Tagesbild: Wer bin ich?

*Erkenne dich selbst.» Orakel von Delphi

Das ist wohl eines der bekanntesten philosophischen Zitate und zugleich eine Aufgabe an jeden einzelnen. Die Selbsterkenntnis, so ist man sich sicher, führt zu einem gelingenden, weil selbstbestimmten Leben aus den eigenen Bedürfnissen heraus.

Stimmt das? Sind wir als die, welche wir sind, wirklich so selbstbestimmt? Wie viel Anteil haben wir an uns, wenn wir einfach unbewusst in den Tag hineinleben? Was ist mit Genen, Prägungen, Mustern, sozialen Einflüssen…. ? Sie haben in Tat und Wahrheit einen grossen Einfluss auf uns. Umso mehr also gilt es, in sich zu gehen, zu forschen, herauszufinden, wo denn nun dieses Ich wirklich ist und wie es aussieht, was es will.

Ist das so? Vielleicht wäre es besser, hinzusitzen und sich zu fragen: Wer will ich sein? Und dann daran gehen, sich zu dem zu machen, der man sein will. Wie sagte schon George Bernhard Shaw:

«Life isn’t about finding yourself. Life is about creating yourself.»

Vielleicht sind wir wie ein Klumpen Ton, den wir nun nach unseren Wünschen gestalten können. Vielleicht ist es erfüllender, statt Archäologe auf der Suche nach verschütteten Eigenschaften mehr Schöpfer seines eigenen Ichs zu sein. Ein Versuch ist es wert!

Habt einen schönen Tag!

Tagesbild: Leben in meiner Welt

«To create one’s own world takes courage.» Georgia O’Keeffe

Die grosse Welt können wir kaum ändern, aber die kleine um uns herum, da haben wir Möglichkeiten. Nur: Ganz so einfach ist das nicht. Wir bewohnen sie nicht allein, andere leben mit und neben uns. Sie schauen auf uns, haben ihre eigenen Vorstellungen, wie eine Welt auszusehen hätte. Wenn viele die gleiche Sicht teilen, stehen wir, die wir uns in dieser Welt nicht wohl fühlen, alleine da.

«In der sozialen Welt ist es elementar, ob man drinnen ist oder draussen, ob man dazugehört oder nicht.» Ralf Konersmann, Aussenseiter

Wir stehen vor einem Grossen Wir und sind die Anderen. Wir sind die Aussenseiter, die an der Seite und aussen stehen. Da zu sein ist schwer. Mitunter einsam. Und mit dem Wissen gepaart, immer im kritischen Blick zu stehen. Dem Blick, der sagt: Wir wissen, wie die Welt zu sein hat, du passt da nicht rein.

«Die Konstellation ist jedoch asymmetrisch. Denjenigen, die drin sind, fällt mit ebendiesem Drinsein die Position zu, über Drinnen und Draussen zu entscheiden.» Ralf Konersmann, Aussenseiter

Der Mensch möchte dazugehören. Aus dem Grund passt er sich in Welten ein, die ihm nicht passen. Oft führt das zu einer gefühlten Entfremdung – zur Welt und schlussendlich zu sich. Da auszubrechen und sich die eigene, passende Welt zu schaffen, erfordert Mut. Doch ist es wirklich eine Option, es nicht zu tun?

Habt einen schönen Tag!

(Buchtipp zum Thema Aussenseiter: Ralf Konersmann, Aussenseiter, erschienen im Fischer Verlag)

Tagesbild: It’s my life

«Die Belohnung für Anpassung ist, dass jeder dich mag, außer du dich selbst. (Rita Mae Brown)»

Heute Morgen startete ich wie immer in den Tag. Zum Morgenszenario gehört auch ein Tee (der Not gehorchend, er hilft bei einem Problem, das ich sonst hatte). Diese Tees haben immer nette Sprüche beigelegt, eher ein wenig esoterisch angehaucht, aber mitunter doch zum Nachdenken anregend. Heute stand: „Jede Person, der du begegnest, kann Dein Lehrer sein.“

Und da merkte ich, wie viel Wahres daran ist. Gerade auch bei Menschen, von denen ich mich ungerecht, schlecht, falsch behandelt fühlte. Im ersten Moment kam da die Trauer. Dann Wut. Dann wieder Trauer. Im Nachhinein merke ich, dass ich für mich was gelernt habe.

