Ein Bild mit toten Kindern aus dem Gaza-Streifen, getötet durch einen israelitischen Raketenangriff, soll Pressebild des Jahres 2012 sein. Diese Auszeichnung lässt mir das Blut in den Adern gefrieren.
Ist es wirklich angebracht, ein Bild mit toten Kindern auszuzeichnen? Heisst das nicht, dass bitte mehr tote Kinder her sollen, damit man noch mehr tolle Bilder schiessen kann? Hat sich die Presse so weit entwickelt, dass je blutiger, je grausamer, je auszeichnungswürdiger gilt? Ästhetisierung des Schreckens auf höchster Stufe. Man wird Argumente finden, klar, von wegen man müsse informieren, die Menschheit auf dem Laufenden halten. Mit Auszeichnungen für Bilder von toten Kindern?
Krieg wird seit je her ästhetisiert. Ausdrücke wie „fürs Vaterland sterben“, „sein Leben geben fürs Vaterland“ sind an der Tagesordnung. Bilder von Schlachten, niedergemetzelten Menschen, Leichenbergen gehen durch die Medien, früher wurden sie in Öl gemalt. Information ist gut. Sie ist sogar wichtig. Aber Auszeichnungen für besonders grausame Bilder zu verteilen erachte ich als dekadent. Eine Auszeichnung heisst, dass etwas besonders gut ist. Das Bild als solches mag nach Kriterien gut sein, doch könnte es dann nicht ebenso ein Blumenbild sein? Was zeichnet dieses Bild aus? Doch bloss der Schrecken. Der fällt hinter die Auszeichnung zurück. Es ist blosse Kunst. Ich schaue es an, denke wow, tolles Bild, gehe weiter im Alltag, kochen, bügeln, arbeiten, essen. Abgehakt.
Diese ganze Bilderflut, für welche auch noch Auszeichnungen verteilt werden, helfen nicht, den Schrecken des Krieges präsent zu halten. Sie helfe, ihn zum Alltag werden zu lassen. Und das Ganze wird noch ausgezeichnet. Wie alles wiederkehrt an Strömungen, hat die Dekadenz wohl grade Hochkultur.