ziele näher rücken!

    Gefällt 3 Personen

    1. Lieber Arno, lieben Dank für deine einfühlsamen und schönen Worte. Ja, das Brennen… ab und an fühlt es sich ein wenig ausgebrannt an, aber oft entzündet sich ein Feuer neu und dann geht etwas Neues und Gutes los. Darauf hoffe ich immer wieder….

      Liebe Grüsse zu dir, auch für dich alles Liebe und Gute für das neue Jahr. Schön, dich als Freund zu haben.

      Gefällt 2 Personen

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