Wie oft bemühte ich mich, dazuzugehören. Mich anzupassen. Erwartungen zu genügen. Andere Bedürfnisse zu befriedigen. Oft gerade bei den Menschen, bei denen ich mich nicht akzeptiert fühlte. Bis ich merkte: Ich habe das gleiche Recht! Ich muss ihnen nicht genügen. Ich muss mir genügen.

Als ich den Spruch auf dem Teebeutel so las, war mein erster Gedanke:

«Das hätte ich schon früher haben können.»

Doch dann dachte ich:

«Besser spät als nie!»

Habt einen schönen Tag!

Tagesbild: Im Moment sein

„Jeder Tag ist ein guter Tag.“ (aus Japan)

Oft wachen wir auf und sehen das schlechte Wetter, ärgern uns über bevorstehende Aufgaben, denken über die Probleme vom Vortag nach und verpassen ganz die Chance, den neuen Tag willkommen zu heissen und ihm mit gebührender Zuversicht zu begegnen.

Einfach nur hinsitzen. Da sein. Im Moment. Etwas, das uns in der heutigen Zeit (war es früher wirklich anders?) schwer fällt. Wir pendeln zwischen gestern und morgen und verpassen den einzigen Moment, in dem wir wirklich leben könnten: Jetzt.

Habt einen schönen Tag!

Tagesbild: Mein Wohnfühlort

Was ist mein Platz? Wo gehöre ich hin?

Zentrale Fragen im Leben, vor allem dann, wenn man sich nicht zugehörig fühlt, wenn man sich fremd in der Welt und oft auch in und mit sich fühlt.

Wer bin ich eigentlich?

Und vor allem:

Was will ich?

Eine zentrale Frage, die drei Fragen in sich trägt:

WAS will ich?
Was WILL ich?
Was will ICH?

Ich glaube, wenn wir diese drei Fragen beantworten können, klären sich auch die Anfangsfragen. Dann merkt man, wie ein Umfeld sein sollte, in dem man so sein kann, dass man das leben kann, das einem entspricht. Dieses Leben ist dann nicht nur ein Tun und schon gar kein Kampf um das eigene Sein und Tun, das ständig der Rechtfertigung nach aussen bedarf, sondern man fühlt sich von diesem Aussen verstanden und getragen. Das ist dann der Ort, an dem man so richtig angekommen ist. Als Ich mit seinem Tun.

Manchmal ist das nicht in der radikalen Form möglich. Dann gilt es abzuschätzen, wo man Abstriche machen kann und wo sie zu sehr ins Innerste treffen und dieses verstören. Manchmal hilft auch ein Perspektivenwechsel oder aber das Anpassen des Aussens oder des Seins in diesem Aussen, welches nicht einhergehen sollte mit einem Verbiegen oder gar Aufgeben des Innens.

Es ist kompliziert. Und wohl ein Prozess, da sich alles auch immer wieder verändert. Es sei denn, das Gefühl für sich selbst ist so stark, dass sich der Rest immer wieder klärt. Vielleicht eine Lebensaufgabe?

Ein Wohlfühlort für mich ist immer die Kunst, das kreative Tun, und da vor allem meine Vögel. Wenn ich sie zeichne oder male, bin ich glücklich, dann vergeht die Zeit und es ist nie zu viel oder geht zu lang. Dann habe ich plötzlich alles, was mir sonst im oft Leben fehlt: Geduld, Ausdauer, Leichtigkeit, Freiheit.

Was sind eure Wohlfühlorte?

Habt einen schönen Tag!

Tagesbild: Lass uns spielen

«Spiel ist geistige oder körperliche Tätigkeit, die keinen unmittelbaren praktischen Zweck verfolgt und deren einziger Beweggrund die Freude an ihr selbst ist.»
Johan Huizinga (1872-1945), niederländischer Kulturhistoriker

Wir leben in einer Zeit, in welcher alles etwas taugen muss. Wir optimieren die Welt, das Leben, uns selbst. Wir dürfen nicht nur gut sein, wir müssen besser werden. Besser als wir sind und vor allem besser als die anderen. Das Grundprinzip des Kapitalismus ist zu unserer eigenen Natur geworden, die ursprüngliche wird mehr und mehr verdrängt. Wenn wir nur erst erreicht haben, was wir anstreben, denken wir, dann sind wir glücklich. Und merken nicht, wie wir das Glück genau dadurch mehr und mehr aus dem Leben katapultieren.

Einfach nur spielen? Um des Spiels willen? Das geht höchstens, wenn wir genug geleistet haben und auch nur für kurz, dann müssen wir uns wieder dem Ernst des Lebens widmen. Das fängt schon im Kindesalter an, leider immer noch früher. Alles Spielerische und Kreative weicht mehr und mehr dem Leistungsdruck. Dabei weiss man, dass gerade im Spiel das Leben gelernt wird. Vor allem auch das Miteinander-Leben. Da lernen wir, mit Leidenschaft an etwas zu sein, mit Frustration umzugehen, Regeln zu befolgen und die dadurch entstehende Freiheit auszukosten. Wir lernen, Lösungen zu finden, um die Ecke zu denken, Dinge auszuprobieren, auch mal zu scheitern, dann aber doch weiterzugehen.

Schiller sagte, der Mensch sei nur da ganz Mensch, wo er spiele. Wir sollten wieder mehr spielen. Die Dinge zwar ernst nehmen, aber nicht verbissen, sondern mit einer spielerischen Leichtigkeit. Dann ist der Kopf halt grün und die Haare sind blau. Wie sagte Franz Marc so schön zu einer Betrachterin seiner Bilder, die meinte, Pferde seien nicht blau?

„Das sind keine Pferde, das ist ein Bild.“

Ich wünsche euch einen verspielten Tag.

Tagesbild: Bunt gefiedert

„Kunst wäscht den Staub des Alltags aus der Seele.“ Pablo Picasso

Wenn man an Spanien denkt, denkt man an Sonne, Meer, Wärme, Farben, Licht. Darauf freue ich mich auch immer, wenn es nach Spanien geht, denn der Winter in der Schweiz, vor allem, wenn man in den Niederungen und an einem See lebt, ist eher grau und kalt, wobei man das „eher“ eher streichen könnte.

Nun denn, nach einigen wirklich wunderbar sonnigen Tagen in der Schweiz (Wunder gibt es immer wieder), landete ich gestern aus grauem Himmel kommend auf dem Boden der Tatsachen im Regen in Spanien. Nun sitze ich hier, höre draussen das Meer an die Steine branden, die Wellen rauschen, die Palmen… ich höre hier, bevor die Wetterbeschreibung ausufert und bei all ihrer Gräulichkeit doch noch zu Kitsch verkommt.

Und da dachte ich an Picasso. Wie oft schon hing meine Seele staubverhangen in den Seilen, ich konnte mich zu nichts aufraffen. Wenn ich es dann doch tat, Stift oder Pinsel in die Hand nahm, dann zeigte sich plötzlich Licht. Magisch. Heute würde man dem wohl „im Flow sein“ sagen. Für mich ist es einfach ein Aufgehen im Tun, das aus mir entspringt. Das Schöne daran: Nicht nur der Staub der Seele schwindet, auch das Grau draussen drückt nicht mehr, wenn auf dem Papier plötzlich Farben sind.

Ich glaube, jeder trägt einen solchen Lichtbringer in sich. Wenn man es schafft, den anzuzapfen, gerade in Zeiten, die eher grau sind, wird das Leben heller.

Ich wünsche euch einen schönen und hellen Tag!

Tagesbild: Up to the sky

„Das Herz hat Gründe, die der Verstand nicht kennt. Blaise Pascal

Up to the sky… heisst es bald, Spanien ruft. Trotzdem es eigentlich zur Normalität gehört, dieser Wechsel immer wieder, spüre ich in mir eine Unruhe. Und hier ist noch so viel zu tun, es kommt zu früh.

Die Erfahrung zeigt, dass das immer so war und es dann doch gut ist, nein, sogar schön ist. Im Moment kann ich es doch nicht ganz glauben. Ein Zeichen dafür, dass der rationale Geist noch so viele Argumente auffahren kann. Die Gefühle sind stärker.

Habt einen schönen Tag! 💕

Arbeitsnotizen: Veränderungen und Findungen

«Man steigt nie zweimal in den gleichen Fluss.» Heraklit

Kein Zitat drückt in meinen Augen das Grundprinzip des Lebens besser aus als dieses von Heraklit. Nicht nur verändert sich die Welt um uns, auch wir selbst Verändern uns immer wieder. Was im Laufe der Zeit fast unmerklich passiert, ausser in Situationen, die, meist von aussen angestossen durch Ereignisse oder Begegnungen, zum Bruch oder klaren Wechsel führen, zeigt sich oft im Rückblick.

Mein Weg führte immer wieder in die Kunst – und immer wieder davon weg. Die Gründe für das Hingezogen-Sein lassen sich in einem zusammenfassen: Es ist in mir angelegt, mein Naturell. Die Gründe fürs Wegziehen sind vielfältig, sie reichen von Verboten über Ängste und Selbstzweifel bis hin zu Sinnkrisen, Existenzfragen und mehr.

Blicke ich zurück, sehe ich Dinge, die in meinem bildnerischen Tun immer wiederkehrten, sehe aber auch Veränderungen oder Weiterentwicklungen. Es zeigt sich, dass auch die Zwischenphasen im neuen Eintauchen ihren Raum einnehmen, sich durch etwas zeigen. Als wären sie nötige Schritte auf dem Weg weiter gewesen. So wie Rilke es meinte, wenn er von wachsenden Ringen sprach. James Joyce hatte noch ein anderes Bild:

«Der Umweg ist der Weg nach Hause.»

So bin ich also wieder zuhause angekommen, versuche aber noch, mich zurechtzufinden. Motive und Themen werden gewälzt, Medien und Stile ausprobiert, verworfen, wieder aufgenommen. Manchmal voller Inspiration und Tatendrang, teilweise auch mit Frustration und Wut. Und doch ist da dieses innere Feuer, das weitertreibt. Und immer wieder denke ich:

«Ich hab’s.»

Um am nächsten Tag zu denken:

«Noch nicht ganz.»

Matisse meinte, Kunst zu machen brauche Mut. Dem stimme ich zu. Und Geduld. Beides nicht immer leicht. Ich bleibe dran. Denn Disziplin ist das nächste. Und Kontinuität. Nie zu vergessen aber: Freude.

Habt einen schönen Tag!

Tagesbild: Schlafende Katze

«Gib niemals auf, für das zu kämpfen, das du tun willst. Mit etwas, wo Leidenschaft und Inspiration ist, kann man nicht falsch liegen.» Ella Fitzgerald

Ich weiss nicht, wieso es mir die schlafenden Katzen so angetan haben. Vielleicht, weil ich selbst ein wenig müde bin. Was aber auch ist: Ich liebe es, dasselbe Motiv auf verschiedene Weisen zu probieren. Ich mag es, mit klaren Linien, fliessenden Übergängen und auch vielen Farben zu spielen. Erstens ist darin eine grosse Entdeckerfreude, zudem ist es immer wieder spannend zu sehen, wie unterschiedlich Motive wirken, je nachdem, wie sie umgesetzt werden.

Und immer ist da das Spielerische. Für mich etwas ganz Zentrales beim kreativen Schaffen. Zwar sind Kontinuität, Disziplin und Struktur in meinen Augen wichtige Punkte, wenn es darum geht, kreativ zu sein, weil dieser Rahmen erst der Kunst die Freiheit gibt, aber wenn die Freude fehlt, bleibt es leer und damit auch bedeutungslos.

Habt einen schönen Tag!

«Ich bin Jussuf, Prinz von Theben»


«Sind sie auch so schmerzlich verloren wie ich?»

Mit diesen Worten stellte sich Else Lasker-Schüler Franz Marc vor. Hier hatten sich zwei Suchende getroffen, zwei Künstler, die durch ihre Kunst und ihre Sehnsüchte verbunden waren. Vier Jahre lang tauschten sie Briefe aus, Briefe, die von Leid und Hoffnung erzählten, von den Tiefen des Lebens und die begleitet von Zeichnungen und Bildern zu kleinen Kunstwerken wurden. Immer, wenn es Else Lasker-Schüler schlecht ging, schickte ihr Franz Marc ein Bild, das ihr förmlich beim Überleben half. Für uns Nachgeborenen sind diese Briefe Zeugnisse von unschätzbarem Wert durch ihre Tiefe, ihr Blick auf die Zeit und ihren künstlerischen Ausdruck.

„Der Blaue Reiter ist gefallen, ein Großbiblischer, an dem der Duft Edens hing.
Über die Landschaft warf er einen blauen Schatten…
wo der Blaue Reiter ging, schenkte er Himmel.“
(Else Lasker-Schüler)

Als Franz Marc 1916 im Krieg fiel, war das ein schwerer Schlag für Else Lasker-Schüler, war diese Verbindung für sie doch sehr zentral und wichtig. Sie setzte den Briefwechsel fiktional fort und es entstand daraus ein Briefroman, der die Freundschaft weiterleben liess.

Ich hebe mein Glas auf die wunderbare Dichterin Else Lasker-Schüler. Sie würde heute 156 Jahre alt.

***
Buchtipp (leider kaum mehr erhältlich):
Else Lasker-Schüler – Franz Marc. Eine Freundschaft in Briefen und Bildern

Gerhard Richter (9. Februar 1932)

«Da es keine absolute Richtigkeit und Wahrheit gibt, streben wir immer die künstliche, führende, eben menschliche Wahrheit an. Wir werten und machen eine Wahrheit, die andere ausschließt. Die Kunst ist ein bildender Teil dieser Wahrheitsfindung.» Gerhard Richter

Heute hebe ich mein Glas auf Gerhard Richter, einen der grössten noch lebenden deutschen Maler. Er feiert heute seinen 93. Geburtstag. Für mich ist er ein wahrer Künstler, ein Mensch, der nie die Neugier verlor, immer seinen Weg ging, Neues probierte, nie stehen blieb. Ein Mensch, der eine Meinung hat und sie kundtut, auch wenn sie unbequem ist – oder gerade dann.

«Ich verwische, um alles gleich zu machen, alles gleich wichtig und gleich unwichtig. Ich verwische, damit es nicht künstlerisch-handwerklich aussieht, sondern technisch, glatt und perfekt. Ich verwische, damit alle Teile etwas ineinanderrücken. Ich wische vielleicht auch das Zuviel an unwichtiger Informationen aus.» Gerhard Richter

Er hat von Fotorealismus bis hin in die Abstraktion viele Etappen durchlaufen. Was seine Bilder auszeichnet ist das Spiel mit dem Zufall, aber auch eine Bedeutung, die sich erst auf den zweiten Blick eröffnet. Es sind keine eingängigen Bilder, man muss sich einlassen.Es sind keine eindeutigen Bilder, der Widerspruch ist immer auch in ihnen angelegt.

«Über Malerei reden, das hat keinen Sinn. Indem man mit der Sprache etwas vermittelt, verändert man es. Man konstruiert solche Eigenschaften, die gesprochen werden können, und unterschlägt die, die nicht ausgesprochen werden können, die aber immer die wichtigsten sind.» Gerhard Richter

Es gibt nicht viele Interviews mit Gerhard Richter, er sprach lieber durch seine Bilder als mit Worten. Einen der wenigen Einblicke gibt ein Film über ihn, sehr aufschlussreich ist deswegen der Film über ihn von Corinna Belz, die auf Arte lief: Gerhard Richter – Painting

https://www.arte.tv/de/videos/073767-000-A/gerhard-richter-painting/

Jürgen Schreiber hat sich auf Spurensuche begeben und dunklen Geschichte von Richters Familie nachgespürt, in welcher sich Täter und Opfer des Naziregimes kreuzen, etwas, das Richter auch zum Thema einiger Bilder gemacht hat.

Sehr empfehlenswert ist auch Uwe M. Schneedes Buch «Gerhard Richter: Der unbedingte Maler» umfassend und fundiert zeigt es Richters Lebens- und Schaffensweg auf, beleuchtet die Hintergründe seiner einzelnen Schaffensphasen. Die Sprache ist teilweise etwas bemühend, aber der Inhalt tröstet darüber weg.

Franz Marc (8.2.1880 – 4.3.1916)

Vom Suchen und Finden eines Malers

Franz Marc wurde am 8. Februar 1880 in München geboren. Sein Vater war Professor an der Akademie der Schönen Künste, doch Franz zog es zuerst zum Priestertum, dann liebäugelte er mit einem Philosophiestudium, bis er sich schliesslich doch für Kunst entschied.

„Das Leben hat gegenwärtig für mich keinen anderen Sinn als den, es durch meine Malerei zu übertönen (eigentlich müsste ich sagen, ‚zu übermalen’) und alle leidenschaftlichen Lebensinstinkte zu ersticken.“

Diese Zeilen schrieb Franz Marc an seinen Bruder Paul. Sie stammen aus einer Zeit, da Franz Marc ein Suchender war. Er stand zwischen drei Frauen und konnte sich nicht entscheiden. Was er wusste war nur, dass er Künstler sein will, nicht aber, wie sein Ausdruck, was seine künstlerische Stimme sei. Er liess sich treiben, auf beiden Feldern, schwankte zwischen Farben und Formen und zwischen den Frauen hin und her. Und: Er wurde schwermütig dabei.

„Ich bin nervös und schwermütig; je weniger einsiedlerisch mein Leben scheint, desto einsamer ist es. Ich glaube, ich habe noch ein unruhevolles Dasein vor mir.“

Franz Marc heiratete, allerdings die Falsche, wie sich später herausstellen sollte. Aber zuerst reiste er noch nach Paris, was in der Zeit das Kunstmekka schlechthin war. Alle waren sie da, die Rang und Namen hatten. Was er da sah, beeindruckte ihn sehr, allen voran Gaugin und van Gogh. Dieser Besuch brachte ihn auch in seinen Stilfragen weiter, die vormals naturalistischen Darstellungen schwanden durch die Einflüsse des Impressionismus und Pointilismus mehr und mehr.

«Es gibt keine »Gegenstände« und keine »Farbe« in der Kunst, sondern nur »Ausdruck«.»

Schliesslich kam Franz Marc mit Maria Franck zusammen und langsam zur Ruhe. Gemeinsam zogen sie aus München weg aufs Land. Franz Marc legte einen Schaffenseifer ans Licht wie nie zuvor. Er malte von morgens bis abends, fand in den Tieren seine Sujets und brachte diese in einem immer klareren und eigenen Stil auf die Leinwand. An den Tieren liebte er ihr harmonisches Leben mit der Natur. Er bildete dabei nicht einfach die Tiere ab, sondern wollte die Welt aus deren Sicht zeigen.

«Blau ist das männliche Prinzip, herb und geistig. Gelb ist das weibliche Prinzip, sanft, heiter und sinnlich. Rot die Materie, schwer und brutal und stets die Farbe, die von den anderen Farben bekämpft werden muss.»

Die Farben dienten ihm da als Ausdruck der verschiedenen Energien und Temperamente.

Nach immer grösseren Dissonanzen im Umfeld der Neuen Künstlervereinigung München, deren 3. Vorsitzender Franz Marc war, kam es zur Geburtsstunde des Blauen Reiters, mit von der Partie waren neben Wassily Kandinsky Gabriele Münter, Alexeji Jawlensky, August Macke, und einige mehr.

Das Leben hätte so weitergehen können, die Schaffenskraft war gross, das Leben mit Maria harmonisch, seine Freundschaften nährend (zu erwähnen wäre hier noch Else Lasker-Schüler, mit der ihn eine tiefe Freundschaft verband, aus welcher ein wunderbarer Briefwechsel mit Zeichnungen der beiden erhalten ist), wäre nicht der Krieg dazwischen gekommen. Marc wurde einberufen und kam darin um. Es war ihm kein langes Leben beschieden gewesen, zu dem Zeitpunkt war er erst 36 Jahre alt. Hinterlassen hat er eine wunderbar bunte Bilderwelt, die bis heute nichts an ihrer Anziehungskraft verloren hat.

Buchempfehlung: Wilfried F. Schöller, Franz Marc
Franz Marcs Leben und Schaffen ist wohl eines der gut beleuchteten. Wilfried F. Schoeller hat mit seinem Buch nicht einfach eine weitere Biografie unter vielen geschaffen, er hat tiefer gegraben, genauer hingeschaut und unbarmherziger (aber nie bösartig oder abschätzig) ans Licht geholt, was Franz Marcs Leben bewegte, wie er seinem Schaffen gegenüber stand und wie er seinen Weg ging.

Entstanden ist ein Buch, das die gängigen Klischees und tausendfach erzählten Geschichten hinter sich lässt. Es wird ein Künstlerleben plastisch, das von Widersprüchen, Zweifeln, Depressionen und Schaffenskraft zeugt. Auch die Zeit beim Blauen Reiter darf natürlich nicht fehlen, die für Franz Marc eine wegweisende war. Aus der folgenden Zeit stammen die Bilder, die in der Folge am Bekanntesten werden sollten, die als Reproduktionen Wohnzimmer und Postkarten zierten und die noch heute Scharen von Besuchern in die Museen locken.

Die vorliegende Biografie ist ein Buch über das Leben und Schaffen, über die Inspirationen und Wegbegleiter, über Freundschaften und Liebe des Künstlers sowie über den Menschen Franz Marc mit seinen Gedanken, Theorien und Zielen. Das Buch ist zudem sehr schön illustriert mit Zeichnungen und Fotos sowie mit einem Mittelteil versehen, der Franz Marcs Bilder zeigt, auf welche im Text verwiesen wird. Den Abschluss machen ein Register aller zitierten Werke sowie eine ausführliche Liste weiterführender Bücher.

Mein Fazit: Ein Standardwerk – Genauer und detaillierter kann man das Leben und Schaffen eines Künstlers nicht erzählen. Sehr empfehlenswert.

Tagesbild: Der Paradiesvogel

Kleine Farb-Skizze im Skizzenbuch

Guten Morgen

«Kunst dient dazu, jene zu trösten, die vom Leben gebrochen sind.» Vincent van Gogh

Wer hätte das besser gewusst als dieser Mann, der zeitlebens kämpfte, der oft an sich und dem Leben verzweifelte, aber immer wieder Zuflucht fand in der Kunst. Leider wurde er zu Lebzeiten zu wenig geschätzt. Zum Glück hatte er ein paar Menschen, die an ihn glaubten und ihn unterstützten.

Die Druckerin Anni Albers sagte:

«Kunst ist etwas, das dich mit einer ganz anderen Art von Glück atmen lässt.» Anni Albers

Atmen ist ein gutes Stichwort. Mir fehlt er im Moment. Ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich tief einatme, fast schon seufze. Bei kleinsten Dingen. Und ich merke, wie alles viel ist. Zu viel. Das Schwierige in solchen Situationen, die mir ja nicht neu sind, sondern seit vielen Jahrzehnten treue Begleiter, dass ich wüsste, was gut tut, aber genau die Kraft fehlt, damit anzufangen.

«Du musst doch nur…», sagen dann gutmeinende Menschen voller Unverständnis. Und helfen damit nicht. «Ich kann nicht!», trifft genauso auf Unverständnis. Und ja, ich kann nicht. Ich weiss, dass es besser ist, sobald ich den Pinsel oder Stift in die Hand nehme – und komme nicht ins Tun. Schaue über Stunden, wie andere malen und verzweifle ob meiner Untätigkeit. Immerhin ist es eine Auseinandersetzung mit Kunst. Und langsam nährt sich wohl dadurch der Krafttank ein wenig. Und dann gelingt plötzlich ein Trotzdem. Und es kommt besser.

Habt einen schönen Tag! Heute wird ein guter!

Tagesbild: Die Aubergine

Guten Morgen

„Die Regenzeit lässt sich durch Auberginen-Genuss gut ertragen.“

Dieses koreanische Sprichwort deutet darauf hin, dass Auberginen den Sommer in sich tragen. Die Zeit der Sehnsucht kann man sich also quasi durch den Genuss versüssen. Nun bin ich ja durch und durch Sommermensch (wenn auch im Winter geboren – vielleicht gerade drum), so dass ich mir das zu Herzen nahm und die Aubergine zwar nicht gegessen, aber gezeichnet habe. 

Ich verstehe gut, was Goethe meinte, als er sagte: 

„Nur wer die Sehnsucht kennt, weiss, was ich leide…“

Ein wirkliches Leiden ist es zwar nicht, und doch: „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer…“

Habt einen schönen Tag!

(Bild des Tages: Die Aubergine)